Bundgaard-Syndrom
nach dem dänischen Kardiologen Henning Bundgaard (*1947)
Synonyme: familiäres ST-Streckensenkungssyndrom, familiäres ST-Strecken-Depressionssyndrom, FSDS
Englisch: Bundgaard syndrome, familial ST depression syndrome
Definition
Das Bundgaard-Syndrom ist ein seltenes, autosomal-dominant vererbtes Syndrom, das durch anhaltende, nicht-ischämische ST-Streckensenkungen im EKG gekennzeichnet ist.
Hintergrund
Betroffene Patienten haben ein erhöhtes Risiko, verschiedene Herzrhythmusstörungen zu entwickeln. Klinisch treten insbesondere Vorhofflimmern, supraventrikuläre Tachykardien und (polymorphe) ventrikuläre Tachykardien auf. Zudem besteht ein signifikant erhöhtes Risiko für eine Herzinsuffizienz und einen plötzlichen Herztod.
Terminologie
Das Syndrom wurde erstmals 2018 vom dänischen Kardiologen Henning Bundgaard beschrieben. Bisher (2025) ist die Terminologie uneinheitlich. In Studien werden sowohl die Begriffe "Bundgaard-Syndrom" als auch "familiäres ST-Strecken-Depressionssyndrom" bzw. der englische Begriff "familial ST depression syndrome" verwendet.
Symptome
Die charakteristischen ST-Streckensenkungen sind bereits im Kindesalter nachweisbar, zeigen eine langsame Progression und bleiben dauerhaft bestehen. Das klinische Bild des Bundgaard-Syndroms ist vor allem durch Vorhofflimmern und andere supraventrikuläre Tachykardien geprägt. Zudem treten polymorphe ventrikuläre Arrhythmien auf, die in einigen Fällen schwerwiegend verlaufen und eine interventionelle Therapie (z.B. Implantation eines ICD oder Katheterablation) erforderlich machen. Die typischen EKG-Veränderungen treten unabhängig von einer koronaren Herzkrankheit oder anderen ischämischen Prozessen auf.
Etwa die Hälfte der Patienten aus Studienpopulationen entwickelte innerhalb von ca. 9 Jahren eine linksventrikuläre systolische Dysfunktion.
In einzelnen Fällen kann es zum plötzlichen Herztod kommen, häufig ohne vorausgehende Warnzeichen.
Diagnostik
Die zugrundeliegende genetische Mutation ist bisher (2025) nicht bekannt. Basierend auf Studienergebnissen wurden 2022 folgende Diagnosekriterien vorgeschlagen:
Diagnosekriterien
- konkave, aszendierende ST-Streckensenkung ≥ 0,1 mV in mind. 4 Ableitungen (V3-V6 und I-III), 80 ms nach dem J-Punkt, ggf. mit Einkerbung ("notch") im aufsteigenden Teil der ST-Strecke
- Verwandte mit konkaven, aszendierenden ST-Streckensenkungen ≥ 0,05 mV in mind. 4 Ableitungen (V3-V6 und I-III), 80 ms nach dem J-Punkt, ggf. mit Einkerbung ("notch") im aufsteigenden Teil der ST-Strecke
- ST-Streckenhebungen in Ableitung aVR > 0,1 mV
- Persistenz der EKG-Veränderung (beim Patienten und bei Verwandten)
- Zunahme der ST-Senkungen bei Belastung (beim Patienten und bei Verwandten)
- autosomal-dominantes Vererbungsmuster
Therapie
Aktuell (2025) ist keine kausale Therapie bekannt. Die Maßnahmen orientieren sich an der Ausprägung der Symptome und beinhalten z.B. die Gabe von Betablockern, Katheterablationen sowie die Implantation eines ICD.
Differenzialdiagnose
Das typische EKG-Muster mit diffusen ST-Streckensenkungen und gleichzeitiger ST-Hebung in aVR gilt als Warnsignal für eine kritische Hauptstammstenose bzw. eine generalisierte Myokardischämie. Obwohl dieses Muster keinen spezifischen Hinweis auf eine akute Koronarokklusion darstellt, wird es häufig als dringlicher Befund interpretiert und führt nicht selten zu einer invasiven Koronardiagnostik mittels Herzkatheteruntersuchung.
Literatur
- Bundgaard et al., A Novel Familial Cardiac Arrhythmia Syndrome with Widespread ST-Segment Depression. N Engl J Med. 2018
- Bundgaard et al., The Novel Familial ST-Depression Syndrome - Current Knowledge and Perspectives. Europace. 2023
- Priori et al., Mechanisms and Clinical Management of Inherited Channelopathies: Long QT Syndrome, Brugada Syndrome, Catecholaminergic Polymorphic Ventricular Tachycardia, and Short QT Syndrome. Circulation. 2011