Dehydroepiandrosteron
Synonyme: DHEA, Prasteron (INN)
Englisch: dehydroepiandrosterone, dehydroepiandrostenedione, didehydroepiandrosterone, DHEA, androstenolone, prasterone (INN)
Definition
Dehydroepiandrosteron, kurz DHEA, ist ein Prohormon, das zu den Steroidhormonen zählt und in der Leber zu Testosteron verstoffwechselt wird. Die sulfatierte Form ist das Dehydroepiandrosteronsulfat, abgekürzt DHEAS.
Chemie
DHEA hat die Summenformel C19H28O2 und eine molare Masse von 288,43 g/mol.
Biosynthese
DHEA wird bei Männern und Frauen in der Zona reticularis der Nebennierenrinde (NNR) gebildet. Bei Frauen findet die Synthese zu etwa 30 % in den Ovarien statt.
Im ersten Schritt der Biosynthese entsteht aus der Ausgangssubstanz Cholesterin das Pregnenolon. Pregnenolon wird durch die Steroid-17α-Hydroxylase (CYP17A1) zu Hydroxypregnenolon und in bestimmten Zellen weiter zu DHEA umgesetzt. Die weitere Umwandlung zu Testosteron erfolgt über 4-Androstendion.
Sowohl in der Leber als auch in der NNR wird Dehydroepiandrosteron zu Dehydroepiandrosteronsulfat sulfatiert.
Physiologie
In der Körperperipherie besitzt nur das freie, nicht-sulfatierte DHEA eine biologische Aktivität. Anders im Gehirn, wo DHEA und DHEAS eine antagonistische Wirkung auf inhibitorische GABAerge Synapsen ausüben. DHEA wird deshalb zu den neuroaktiven Steroiden gezählt.
In der Körperperipherie wirkt DHEA androgen, seine Wirkung ist aber deutlich schwächer als die des Testosterons. Nach Abspaltung der Sulfatgruppe ist DHEA eine zusätzliche Quelle der Testosteronsynthese im Hoden bzw. während der Schwangerschaft eine Vorstufe der plazentaren Östrogensynthese.
Pharmakologie
Die Wirkungen von Dehydroepiandrosteron entsprechen denen des Testosterons. Da die Umwandlungsrate in der Leber relativ gering ist, sind relativ hohe Dosen (ca. 600 mg/täglich) notwendig, um eine Testosteron-Wirkung zu erzielen.
Bei Dehydroepiandrosteron handelt es sich um ein Medikament, das häufig zu Doping-Zwecken missbraucht wurde. In einigen Ländern (USA) wird es auch als Nahrungsergänzungsmittel angeboten, und dabei als "Superhormon" und "Anti-Aging-Pille" ausgelobt. Diese unkontrollierte Anwendung ist wegen der Nebenwirkungen von Dehydroepiandrosteron, insbesondere der Leberbelastung, sehr fragwürdig. In Deutschland und anderen Ländern ist Dehydroepiandrosteron ein Arzneimittel und darf nur zu medizinischen Zwecken eingesetzt werden.
Labormedizin
Da DHEA und DHEAS im Gleichgewicht stehen, sollte aufgrund der zuverlässigeren Bestimmung und der geringeren Schwankungen immer primär das DHEAS bestimmt werden. DHEA unterliegt analog zur Cortisol-Konzentration einer zirkadianen Rhythmik, die Abbaurate ist wesentlich höher als beim DHEAS.
Indikationen
- Marker für Nebennierenrindenmasse
- adrenaler Hirsutismus
- V.a. Nebennierenrindenadenom bzw. Nebennierenrindenkarzinom
- Inzidentalom, Frage der Hormonaktivität
- V.a. adrenogenitales Syndrom (AGS)
- Differentialdiagnose von adrenaler oder ovarieller Testosteronerhöhung
- Virilisierung
- Differentialdiagnose von Zyklusstörungen
Material
Für die Untersuchung werden 1 ml Serum benötigt.
Referenzbereich DHEA
- Männer (20. bis 50. Lebensjahr): 1,5 bis 9 ng/ml
- Frauen (20. bis 50. Lebensjahr): 1,0 bis 8 ng/ml
Bei Kindern liegen die Werte zunächst niedriger und steigen im Verlauf an, ihr Maximum erreichen die Serumspiegel von DHEA in der Pubertät (0,42 bis 9,31 ng/ml).
Referenzbereich DHEAS
Alter | männlich [μg/dl] | weiblich [μg/dl] |
---|---|---|
bis 1 Woche | 108 bis 607 | |
1 bis 4 Wochen | 31,6 bis 431 | |
1 bis 12 Monate | 3,4 bis 124 | |
1 bis 4 Jahre | 0,47 bis 19,4 | |
5 bis 10 Jahre | 2,8 bis 85,2 | |
10 bis 14 Jahre | 24,4 bis 247 | 33,9 bis 280 |
15 bis 19 Jahre | 70,2 bis 492 | 65,1 bis 368 |
20 bis 24 Jahre | 211 bis 492 | 148 bis 407 |
25 bis 34 Jahre | 160 bis 449 | 98,8 bis 340 |
35 bis 44 Jahre | 88,9 bis 427 | 60,9 bis 337 |
45 bis 54 Jahre | 44,3 bis 331 | 35,4 bis 256 |
55 bis 64 Jahre | 51,7 bis 295 | 18,9 bis 205 |
65 bis 74 Jahre | 33,6 bis 249 | 9,4 bis 246 |
über 75 Jahre | 16,2 bis 123 | 12 bis 154 |
Interpretation
Erhöhtes DHEAS
Der Serumspiegel von DHEAS ist erhöht bei:
- androgenbildendem NNR-Tumor (Adenom, Karzinom)
- NNR-Hyperplasie
- funktionellem Hypercortisolismus mit Aktivierung der Androgenbildung
- Hirsutismus, Virilisierung: Differenzierung zwischen adrenaler und ovarieller Hyperandrogenämie
- Störung der adrenalen Steroidbiosynthese, z.B. 3β-Hydroxylasemangel (selten)
- adrenogenitales Syndrom (AGS)
Erniedrigtes DHEAS
Der Serumspiegel von DHEAS ist erniedrigt bei:
- Nebennierenrindeninsuffizienz
- Autoimmunerkrankungen
- Patienten unter Immunsuppression
- Raucher
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 27.02.2021