Cannabis-Hyperemesis-Syndrom
Englisch: cannabis hyperemesis syndrome
Definition
Das Cannabis-Hyperemesis-Syndrom, kurz CHS, ist ein Krankheitsbild, das sich nach jahrelangem Cannabis-Konsum einstellen kann und durch erhebliche gastrointestinale Störungen gekennzeichnet ist.
Hintergrund
Das Krankheitsbild wurde erstmalig 2004 beschrieben.[1]
Ätiologie
Die auslösenden Faktoren des CHS sind bislang (2024) nicht bekannt. Das Syndrom ist ein Paradoxon, denn die Aktivierung der CB1-Rezeptoren im Zentralnervensystem führt normalerweise zu einer Reduktion der gastrointestinalen Motilität und damit zu einer antiemetischen Wirkung.[2][3][4][5]
Pathogenese
Symptome
Das CHS ist gekennzeichnet durch morgendliche Beschwerden mit[5][6]
- ausgeprägter zyklischer Übelkeit,
- rezidivierendem Erbrechen (schwallartig, wässrig, nicht-blutig, bis zu 15 Mal pro Tag), das zur Exsikkose führen kann,
- abdominellen Schmerzen (epigastrisch oder periumbilikal).
Diagnostik
Klinisch besteht meist ein weiches Abdomen mit diffusem Druckschmerz und gesteigerter Peristaltik. Durch das rezidivierende Erbrechen kann es zu entsprechen den Verschiebungen im Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt kommen. Bei Exsikkose zeigt ein erhöhtes Serumkreatinin ein akutes Nierenversagen an. Abgesehen von Komorbiditäten sind andere laborchemische, radiologische und endoskopische Tests ohne pathologischen Befund. Der Urin-Schnelltest für Cannabis (THC) ist positiv.[4][5][6]
Differentialdiagnosen
Wichtige Differentialdiagnosen sind:[5][7][8]
- akutes Abdomen
- Pankreatitis
- Mesenterialinfarkt
- akute Migräne
- Schwangerschaft (Hyperemesis gravidarum)
Differentialdiagnostisch muss das Syndrom des zyklischen Erbrechens (CVS) vom CHS abgegrenzt werden.[5][9]
Therapie
Der Ausgleich des Wasser- und Elektrolytverlustes erfolgt durch intravenöse Flüssigkeitssubstitution. Zur symptomatischen antiemetischen Therapie wurden Dimenhydrinat, Domperidon, Metoclopramid, Promethazin oder Ondansetron eingesetzt, waren aber nicht ausreichend wirksam. Dagegen soll das Erbrechen durch Lorazepam und Haloperidol gestoppt werden können. Opioide sind zur Behandlung des CHS nicht geeignet. Durch heißes Duschen oder Baden werden die Symptome meistens gelindert.[6][10] Auch die topische Anwendung von Capsaicin, einem Agonisten am Transient receptor potential vanilloid1 (TRPV1-Rezeptor), hat sich bei der Behandlung des CHS als wirksam erwiesen.[11]
Prognose
Die Beschwerden sistieren meist nach 2 bis 4 Tagen nach Beendigung des Cannabiskonsums. Von einem sofortigen Stopp wird aber wegen Entzugssymptomatik und hoher Rezidivgefahr abgeraten. Das Syndrom verschwindet, wenn mehrere Monate auf Cannabiskonsum verzichtet wird.[5][6]
Quellen
- ↑ Allen JH et al. Cannabinoid hyperemesis: cyclical hyperemesis in association with chronic cannabis abuse. Gut. 2004
- ↑ Simonetto DA et al. Cannabinoid hyperemesis: a case series of 98 patients. Mayo Clin Proc. 2012
- ↑ Rotella JA et al. Cannabinoid hyperemesis syndrome: A 6-year audit of adult presentations to an urban district hospital. Emerg Med Australas. 2022
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Sorensen CJ et al. Cannabinoid Hyperemesis Syndrome: Diagnosis, Pathophysiology, and Treatment-a Systematic Review. J Med Toxicol. 2017
- ↑ 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 5,6 Rubio-Tapia et al. AGA Clinical Practice Update on Diagnosis and Management of Cannabinoid Hyperemesis Syndrome: Commentary. Gastroenterology. 2024
- ↑ 6,0 6,1 6,2 6,3 Gericke M, Hartmann D. Viel heißer Dampf: das Cannabis-Hyperemesis-Syndrom. Dtsch Med Wochenschr. 2018
- ↑ Frazier R, Li BUK, Venkatesan T. Diagnosis and Management of Cyclic Vomiting Syndrome: A Critical Review. Am J Gastroenterol. 2023
- ↑ Korn F et al. Cannabinoidhyperemesis als Differenzialdiagnose von Übelkeit und Erbrechen in der Notaufnahme. Anaesthesist 2021
- ↑ Levinthal DJ et al. AGA Clinical Practice Update on Diagnosis and Management of Cyclic Vomiting Syndrome: Commentary. Gastroenterology. 2024
- ↑ Bonnet U. et al. Keine Opiate gegen das Cannabis-Hyperemesis-Syndrom. Dtsch Med Wochenschr. 2014
- ↑ McConachie SM et al. Efficacy of Capsaicin for the Treatment of Cannabinoid Hyperemesis Syndrome: A Systematic Review. Ann Pharmacother. 2019
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