Bombay-Blutgruppe
Synonym: Bombay-Phänotyp
Definition
Bei der Bombay-Blutgruppe handelt es sich um ein sehr seltenes Phänomen im AB0-Blutgruppensystem. Aufgrund eines genetischen Defektes auf Chromosom 19 unterbleibt die Produktion der Vorläufersubstanz H, aus der die Blutgruppenantigene A und B gebildet werden. Die wichtigste klinische Auswirkung ist, dass Betroffene nur mit Erythrozytenkonzentraten (EK) von Blutspendern mit dem gleichen Defekt oder Eigenblut transfundiert werden können.
Namensgebung
Genetik
Der Bombay-Blutgruppe liegt ein Defekt des Gens FUT1 auf Chromosom 19 zu Grunde. Abhängig davon, ob das Gen FUT2 (Sekretor) vorhanden ist oder nicht, kann noch der Para-Bombay-Phänotyp unterschieden werden. Bei Menschen mit der Para-Bombay-Blutgruppe ist das FUT2-Gen vorhanden. Daher tragen ihre Erythrozyten zwar keine H-Substanz Typ 2, aber H-Substanz Typ 1 kommt gelöst im Blutplasma vor. Da diese passiv an Erythrozyten adsorbiert werden kann, sind bei Para-Bombay-Patienten möglicherweise A- und B-Antigene schwach nachweisbar.
Häufigkeit
Weltweit sind etwa 20.000 Fälle bekannt.
Pathophysiologie
Durch die Mutation wird von Beginn an keine Vorläufersubstanz H produziert. Damit fehlt den Erythrozyten das entsprechende Antigen auf ihrer Membran. Da keine Agglutination mit Anti-A- und Anti-B-Antikörpern (Isoagglutininen) des AB0-Systems stattfindet, wird auf die Blutgruppe 0 geschlossen.
Bei Blutspenden mit Blutgruppe 0 kommt es allerdings zu einer pathologischen, lebensbedrohlichen Situation. Grund hierfür ist, dass jeder Träger des AB0-Systems unter physiologischen Bedingungen die Vorläufersubstanz H besitzt. Menschen mit der Bombay-Blutgruppe haben aber bereits in der frühkindlichen Entwicklung Antikörper gegen die Vorläufersubstanz H gebildet. Aus diesem Grund kommt nur Spenderblut von anderen Menschen mit der Bombay-Blutgruppe in Frage.
Transfusionmedizin
Bei der Blutgruppenbestimmung werden die Erythrozyten des Patienten als Blutgruppe 0 typisiert, in der Serumgegenprobe und beim Antikörpersuchtest fällt aber eine starke Reaktion mit Testerythrozyten der Blutgruppe 0 auf. Das Ergebnis der serologischen Blutgruppenbestimmung ist damit ungültig. In der Kreuzprobe (serologischen Verträglichkeitsprobe) reagieren EK der Blutgruppe 0 ebenfalls stark positiv. Im Blut von Trägern der Bombay-Blutgruppe kann Anti-H nachgewiesen werden, das normalerweise nicht vorkommt. Erythrozyten der Blutgruppe 0 tragen statt der Antigene A oder B das Antigen H.
Im Notfall können Patienten mit Bombay-Blutgruppe nicht mit kompatiblen EK versorgt werden. Für die Versorgung mit kompatiblen EK kann ggf. auf kryokonservierte Produkte zurück gegriffen werden, die Rekonstituierung dauert aber ungefähr einen Tag.
Bezeichnung
Die Bombay-Blutgruppe wird mit 0h gekennzeichnet.