APS Typ 2
Synonyme: Autoimmunes polyendokrines Syndrom Typ 2, Schmidt-Syndrom, Schmidt-Carpenter-Syndrom
Englisch: Autoimmune pluriglandular syndrome type 2
Definition
Die APS Typ 2 ist die häufigste Variante eines autoimmunen polyendokrinen Syndroms.
- ICD-10-Code: E31.0
Hintergrund
Die Erstbeschreibung dieser Erkrankung erfolgte um die vorletzte Jahrhundertwende durch den aus Leipzig stammenden Pathologen Martin Benno Schmidt, der auch namensgebend für das Syndrom ist.
Ätiologie
Beim APS Typ 2 handelt es sich um einee multifaktorielle, familiär gehäuft auftretene Erkrankung. Wichtigster Risikofaktor sind Gene im HLA-Komplex auf Chromosom 6: Die primäre Nebennierenrindeninsuffizienz ist stark mit HLA-DR3 und HLA-DR4 assoziiert. HLA-B8, -DQ2 und -DQ8 sowie DRB1*0404 prädisponieren für organspezifische Erkrankungen.
Auch weitere Gene, wie zum Beispiel CTLA-4-Polymorphismen, scheinen eine pathogenetische Rolle zu besitzen.
Epidemiologie
Die Prävalenz wird auf ungefähr 1.100.000 geschätzt. Dabei sind Frauen dreimal häufiger betroffen als Männer. Der Häufigkeitsgipfel bei Erstmanifestation liegt zwischen dem 20. und 60. Lebensjahr. Ein APS Typ 2 tritt familiär gehäuft auf.
Klinisches Bild
Im Gegensatz zum APS Typ 1 beginnt das APS Typ 2 meist im Erwachsenenalter. Es ist gekennzeichnet durch folgende vier Hauptkomponenten:
Häufig assoziierte Erkrankungen sind Zöliakie und Dermatitis herpetiformis, Myasthenia gravis, Vitiligo, Alopezie, Serositis und eine perniziöse Anämie. Selten treten Parkinson-Syndrom, Immunthrombozytopenie, idiopathische Bradyarrhythmie, autoimmune Myokarditis, Hypophysitis, CIDP, Stiff-Person-Syndrom oder zerebelläre Ataxie auf.
Nomenklatur
Die meist synonym verwendeten Bezeichnungen Schmidt-Syndrom und Schmidt-Carpenter-Syndrom werden in der Literatur selten differenziert betrachtet:
- Schmidt-Syndrom: Morbus Addison und Autoimmunthyreopathie.
- Schmidt-Carpenter-Syndrom: Morbus Addison, Autoimmunthyreopathie und Diabetes mellitus Typ 1.
Diagnostik
Es besteht kein Konsens darüber, welche Untersuchungen und wie oft diagnostische Verfahren zum Einsatz kommen sollten. Wenn mindestens zwei der vier Hauptkomponenten vorliegen, kann ein APS Typ 2 diagnostiziert werden.
Beim Morbus Addison bedeutet der Nachweis von Antikörpern gegen die 21-Hydroxylase ein hohes Risiko für das nachfolgende Auftreten einer Nebennierenrindeninsuffizienz. Bei positiver Testung sollte ein jährliches Screening durch Bestimmung der morgendlichen Spiegel von ACTH und Cortisol durchgeführt werden.
Zum Screening auf einen Diabetes mellitus Typ 1 werden ebenfalls Autoantikörper nachgewiesen: Anti-Insulin-, Anti-GAD65-, Anti-IA-2-, Anti-ZnT8-Antikörper. Das Risiko einer klinischen Manifestation ist dabei abhängig von der Anzahl und vom Titer.
Screeningstests auf Schilddrüsenerkrankungen beinhalten die Bestimmung der Autoantikörper gegen TPO, Thyreoglobulin und TSH-Rezeptor. Bei positivem Test sollte einmal im Jahr TSH bestimmt werden.
Für das Screening auf Zöliakie werden Antikörper gegen die Gewebetransglutaminase bestimmt, alle 1 - 2 Jahre bei Patienten unter 20, anschließend seltener. Der Nachweis von Antikörpern muss durch eine Testwiederholung erneut bestätigt werden. Anschließend wird eine Dünndarmbiopsie durchgeführt. Viele Patienten weisen eine asymptomatische Zöliakie auf, die aber mit Osteopenie und Wachstumsstörungen einhergehen kann. Unbehandelt erhöht sich außerdem das Risiko für gastrointestinale Malignome, insbesondere Lymphome.
Andere Autoantikörper und Laborwerte werden je nach Symptome bestimmt, z.B. Pit-1-Antikörper bei Verdacht auf eine Hypophysitis. Alle 1 - 3 Jahre sollte eine ausführliche Anamnese erhoben und eine körperliche Untersuchung durchgeführt werden.
Therapie
Die meisten der auftretenden Endokrinopathien werden durch eine Hormonsubstitution behandelt. Wie beim APS Typ 1 ist zu beachten, dass eine primäre Hypothyreose eine Nebennierenrindeninsuffizienz maskieren kann. Bei Gabe von Schilddrüsenhormonen kann dann eine Addison-Krise ausgelöst werden.
Literatur
- Eisenbarth GS, Gottlieb PA Autoimmune polyendocrine syndromes. N Engl J Med. 2004 May 13;350(20):2068-79, abgerufen am 04.07.2019
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- Kahaly GJ et al. Polyglandular autoimmune syndromes, J Endocrinol Invest. 2018 Jan;41(1):91-98, abgerufen am 04.07.2019
- Komminoth P Polyglandular autoimmune syndromes : An overview, Pathologe 37, 253-257, abgerufen am 04.07.2019
- Suttorp N. et al., Harrisons Innere Medizin, Hrsg. 19. Auflage. Berlin: ABW Wissenschaftsverlag; 2016