MHC-Klasse-I-Komplex
Synonym: MHC-Klasse-I-Protein
Englisch: major histocompatibility complex class I
Definition
Der MHC-Klasse-I-Komplex, kurz MHC-I, ist ein spezieller Proteinkomplex, der von nahezu allen Zellen (inklusive Thrombozyten) an deren Oberfläche exprimiert wird. Nur von Erythrozyten und Zellen des Trophoblasten wird das Protein nicht exprimiert.
Biochemie
Die MHC-Klasse-I-Proteine besitzen - im Gegensatz zu den MHC-Klasse-II-Komplexen - nur eine größere membranverankerte Polypeptidkette (heavy chain, HC). Diese α-Untereinheit besteht aus drei Domänen (α1 bis α3), an die eine vierte Domäne, das lösliche β2-Mikroglobulin, angelagert ist. Die Domänen α1 und α2 bilden eine Grube, in der ein antigenes Peptid gebunden wird. MHC-Klasse-I-Proteine binden Peptide, die eine Länge von 8-10 Aminosäuren aufweisen.
Genetik
Der Großteil der MHC-Gene befindet sich auf dem kurzen Arm des Chromosoms 6 - mit Ausnahme des Gens für das β2-Mikroglobulin. Dieses ist auf Chromosom 15 lokalisiert. Zellen können verschiedene MHC-Klasse-I- und -II-Proteine bilden, jedoch ist die Zahl der alternativen MHC-Gene gering. Drei alternative Gene kodieren die Kette des MHC-Klasse-I-Proteins, hingegen werden die Ketten der MHC-Klasse-II-Proteine durch fünf alternative Sätze von α/β-Genen kodiert. Die zusätzlichen Alternativen ergeben sich aus der Möglichkeit, Gene des mütterlichen und väterlichen Chromosomensatzes zu kombinieren.
Funktion
Die MHC-Klasse-I-Proteine dienen der Präsentation von körpereigenen und körperfremden Polypeptiden (Partikel von Viren oder von entarteten Zellen) auf der Zelloberfläche. Die Polypeptide werden nach der Zerkleinerung durch das Lysosom über den Antigenpeptid-Transporter (TAP) ATP-abhängig aus dem Zytosol in das endoplasmatische Retikulum (ER) transportiert, wo sie auf das noch unreife MHC-1-Molekül treffen. Dieses wird in der Membran des ER synthetisiert und durch Calreticulin und Tapasin am TAP stabilisiert. Bei einer passenden Antigenbindung wird das MHC-1-Molekül freigesetzt und in die Zellmembran eingebaut. So kann es an die Rezeptoren der zytotoxischen T-Zellen binden und eine adaptive Immunantwort auslösen.
Klinik
Durch Vergleiche der Gensequenzen verschiedener Individuen konnte eine beachtliche Variabilität der Allele nachgewiesen werden. Aufgrund der Unterschiede in den Sequenzen der MHC-Proteine entstehen unterschiedliche Affinitäten und Spezifitäten der Proteine, die wesentlich zur Sensitivität gegenüber verschiedenen Krankheitserregern beitragen. So sind bestimmte MHC-Allele in der Abwehr verschiedener Erreger von Vor- bzw. Nachteil. Dementsprechend ist die Heterogenität der MHC-Gene in der Bevölkerung der wichtigste Grund, weshalb Gewebe eines Individuums vom Immunsystem eines anderen Individuums bei einer Transplantation als fremd erkannt und abgestoßen wird.
Literatur
- "Duale Reihe Biochemie" - Joachim Rassow et. al., Thieme-Verlag, 4. Auflage
- "Taschenlehrbuch Biochemie" - Gerhard Püschel et. al., Thieme-Verlag 2. Auflage, Seiten 701 ff