Kniegelenksmenisken (Radiologie)
Definition
Die radiologische Beurteilung der Kniegelenksmenisken und der umgebenden Strukturen beinhaltet zahlreiche Aspekte und wird im Folgenden ausführlich dargestellt.
Hintergrund
Die Menisken im Kniegelenk sind aus Faserknorpel bestehende, im Querschnitt keilförmige Gelenkkörper (Discus articularis) in der Gelenkhöhle des Femorotibialgelenks. Man unterscheidet zwischen einem Innen- und einem Außenmeniskus.
Anatomie
Makroskopie
Die Menisken des Knies sind jeweils an der Area intercondylaris befestigt. Man unterscheidet makroskopisch zwischen drei Anteilen:
- Vorderhorn mit Vorderhornwurzel
- Pars intermedia
- Hinterhorn mit Hinterhorn-Wurzel
Mikroskopie
Die Kollagenfasern des Faserknorpels sind unterschiedlich ausgerichtet:
- zirkumferentielle Kollagenfasern: sind kreisartig im Meniskus angeordnet und sorgen für hohe Zugspannungen wie in einem Reifen
- radiäre Fasern: dehnen sich radial vom äußeren Rand zur Mitte hin aus und stabilisieren die längsgerichteten, zirkumferentiellen Kollagenfasern. Verhindern eine Meniskusextrusion.
Des Weiteren werden perforierende Fasern im zentralen Bereich des Meniskus unterschieden. Sie sind die bevorzugte Stelle der horizontalen Meniskusdegeneration.
Versorgung
Die Blutversorgung des Meniskus verändert sich im Alter, wobei deutliche interindividuelle Schwankungen vorliegen. Bei Erwachsenen ist die Blutversorgung nur gering ausgeprägt. Die äußeren 10 bis 30 % werden über den perimeniskalen Kapillarplexus versorgt. Bei Kindern ist das äußere Drittel vaskularisiert, während die inneren zwei Drittel nur eine geringe Blutversorgung aufweisen. Im jungen Erwachsenenalter scheint die Vaskularität zeitlich begrenzt zuzunehmen.
Anhand der Vaskularisation wird der Meniskus in drei Zonen unterschieden:
- Rote Zone: am weitesten peripher (ca. 10 bis 30 %). Wird durch Kapillaren aus den Genikulararterien versorgt, daher relativ gutes Heilungspotential.
- Rot-weiße Zone: mittleres Drittel (ca. 3 bis < 5 mm). Relativ avaskulär mit Versorgung überwiegend über Synovialflüssigkeit. Begrenztes Heilungspotential.
- Weiße Zone: inneres Drittel inklusive des sogenannten freien Rands (ab 5 mm). Avaskuläres Gebiet mit Versorgung rein über die Synovialflüssigkeit. Begrenztes Heilungspotential.
Unterschiede zwischen Innen- und Außenmeniskus
Aspekt | Innenmeniskus | Außenmeniskus |
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Form |
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Breite des Meniskushorns |
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Deckung |
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Periphere Anheftung |
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Ligamentäre Anheftung |
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Anheftungen
Innenmeniskus
Die Pars intermedia des Innenmeniskus ist eng mit der Tibia und dem Femur über die tiefen MCL-Anteile verbunden, genauer gesagt über das meniskotibiale Ligament ("Coronary Ligament") und das meniskofemorale Ligament.
Am Innenmeniskus-Hinterhorn befinden sich besondere Kapsel-Anheftungen:
- (superiores) meniskokapsuläres Ligament (auch meniskosynoviales Ligament genannt): setzt nicht direkt am Oberrand des Hinterhorns sondern etwas weiter inferior an (ca. 36 % der Gesamthöhe des Hinterhorns).
- (inferiores) meniskotibiales Ligament: setzt an der Tibia 6 mm unterhalb des Knorpelrands an.
Diese beiden Kapselverstärkungen stellen eine funktionale Einheit dar und verschmelzen zusammen zu einem fast einheitlichen Ansatz am Meniskushinterhorn bzw. an der Meniskusrampe. Sie sind entscheidende Stabilisatoren gegenüber einer anterioren Translation der Tibia und einer posteromedialen Rotation. Zusätzlich verstärkend wirken Anteile der posteromedialen Ecke wie das hintere Schrägband (POL) und die Semimembranosus-Sehne.
Beachte: In der transversalen Ebene weist das Hinterhorn eine Ausdehnung von ca. 21 mm, das meniskokapsuläre Ligament von ca. 20 mm und das meniskotibiale Ligament nur von ca. 14 mm auf. Der Raum zwischen meniskokapsulärem Ligament und Femurkondyle wird als superiorer posteromedialer Rezessus, der Raum zwischen meniskotibialem Ligament und Tibiaplateau als inferiorer posteromedialer Rezessus bezeichnet. Zwischen den beiden Kapselanheftungen am Meniskus und der posterioren Gelenkkapsel befindet sich ein kleiner, extraartikulärer Fettkörper.
Außenmeniskus
Der Außenmeniskus weist komplexere anteriore und posteriore Anheftungen auf. Diese beinhalten:
- Ligamentum transversum genus (transversales oder anteriores meniskomeniskales Ligament, anteriores intermeniskales Ligament, Winslow-Ligament): verläuft vom anterioren Rand des Außenmeniskus-Vorderhorns zum posterioren Rand des Innenmeniskus-Vorderhorns. Die Lücke zwischen dem Band und dem Außenmeniskus-Vorderhorn darf im sagittalen Bild nicht mit einem Schrägriss des Meniskus verwechselt werden.
