Hodenhypoplasie (Pferd)
Synonym: Kleinhodigkeit
Definition
Unter einer Hodenhypoplasie fasst man Missbildungen zusammen, die mit zu kleinen Hoden beim Pferd einhergehen.
Ätiologie
Hodenhypoplasien können in Zusammenhang mit Kryptorchismus, aber auch bei skrotal gelegenen Hoden beobachtet werden. Die Hypoplasie skrotaler Hoden besitzt eine erbliche Komponente.
Zur Diskussion stehen auch hodenschädigende Faktoren während der Pubertät, die beim adulten Hengst eine Hodenhypoplasie begünstigen. Da Rennpferde besonders häufig betroffen sind, geht man davon aus, dass auch starkes körperliches Training (vor Einsetzen der Pubertät) eine Hodenhypoplasie begünstigen kann. Durch die exogene Zufuhr von Steroidhormonen (Anabolika) während der Hodenentwicklung kommt es zur Hemmung der endogenen GnRH- und Gonadotropinsekretion, weshalb die Hodenreifung sowie -funktion unterdrückt werden. Bei diesen Tieren beobachtet man vermehrt hypoplastische Hoden.
Pathogenese
Eine inkomplette Hodenentwicklung geht in den meisten Fällen auch gleichzeitig mit einer Unterentwicklung der Nebenhoden einher.
Die Hodenhypoplasie kann sowohl abdominale als auch skrotale Hoden betreffen. Sie tritt entweder uni- oder auch bilateral auf. Da die Hodenmaturation erst mit der Pubertät stattfindet, kann das Vorliegen einer Hodenhypoplasie erst mit Erreichen der Geschlechtsreife beurteilt werden. Bei milden Hypoplasien verläuft die Spermatogenese in den meisten Hodentubuli mindestens bis zum Stadium der primären Spermatozyte ab. Andere Hodentubuli hingegen bleiben vollständig hypoplastisch, sodass sich histologisch unterentwickelte Hodentubuli (enthalten häufig nur Sertoli-Zellen) mit normal entwickelten Abschnitten abwechseln.
Abhängig vom Schweregrad der Hodenhypoplasie enthält das Ejakulat nur wenige (Oligospermie) bis gar keine Spermien (Azoospermie). Sind Spermien nachweisbar, weisen diese oft zahlreiche morphologische Defekte sowie Beimengungen auf (z.B. Rundzellen und multinukleäre Keimzellen).
Klinik
Hypoplastische Hoden weisen palpatorisch einen verminderten Turgor auf. Die Hoden sind im Verhältnis zum Alter deutlich kleiner und weicher. Mit fortschreitendem Alter des Hengstes kommt es jedoch zunehmend zur Einlagerung von Bindegewebe, sodass die Hoden allmählich derb werden.
Die Libido betroffener Hengste ist oft normal, wobei das Ejakulat eine deutlich verminderte Qualität aufweist.
Differenzialdiagnose
Hypoplastische Hoden müssen von einer Hodenatrophie abgegrenzt werden (häufig über die Anamnese und der Größe des Nebenhodens möglich).
Diagnose
Neben der adspektorischen und palpatorischen Untersuchung der Hoden kann eine Hodenbiopsie oder ein hCG-Stimulationstest durchgeführt werden.
Therapie
Eine Kausaltherapie ist nicht möglich. Aufgrund der erblichen Komponente dürfen Hengste mit hypoplastischen Hoden nicht in der Zucht eingesetzt werden.
Literatur
- Aurich C (Hrsg.). 2009. Reproduktionsmedizin beim Pferd. Gynäkologie - Andrologie - Geburtshilfe. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Parey-Verlag. ISBN: 978-3-8304-4179-3