Kleefstra-Syndrom
nach der niederländischen Humangenetikerin Tjitske Kleefstra
Synonyme: Mikrodeletionssyndrom 9q34, 9qSTDS, 9q subtelomerisches Deletionssyndrom
Englisch: Kleefstra syndrome, 9q subtelomeric deletion syndrome
Definition
Das Kleefstra-Syndrom, kurz KS, ist eine seltene, genetische Erkrankung, die durch intellektuelle Beeinträchtigungen, kindliche Hypotonie und charakteristische Gesichtszüge gekennzeichnet ist. Sie wird durch eine Deletion oder Pathogenvariante des EHMT1-Gens auf Chromosom 9q34.3 verursacht.
Epidemiologie
Die Prävalenz wird auf 1:25.000 bis 1:35.000 geschätzt. Tatsächlich könnte die Häufigkeit höher liegen, da viele Fälle nicht diagnostiziert werden.
Ätiologie
Das KS wird durch den Funktionsverlust des EHMT1-Gens ausgelöst. Ursächlich dafür können heterozygote Deletionen, Mikrodeletionen oder intragene Mutationen an Genlokus 9q34.3 sein, die das EHMT1-Gen mitbetreffen.
Es gibt keine eindeutige Korrelation zwischen Mutation und Schwere des Phänotyps. Jedoch zeigen Individuen mit kleineren Deletionen (<1 Mb) oder intragenischen Mutationen einen ähnlich ausgeprägten Phänotyp, während größere Deletionen (>1 Mb) mit schwereren Symptomen, einschließlich ausgeprägter Intelligenzminderung und erhöhter Komorbidität, einhergehen.
Klinik
Das Kleefstra-Syndrom äußert sich mit folgenden Symptomen:
- Intelligenzminderung: in den meisten Fällen handelt es sich um eine moderate bis schwere Intelligenzminderung, es sind jedoch auch Fälle mit einem IQ im niedrigen Normalbereich beschrieben worden.
- Muskuläre Hypotonie im Kindesalter
- Epilepsie
- Gesichtsdysmorphien: Brachy-Mikrozephalie, breite Stirn, Synophrys, evertierte Unterlippe, Protrusion der Zunge, Progenie.
- Psychiatrische Symptome: Autismus-ähnliche Züge, emotionale Ausbrüche, Regression im Jugendalter.
- Organfehlbildungen: Herzfehler (z.B. Ventrikelseptumdefekt), Nierenfehlbildungen sowie Genitalanomalien bei männlichen Patienten (z.B. Hypospadie).
Ferner können schwere Infektionen, Verstopfung und Hörverlust auftreten.
Diagnostik
Die Diagnose basiert auf charakteristischen klinischen Merkmalen und der molekulargenetischen Untersuchung (z.B. Chromosomen-Microarrays oder Exomsequenzierung).
Differentialdiagnosen
Mögliche Alternativdiagnosen umfassen:
Therapie
Die Behandlung erfolgt multidisziplinär, aber rein symptomatisch, da der zurgundeliegende Gendefekt derzeit (2025) nicht behandelbar ist. Sie umfasst:
- Frühförderung: Logopädie, Physiotherapie, Ergotherapie, sensorische Integrationstherapie
- Therapie von Begleiterscheinungen, z.B. bei Herzfehlern oder Nierenfehlbildungen
- ggf. psychiatrische Betreuung
- regelmäßige kardiologische, nephrologische und neurologische Kontrollen.
Prognose
Die Prognose ist variabel. Obwohl das KS selten lebensbedrohlich ist, beeinflussen Schwere und Häufigkeit der Komorbiditäten den Verlauf maßgeblich.
Quellen
- Kleefstra-Syndrom - Orphanet, abgerufen am 20.01.2025
- Kleefstra et al., Kleefstra Syndrome, In: GeneReviews, 2010