- popliteomeniskale Faszikel (PMF): dünne meniskokapsuläre Bänder, die sich bis zur muskulotendinösen Region des Musculus popliteus erstrecken. Sie bilden den Hiatus popliteus, welcher der Popliteussehne einen intraartikulären Verlauf ermöglicht. Sie stabilisieren und kontrollieren die Bewegung des Hinterhorns des Außenmeniskus. Die einzelnen Faszikel sind variabel angelegt (PMF-Defizienz). Man unterscheidet:
- anteroinferiores PMF: befindet sich ganz lateral und zieht vom inferioren Rand des Außenmeniskus zum popliteofibularen Ligament. Ist im sagittalen Bild auf der Ebene des Fibulakopfes erkennbar.
- posterosuperiores PMF: befindet sich weiter medial vom anteroinferioren PMF und zieht vom superioren Rand des Hinterhorns zur posterioren Gelenkkapsel.
- posteroinferiores PMF: fehlt häufig. Befindet sich nahe der Hinterhorn-Wurzel und zieht zur posteroinferioren kapsulären Ausdehnung der Popliteussehne.
- anteriores und posteriores meniskotibiales Ligament: verbindet Vorder- bzw. Hinterhorn mit der vorderen oder hinteren Tibia nahe dem VKB bzw. HKB. Weniger ausgeprägte, flexiblere Bänder im Vergleich zum Innenmeniskus.
- meniskofemorale Ligamente: variabel angelegte Bänder.
- posteriores meniskofemorales Ligament (pMFL, Wrisberg-Ligament): entspringt dem Außenmeniskus-Hinterhorn und setzt am lateralen Anteil der posterioren medialen Femurkondyle an, unmittelbar proximal vom femoralen Ansatz des posteromedialen HKB-Bündels. Verläuft dann unmittelbar posterior des HKB. In der sagittalen Ebene darf die Lücke zwischen Hinterhorn und Wrisberg-Ligament nicht mit einem peripheren Vertikalriss des Hinterhorns verwechselt werden.
- anteriores meniskofemoralis Ligament (aMFL, Humphrey-Ligament): entspringt dem Außenmeniskus-Hinterhorn und zieht zum medialen Anteil der Fossa intercondylaris, unmittelbar distal vom femoralen Ansatz des posteromedialen HKB-Bündels. Verlauf unmittelbar anterior des HKB. Darf nicht mit einem disloziertem Meniskusfragment verwechselt werden.
- Beachte: Die Verbindung der meniskofemoralen Ligamente zum Außenmeniskus-Hinterhorn sollte nicht > 14 mm vom lateralen Rand des VKBs entfernt sein.
Sekundäre Stabilisatoren der posterolateralen Ecke sind die Popliteus-Sehne und das popliteofibulare Ligament.
Meniskuswurzel
Die vier Meniskuswurzeln sind trotz ihrer geringen Größe (ca. 1 cm in der kurzen Achse) von großer biomechanischer Bedeutung. Sie sind stets gut durchblutet. Disruptionen der Wurzel führen zu einem Verlust der Zugspannung. Die Folgen sind Meniskusextrusion, erhöhter tibiofemoraler Kontaktdruck, osteoartikuläre biomechanische Überlastung und schließlich beschleunigte Knorpeldegeneration (Chondrose) oder subchondrale Stressfrakturen.
Jede der vier Wurzeln weist ihre anatomischen Besonderheiten auf:
Wurzel | Anatomie | Normvarianten / Besonderheiten |
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Innenmeniskus-Vorderhornwurzel |
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Außenmeniskus-Vorderhornwurzel |
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Innenmeniskus-Hinterhornwurzel |
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Außenmeniskus-Hinterhornwurzel |
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Weitere meniskale Bänder
Das mediale und laterale oblique meniskomeniskale Ligament (OMML) ziehen extrasynovial in der Fossa intercondylaris zwischen VKB und HKB und dürfen nicht mit einem Korbhenkelriss des Meniskus verwechselt werden. Das mediale OMML verläuft vom Innenmeniskus-Vorderhorn zum Außenmeniskus-Hinterhorn. Das laterale OMML verläuft vom Außenmeniskus-Vorderhorn zum Innenmeniskus-Hinterhorn.
Das anteriore meniskofemorale Ligament zieht von der Innenmeniskus-Vorderhornwurzel schräg nach kranial zur medialen Wand der lateralen Femurkondyle und verläuft unmittelbar anterior des VKBs. Weiter anterior befindet sich das Ligamentum mucosum (Plica infrapatellaris), das von der Fossa intercondylaris anterior des VKBs zum Hoffa-Fettkörper bzw. Unterrand der Patella zieht.
Funktion
Menisken sorgen für eine verbesserte Gelenkkongruenz, eine biomechanische Stabilität und gleichmäßige Druckverteilung und spielen bei der Propriozeption eine Rolle.
Klinik
Im Laufe des Lebens kommt es zu einer Meniskusdegeneration, die gekennzeichnet ist durch:
- Desorganisation der Kollagenmatrix
- Unterbrechung der Kanäle, die einen gewissen Flüssigkeitsfluss ermöglichen
- Schwellung und Platzen von Kollagenbündeln
- verringerter Gesamtkollagengehalt
In Folge können Meniskusrisse entstehen, die jedoch auch traumatisch bedingt sein können.