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Histophilus somni

Synonym: Haemophilus somnus (veraltet)

1. Definition

Histophilus somni ist ein kapnophiles, gramnegatives Bakterium aus der Familie Pasteurellaceae. Es ist der Verursacher von respiratorischen und septikämischen Erkrankungen bei Tier und Mensch.

2. Morphologie

Histophilus somni ist ein unbewegliches, pleomorphes und kurzes Stäbchenbakterium (0,5 x 1-3 μm) von gelblicher Farbe, das in der Gramfärbung rot erscheint (gramnegativ).

3. Epidemiologie

Das Bakterium ist im Allgemeinen wirtsspezifisch und findet sich fast ausnahmslos auf der Schleimhaut. Es ist bei gesunden Rindern und Schafen im unteren Genitaltrakt (Präputium bzw. Vagina) sowie bei Rindern zusätzlich im oberen Respirationstrakt angesiedelt.

4. Anzucht

Histophilus somni produziert auf festen Nährmedien innerhalb von 24 bis 72 Stunden unter Zugabe von 5 bis 10 % CO2 und bei einer Temperatur von 35 bis 37° C weiß-gelbliche Kolonien mit einem Durchmesser von ca. 1 mm.

Es ist in unterschiedlicher Weise von den Wachstumsfaktoren X (die prosthetische Gruppe Häm) und V (NAD) abhängig.

5. Virulenzfaktor

Um an die Wirtszellen zu binden, bildet Histophilus somni Oberflächenproteine aus, die im elektronenmikroskopischen Bild als faserartige Strukturen (Fibrillen) erscheinen. Mittels dieser Strukturen heften die Mikroorganismen an endotheliale Zellen. Dieses fibrilläre Netzwerk wird durch Immunglobulin-bindende Proteine (IgBPs) umschlossen, die ebenfalls von Histophilus somni produziert werden.

Das Lipopolysaccharid (LPS) von Histophilus somni wird aufgrund der abweichenden Biochemie als Lipooligosaccharid (LOS) bezeichnet. Das LOS unterscheidet sich vom LPS anderer gramnegativer Bakterien dadurch, dass es keine O-Seitenketten aufweist. Gleichzeitig zeigen die Kern-Oligosaccharide eine höhere Komplexität, während der Lipid-A-Anteil die endotoxische Komponente darstellt. In der Pathogenese ist das LOS unter anderem an der Entstehung der Entzündungsreaktion beteiligt.

Entnommene Isolate befallener Körperstellen zeigen keine Phasenvariation in ihrem Lipooligosaccharid und gelten in dieser Form als wenig virulent. Durch Phasenvariation zeigt Histophilus somni u.a. die Fähigkeit, sich der Abwehr des Wirtes zu entziehen und gleichzeitig eine Resistenz gegenüber der bakteriziden Wirkung des Serumkomplements zu entwickeln. Histophilus-somni-Isolate, die zu einer solchen Phasenvariation befähigt sind, sind deutlich virulenter.

Histophilus somni ist in der Lage, durch Expression komplexer Oberflächenproteine die Bindung von IgG2 über den Fc-Anteil zu verhindern. Dadurch wird eine Opsonierung des Erregers durch zirkulierende Antikörper mit anschließender Aktivierung des Komplementsystems vermindert. Über Transferrin-bindende Proteine (TbPs) bindet Histophilus somni an unterschiedliche Glykoproteine, die mit Eisen Komplexe gebildet haben. Auf diese Weise verschafft es sich komplexiertes Eisen direkt vom Wirt.

6. Klinik

Histophilus somni ist - neben Mannheimia haemolytica und Mykoplasmen - einer der wichtigsten Erreger, der an der multifaktoriellen Ätiologie der enzootischen Bronchopneumonie (bovine respiratory disease complex, Rindergrippekomplex) beteiligt ist. Bei Rindern ist Histophilus somni darüberhinaus der Verursacher der infektiösen septikämisch-thrombosierenden Meningoenzephalomyelitis (ISTMEM, weak calf syndrome).

Bei Schafen kann Histophilus somni oftmals im Zusammenhang mit Septikämien, Mastitiden und Nebenhodenentzündungen gebracht werden.

7. Therapie

Histophilus somni zeigt im Allgemeinen eine Empfindlichkeit gegenüber Penicillinen, Sulfonamiden und Florfenicol. Aufgrund des häufigen Auftretens auf der Präputialschleimhaut klinisch gesunder Bullen erfordert es eine vorbeugende Untersuchung bei Besamungsbullen, um eine Übertragung über das Sperma zu verhindern.

8. Prophylaxe

Der prophylaktische Einsatz von Impfstoffen gegen ISTMEM ist derzeit (2018) in Deutschland aufgrund des überwiegend sporadischen Vorkommens nicht angezeigt. In Nordamerika werden aufgrund des gehäuften Auftretens inaktivierte Vakzine seit Längerem zur Prophylaxe erfolgreich eingesetzt.

9. Literatur

  • Selbitz, Hans-Joachim, Uwe Truyen, Peter Valentin-Weigand. Tiermedizinische Mikrobiologie, Infektions-und Seuchenlehre. Georg Thieme Verlag, 10., aktualisierte Auflage. 2015.

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