HLA-Typisierung
Synonym: Gewebetypisierung
Englisch: HLA typing
Definition
Unter dem Begriff HLA-Typisierung fasst man verschiedene diagnostische Verfahren zusammen, mit denen die HL-Antigene eines Menschen bestimmt werden. Die HLA-Typisierung dient u.a. der Bestimmung der Histokompatibilität von Spendergewebe, die für den Erfolg allogener Transplantationen relevant ist. Darüber hinaus spielt sie ein Rolle in der Diagnostik verschiedener Erkrankungen, die mit bestimmten Allelen des HLA-Systems assoziiert sind (z.B. HLA-B27).
Hintergrund
Je ähnlicher sich die HL-Antigene von Spender und Empfänger sind, desto geringer ist die Gefahr einer Abstoßungsreaktion. Identische HL-Antigene finden sich nur bei eineiigen Zwillingen oder Klonen. Die Ähnlichkeit der HL-Antigene ist aber nur ein Einflussfaktor auf den Erfolg einer Transplantation. Eine individuelle Prognose lässt sich daraus nicht ableiten. Es gibt Patienten, die trotz suboptimalem HLA-Match lange Jahre mit einem Spenderorgan leben, während es umgekehrt auch bei Patienten mit einem guten Match zu einer Abstoßung kommen kann.
HLA-Klassen
Bei der HLA-Typisierung werden verschiedene Klassen des Haupthistokompatibilitätskomplexes (MHC) bestimmt, die auf unterschiedlichen Genloci des Chromosom 6 lokalisiert sind.
Die Klasse I kommt auf allen kernhaltigen Körperzellen vor, mit höchster Konzentration auf Lymphozyten und Makrophagen. Zu ihr gehören:
Die Klasse II findet man u.a. auf B-Zellen, aktivierten T-Zellen, Makrophagen, Endothelzellen, Langerhans-Zellen und Spermatozyten. Zu ihr gehören:
Die Klasse III ist in der Nähe des HLA-D-Locus in der Immunregion des Chromosoms gelegen. Im Gegensatz zu den anderen Klassen handelt es sich hierbei um Plasmaproteine, die an der unspezifischen Immunabwehr beteiligt sind. Die Klasse III enthält u.a. die Komplementgene für:
Technik
Bei der HLA-Typisierung unterscheidet man 3 Verfahren:
- die Antigenbestimmung (Typisierung im engeren Sinn)
- den Antikörpernachweis und
- das Crossmatching
Antigenbestimmung
Die Antigenbestimmung kann serologisch oder molekularbiologisch durchgeführt werden, wobei der Trend in den letzten Jahren (Stand 2022) immer stärker in Richtung komplexerer molekularbiologischer Typisierungsverfahren läuft, was die serologischen Verfahren zunehmend verdrängt. Sie werden nur noch für die Bestimmung von Merkmalen der HLA-Klasse I eingesetzt.
Die serologische Bestimmung der HL-Antigene erfolgt mit einem Lymphozytotoxizitätstest (LCT). Beim LCT werden Lymphozyten aus antikoaguliertem Blut gewonnen und anschließend mit einem antikörperhaltigen Serum versetzt. Nach der Bindung der Antikörper an die Lymphozyten wird der Probe Komplement hinzugefügt.
Die an die Lymphozyten gebundenen Antikörper aktivieren das Komplement und führen zu Membranschäden der Zellen. Sie werden dadurch sichtbar gemacht, dass ein Fluoreszenzfarbstoff hinzupipettiert wird. Der Farbstoff dringt in die beschädigten Lymphozyten ein und macht die Schäden unter einem Fluoreszenzmikroskop sichtbar.
Die molekularbiologische Bestimmung der HL-Antigene basiert auf der direkten Sequenzierung der zugrundeliegenden HLA-Gene mittels der Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Die zur HLA-Typisierung eingesetzen Varianten sind die PCR mit sequenzspezifischen Primern (PCR–SSP) und die Hybridisierung von PCR-Amplifikaten mit Oligonukleotiden (PCR–SSO).
Antikörpernachweis
Ein weiterer Teil der HLA-Typisierung umfasst das Screening auf eventuell bereits bestehende Antikörper des Empfängers gegen HLA-Merkmale des Spenders (Immunisierungsgrad). Patienten, die zuvor noch keine Transfusionen erhalten haben, und Frauen ohne Schwangerschaft in der Anamnese haben in der Regel keine HLA–Antikörper.
Auch der Antikörpernachweis wird teilweise auch mittels eines LCT durchgeführt. Bei der Untersuchung wird das zu untersuchende Patientenserum mit einer größeren Zahl von Spenderlymphozyten versetzt. Allerdings erfasst diese Methode keine Antikörper, die kein Komplement aktivieren. Mit Enzymimmunoassays (ELISA) gelingt der Nachweis von HLA-Antikörpern unabhängig von ihrer Fähigkeit, Komplement zu aktivieren. Die verfügbaren Testkits erlauben meist den getrennten Nachweis von HLA-Klasse-I- und Klasse-II-Antikörpern.
Crossmatch
Mit einem Crossmatch untersucht man vor einer Transplantation oder Transfusion die immunologische Verträglichkeit. Dazu lässt man das Empfängerserum mit Spenderzellen oder HL-Antigenen von Spenderzellen reagieren. Diese Verträglichkeitsproben werden meist mithilfe eines Lymphozytotoxizitätstests (LCT) durchgeführt. Wie bereits erwähnt, erfasst dieser Test aber nur komplementaktivierende Antikörper.
Auflösung
Man unterscheidet bei der HLA-Typisierung zwei Auflösungen:
- Eine niedrigauflösende HLA-Typisierung berichtet nur die ersten zwei Ziffern der vierstelligen Zahl, die das HLA-Allel charakterisiert, z.B. "HLA-A2" bzw. "HLA*02", wenn die Typisierung molekularbiologisch erfolgte.
- Eine hochauflösende Typisierung besteht aus vier oder mehr Ziffern des HLA-Allels, z.B. "HLA-A*0201". Sie bezeichnet die Allelvariante 0201 des Gens HLA-A, mit dem Hauptmerkmal 02 und dem Untermerkmal 01.
Die Auflösung der HLA-Typisierung ist von der Indikation abhängig. Bei Stammzelltransplantationen nicht-verwandter Spender ist eine hochauflösende Typisierung erforderlich, in anderen Fällen ist in der Regel eine niedrigauflösende Typisierung ausreichend.
Indikationen
- Organtransplantation
- Stammzelltransplantation
- Diagnostik von Autoimmunerkrankungen mit HLA-Assoziation (z.B. Rheumatoide Arthritis, Zöliakie)
- Spendertypisierung im Rahmen einer Stammzellspende
- Therapie mit Abacavir zum Ausschluss einer Abacavir-Hypersensitivität
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 19.03.2021