Lungensequester
Synonyme: bronchopulmonaler Sequester (BPS), bronchopulmonale Sequestration, pulmonaler Sequester, pulmonale Sequestration, Lungensequestration
Englisch: pulmonary sequestration, bronchopulmonary sequestration
Definition
Als Lungensequester, kurz BPS, wird ein von der normalen Lunge abgetrennter und funktionsloser Lungenanteil bezeichnet, der systemarteriell versorgt wird, aber keinen Anschluss an das normale Bronchialsystem aufweist.
- ICD10-Code: Q33.2 - Lungensequestration (angeboren)
Einteilung
Je nach Lokalisation unterscheidet man folgende Formen:
- intralobärer (intrapulmonaler) BPS (75-80 %): von der Pleura der normalen Lunge umschlossen, v.a. im linken Unterlappen
- extralobärer (extrapulmonaler) BPS: akzessorischer Lungenlappen mit eigenständiger viszeraler Pleura, v.a. links oberhalb oder unterhalb des Zwerchfells. Assoziiert mit weiteren Fehlbildungen (u.a. kongenitale pulmonale Atemwegsmalformationen)
Ätiopathogenese
Ein Lungensequester stellt vermutlich eine kongenitale Fehlbildung dar. Sie entwickelt sich aus einer überzähligen Lungenknospe des primitiven Vorderdarms. Zusammen mit den kongenitalen pulmonalen Atemwegsmalformationen (CPAM) und den bronchogenen Zysten zählt der Lungensequester zum Spektrum der Fehlbildungen des embryonalen Vorderdarms ("bronchopulmonary foregut malformation").
Die arterielle Blutversorgung erfolgt meist über Äste der Aorta. Den venösen Abfluss besorgen bei der intralobären Form Lungenvenen, systemische Venen oder die Vena portae. Bei der extralobären Form findet der venöse Abstrom über systemische Venen oder die Vena portae statt. Der Lungensequester weist meist keine Verbindung zum Tracheobronchialbaum auf, extralobäre Formen können mit dem Gastrointestinaltrakt kommunizieren.
Intralobäre Sequester können evtl. auch durch rezidivierende Lungeninfektionen im Jugendalter entstehen.
Klinik
Extralobäre Lungensequester sind meist asymptomatisch, können sich aber auch bei größerem Links-Rechts-Shunt bereits im Säuglingsalter manifestieren. Intralobäre Lungensequester führen oft im Jugend- oder Erwachsenenalter zu rezidivierenden Pneumonien. Weitere Symptome bzw. Komplikationen sind:
- trockener Husten
- Bronchiektasien
- Hämoptysen
- Herzinsuffizienz bei großem Shuntvolumen
- Ausbildung von enteropulmonalen Fisteln
Diagnostik
Wenn die zuführenden Gefäße sehr groß sind, hört man bei der Auskultation des Thorax ein Strömungsgeräusch. Lungensequester werden ansonsten radiologisch diagnostiziert.
Röntgenologisch fällt eine glatt begrenzte, ovale, runde oder dreieckige Verschattung (v.a. links im posterioren Unterlappensegment) auf. Selten kann es zur Kalzifikation der Sequestration kommen. Perforiert der Sequester, ist eine Ausbildung von teils luft-, teils flüssigkeitsgefüllten multilokulären Zysten möglich. Dann ist die Unterscheidung zur CPAM erschwert. Intralobäre Sequester zeigen Zeichen einer Überblähung (Air Trapping).
Mit der Computertomographie (CT) gelingt die Darstellung eines Sequesters besser. Entscheidend ist der Nachweis der systemischen Gefäßversorgung mittels Farbdopplersonographie, CT-Angiographie (CTA) oder MR-Angiographie (MRA). Eine Diagnose in utero ist mittels pränatalem Ultraschall möglich.
Differenzialdiagnosen
- Pneumonie
- Atelektase
- Malignom (v.a. Neuroblastom)
- Scimitar-Syndrom
- CPAM
Therapie
Extrapulmonale sowie große intrapulmonale Sequester werden reseziert (z.B. mittels Lobektomie). Kleinere intrapulmonale Sequester können durch Verschluss der zuführenden Gefäße (Embolisation) behandelt werden.
Prognose
Patienten mit Lungensequester weisen nach Resektion eine gute Prognose auf.
siehe auch: Fehlbildung der Lunge