Repeatexpansionserkrankung: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 4. Juni 2024, 16:21 Uhr
Englisch: repeat expansion disease, repeat expansion disorder
Definition
Als Repeatexpansionserkrankung, kurz REK, bezeichnet man eine heterogene Gruppe genetischer Erkrankungen, denen eine gesteigerte Wiederholungszahl von repetetiven Nukleotidfolgen (tandem repeats) zugrundeliegt. Zurzeit sind über 40 Erkrankungen bekannt, die sich überwiegend durch neurologische Symptome äußern.
Einteilung
... nach Nukleotidzahl
- Trinukleotiderkrankungen: Expansion eines Basentripletts, häufigste REK (z.B. Chorea Huntington)
- Tetranukleotiderkrankungen: Expansion einer Vierersequenz (z.B. PROMM)
- Pentanukleotiderkrankungen: Expansion einer Fünfersequenz (z.B. einige SCA-Formen)
- Hexanukleotiderkrankungen: Expansion einer Sechsersequenz (z.B. C9orf72-assoziierte FTD/ALS)
- Dodekamer-Repeatexpansionserkrankungen: Expansion einer Zwölferseqzenz (z.B. EPM1-Epilepsie)
... nach betroffenem Genmaterial
- exonische REK: Die expandierende Sequenz (meist ein Triplett) liegt in einer codierenden Sequenz, was meist zum mehrfachen Einbau einer Aminosäure in das Genprodukt führt. Dies führt bei sehr häufigem Einbau zu Entstehung eines toxisch-aggregierenden Proteins.
- Polyglutaminerkrankungen (z.B. Chorea Huntington, einige SCA-Formen)
- Polyalaninerkrankungen (z.B. Undine-Syndrom)
- REK in nicht-codierenden Bereichen: Die expandierende Sequenz liegt in einem nicht-codierenden Bereich, was beispielsweise Spleißvorgänge oder Genexpression beeinflussen oder pathologische Effekte durch verlängerte mRNA hervorrufen kann
- intronische REK (z.B. Friedreich-Ataxie)
- Expansionen im 3'UT-Bereich (z.B. Myotone Dystrophie 1 und 2)
- Expansionen im 5'UT-Bereich oder Promotor (z.B. Fra(X) und FXTAS)
Eigenschaften
Allgemeine Eigenschaften, die sich häufig bei Repeatexpansionserkrankungen finden, sind:
- meiotische Instabilität ("dynamische" Generkrankungen), d.h. Zunahme der Repeatzahl bei der Meiose; hierdurch antizipiert die Erkrankung mit den Generationen
- Abhängigkeit der Krankheitsschwere und des Krankheitsbeginns von der Repeatzahl, teilweise pathologische Schwellenwerte ("tresholds") und Prämutationen
- häufig autosomal-dominanter Erbgang
Vertreter
Häufige Vertreter der Repeatexpansionen sind (Auswahl):
Erkrankung | Nukleotid | Gen | Mechanismus |
---|---|---|---|
Chorea Huntington | CAG | Huntingtin | Polyglutaminerkrankung mit Aggregation |
diverse spinozerebelläre Ataxien (SCA1, SCA2, SCA3, SCA6, SCA7, SCA8, SCA12, SCA17) | CAG | verschiedene | Polyglutaminerkrankungen |
Fragiles-X-Syndrom | CGG | FMR1 | Hypermethylierung des Promotors |
FXTAS | CGG | FMR1 | unklar |
Fuchssche Corneadystrophie | CTG | TCF4 | evtl. veränderte Genexpression |
Myotone Dystrophie Typ 1 | CTG | DMPK | mRNA-Verlängerung mit Sequestration von mRNA-Bindeproteinen |
Myotone Dystrophie Typ 2 | CCTG | ZNF9 | wie Typ 1 |
Friedreich-Ataxie | GAA | Frataxin | Spleißstörungen |
Morbus Pick | GGGGCC (G4C2) | C9orf72 | unklar |
Amyotrophe Lateralsklerose | GGGGCC | C9orf72 | unklar |
Progressive Myoklonus-Epilepsie Typ 1 | CCCCGCCCCGCG | EPM1 | unklar |
Diagnostik
Die Diagnosestellung von Repeatexpansionserkrankungen erfolgt molekulargenetisch. Je nach Wiederholungszahl sind möglich:
- allelspezifische PCR mit nachfolgender Fragmentanalyse (z.B. per SDS-PAGE) oder NGS bei geringer Wiederholungszahl
- Southern Blot bei hoher Wiederholungszahl
Quellen
- Paulson. Repeat expansion diseases. Handbook of Clinical Neurology, 2018.
- Schaaf und Zschocke. Basiswissen Humangenetik. Kapitel 3.5 Dynamische Mutationen, DNA-Repeats, S. 58ff. 3. Auflage. Springer Verlag. 2018.