Getriggerte Aktivität (Physiologie)
Englisch: triggered activity
Definition
Als getriggerte Aktivität beschreibt man eine Form pathologischer elektrischer Erregung in Kardiomyozyten, die durch Nachdepolarisationen ausgelöst wird. Dabei handelt es sich um zusätzliche Aktionspotenziale, die nicht spontan (wie bei Automatizität) entstehen, sondern von einer vorangegangenen Erregung „getriggert“ werden. Dieser Mechanismus spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung verschiedener Herzrhythmusstörungen.
Pathophysiologie
- Frühe Nachdepolarisationen (EAD, early afterdepolarizations) entstehen während der Repolarisationsphase, also in Phase 2 oder 3 des kardialen Aktionspotentials. Ursächlich ist in der Regel eine verlängerte Aktionspotenzialdauer, wie sie beispielsweise bei einem Long-QT-Syndrom, einer Hypokaliämie oder bradykarden Herzfrequenzen auftritt. Die klinische Folge ist eine erhöhte Anfälligkeit für Torsade-de-pointes-Tachykardien.
- Späte Nachdepolarisationen (DAD, delayed afterdepolarizations) treten dagegen erst nach Abschluss der Repolarisation, also in Phase 4, auf. Sie entstehen typischerweise durch eine intrazelluläre Calciumüberladung, wie sie im Rahmen einer Digitalisintoxikation, eines ausgeprägten Katecholaminexzesses oder einer Myokardischämie vorkommen kann. Diese Mechanismen begünstigen die Entstehung getriggerter Tachyarrhythmien, insbesondere ventrikulärer Tachykardien.
Abgrenzung
- Automatizität: spontane Depolarisation ohne Triggerfaktor.
- Reentry-Mechanismus: kreisende Erregung durch Leitungsverzögerung oder Leitungsblock.
Diagnostik
Im Elektrokardiogramm (EKG) lassen sich typische Tachykardien nachweisen, die auf eine getriggerte Aktivität hinweisen können. Dazu zählen insbesondere Torsade-de-pointes-Tachykardien sowie die charakteristische bidirektionale ventrikuläre Tachykardie. Ergänzend kann eine elektrophysiologische Untersuchung (EPU) durchgeführt werden. Hierbei gelingt es häufig, die arrhythmogenen Extrasystolen durch gezielte elektrische Stimulation oder durch die Gabe von Katecholaminen zu provozieren und damit die Diagnose zu sichern.
Therapie
EAD-bedingte Arrhythmien:
- Korrektur von Elektrolytstörungen (Kalium, Magnesium)
- Vermeidung bradykarder Frequenzen
- Antiarrhythmika (z.B. Lidocain, Mexiletin bei Long-QT-Syndrom)
DAD-bedingte Arrhythmien:
- Behandlung der Ursache (z.B. Absetzen von Digitalis, Therapie der Ischämie)
- Betablocker (Reduktion katecholaminvermittelter Ca²⁺-Überladung)
- In schweren Fällen: Katheterablation arrhythmogener Foci
Literatur
- Zipes DP, Jalife J (Hrsg.): Cardiac Electrophysiology – From Cell to Bedside. 7. Auflage. Elsevier, 2018.
- Erdmann, E. (Hrsg.). (2011). Klinische Kardiologie: Krankheiten des Herzens, des Kreislaufs und der herznahen Gefäße (8. Aufl.). Springer.
- Lindner, U. K., & Dubin, D. (2004). Schnellinterpretation des EKG: Ein programmierter Kurs (8. Aufl.). Springer
- Iden, L., Borlich, M., & Sommer, P. (Hrsg.). (2025). Invasive Electrophysiology for Beginners. Springer.