Hormonale Kontrazeption
von lateinisch: contra - gegen, concipere - empfangen
Synonym: hormonelle Kontrazeption
Englisch: hormonal contraception
Definition
Die hormonale Kontrazeption ist eine Form der Empfängisverhütung (Kontrazeption) durch östrogen- und/oder gestagenhaltige Präparate. Die in den 60er Jahren aufgekommene hormonale Kontrazeption ist heute die in Deutschland am weitesten verbreitete Verhütungsmethode.
Wirkungsweise
Die hormonale Kontrazeption mit Östrogen und/oder Gestagen bewirkt zum einen die Verhinderung des Eisprungs (Ovulation) durch Hemmung der Gonadotropin-Wirkung zum anderen aber auch - abhängig von Art und Dosierung:
- Veränderung des Zervixschleims: hierdurch wird das Eindringen von Spermien deutlich erschwert
- Veränderungen des Endometriums: verhindert oder erschwert die Einnistung der befruchteten Eizelle (Nidation)
- Herabsetzung/Hemmung der Tubenmotilität
Die Einnahme hormonaler Kontrazeptiva erfolgt nach einem bestimmten festen Schema. Da normalerweise in den letzten 7 der 28 Zyklustage die Hormongabe ausgesetzt wird (meist enthalten die letzten Pillen keine wirksamen Hormone) finden zyklische menstruationsähnliche Blutungen (Abbruchblutungen) statt.
Formen
Hormonale Kontrazeption mit Ovulationshemmung
Oral
- Klassische Pille nach Pincus: Kombination von Östrogen (v.a. Ethylestradiol) und Gestagen, Einnahme einer konstanten Dosis über 21 Tage
- Mikropille (hormonarmes Kombinationspräparat): geringerer Hormongehalt (Östrogengehalt <50 µg/d, Gestagengehalt ca. 150 µg/d)
Bei der Mikropille kann eine weitere Unterteilung stattfinden, je nachdem, ob die Hormonkonzentration innerhalb eines Einnahmezyklus variiert:
- Einphasenpille: durchgängig gleichbleibende Konzentration
- Zweiphasenpille (Sequentialpräparat): während der ersten Einnahmephase nur östrogenhaltiges Präparat, während der zweiten Phase Kombinationspräparat (östrogen- und gestagenhaltig). Vorteil: weniger Zyklusstörungen als bei der Einphasenpille
- Zweistufenpille ("step up pill"): ähnlich wie die Zweiphasenpille, jedoch bereits während der ersten Einnahmephase ein geringer Gestagenanteil
- Dreistufenpille: unterschiedliche Östrogen- und Gestagendosierungen in drei Phasen (angepasst an den Hormonspiegel im normalen Menstruationszyklus)
Parenteral
- Ovulationshemmung durch intramuskuläre Injektion eines Gestagen-Depot-Präparats (Dreimonatsspritze): bietet eine hohe Zuverlässigkeit (Pearl-Index 0,5).
- Gestagenimplantate: unter die Haut subdermal am Oberarm implantiert, hält ca. 3 Jahre: setzt zunächst ca. 60 µg, später nur noch 30 µg/d Gestagen (z.B. Levonorgestrel, Etonogestrel) frei. Sehr sicher (Pearl-Index ca. 0,3). Nachteilig sind häufige Zyklusstörungen. Nach einiger Zeit bleiben Abbruchblutungen völlig aus.
Ovulationshemmer bieten unter allen Kontrazeptiva die größte Sicherheit gegen ungewollte Empfängnis. Vorsicht: manche Medikamente (z.B. Antibiotika, Barbiturate, Rifampicin, Antiepileptika, etc. können z.T. die Wirkung aufheben!
Hormonale Kontrazeption ohne Ovulationshemmung
Oral
- Minipille: täglich (ohne Pause!) einzunehmendes Präparat mit kleiner Gestagendosis (z.B. 30 µg/d Levonorgestrel), verhindert in erster Linie die Spermienaszension. Häufiger kommt es zu Zyklusstörungen. Zuverlässigkeit ist geringer als bei der normalen Pille (Pearl-Index ca. 3), weniger verbreitet.
Sonstige
- Intrauterinsystem (IUS, Hormonspirale) mit Gestagen: setzt ca. 20 µg Levonorgestrel pro Tag frei; führt zur Atrophie des Endometriums und verhindert Spermienaszension. Die Liegedauer beträgt ca. 5 Jahre. Sehr hohe Sicherheit (Pearl-Index ca. 0,2).
Nebenwirkungen
Hormonale Kontrazeptiva begünstigen Thrombosen und Thromboembolien. Gefährlich ist dies besonders bei Rauchern/-innen. Weitere unerwünschte Wirkungen können sein: Gewichtszunahme, Ödeme, Übelkeit, Erbrechen, selten deutlicher Blutdruckanstieg
Forschung
Derzeit (2023) existiert keine zugelassene hormonelle Kontrazeption beim Mann. Im Rahmen von klinischen Studien wurden Testosteronpräparate in Kombination mit Progesteronderivaten oder Gestagen eingesetzt. Aktuell konzentriert sich die Forschung auf transdermal applizierbare Gele mit Testosteron und Nestostoron sowie orale vollsynthetische Steroide wie Dimethandrolon-Undecanoat (DMAU) oder 11β-Methyl-19-Nortestosteron-Dodecylcarbonat (11β-MNTDC).
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