Marshall-Syndrom
nach Don Marshall (*1905), amerikanischer Ophthalmologe
Englisch: Marshall syndrome
Definition
Das Marshall-Syndrom ist eine seltene Erbkrankheit, die das Bindegewebe betrifft und durch Mittelgesichtshypoplasie, Schallempfindungsschwerhörigkeit, Ektodermdysplasie und starke Kurzsichtigkeit charakterisiert ist.
- ICD10-Code: Q87.0
Hintergrund
Das Marshall-Syndrom weist eine enge Verbindung zum Stickler-Syndrom auf und wird von manchen Autoren als identische Erkrankung angesehen. Es ist nicht zu verwechseln mit dem Marshall-Smith-Weaver-Syndrom.
Epidemiologie
Das Marshall-Syndrom ist eine sehr seltene Erkrankung mit einer Prävalenz von circa 1:1.000.000. In der Literatur wurden bislang (2017) etwa 12 Familien beschrieben.
Ursache
Das Marshall-Syndrom wird autosomal-dominant vererbt. Ursächlich ist eine Mutation im COL11A1-Gen an Genlokus 1p21.1. Im Normalfall codiert dieses Gen eine α1-Kette des XI-Kollagens.
Symptome
Die Myopie ist das häufigste Symptom des Marshall-Syndroms. Ein Katarakt und eine Netzhautablösung treten ebenfalls häufig auf. Ein Glaukom und die Neigung zur Linsenluxation können auch auftreten.
Weiterhin kann eine Hyperflexibilität und Arthritis der Gelenke auftreten. Dies führt zu einer Versteifung und Schmerzen in den betroffenen Gelenken. Eine Osteoarthritis entwickelt sich häufig bereits zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.
Die Mittelgesichtsfehlbildungen stellen schwerwiegende Komplikationen dar. So kommt es beispielsweise zur Lippen-Kiefer-Gaumenspalte mit zu kleinem Kiefer (Mikrogenie). Während der frühen Embryonalentwicklung ist die Gaumenplatte für gewöhnlich noch unverschlossen und muss zusammenwachsen. Ist der Kiefer sehr klein, bleibt nicht viel Platz für die Zunge - diese wird gegen die offene Oberkieferplatte gedrückt, die sich daraufhin nicht mehr verschließen kann. So kann es auch zu Atemnot oder Problemen bei der Nahrungsaufnahme der Neugeborenen kommen. <
Das Erscheinungsbild des Gesichts ist weiterhin durch folgende Eigenschaften geprägt:
- Prominenter Überaugenwulst
- Kurze, nach oben ragende Nase
- Brachyzephalie
- rundes, plattes Gesicht
- Hypertelorismus und Epikanthus
- verlängertes Philtrum
Eine progrediente Schallempfindungsschwerhörigkeit ist ein weiteres Symptom des Marshall-Syndroms. Besonders die hochfrequenten Töne sind betroffen. Eine Otitis tritt ebenfalls bei vielen Kindern auf. Weitere Symptome sind:
- Zahnanomalien
- Hypotrichose und Hypohidrose
- Minderwuchs
Diagnostik
Die Diagnose wird häufig aufgrund der klinischen Auffälligkeiten gestellt. Früh auffällig sind die starke Myopie oder die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Klinische Tests für das Marshall-Syndrom gibt es bis heute (2017) nicht. Im Röntgenbild können bestimmte Veränderungen aufgedeckt werden. So sieht man beispielsweise einen schmalen Gelenkspalt mit Osteophyten an Knie- oder Hüftgelenken, die Maxilla und die Stirnhöhle können hypoplastisch erscheinen und die Schädelkalotte verdickt.
Differentialdiagnose
Folgende Differentialdiagnosen sollten in Betracht gezogen werden:
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