Stressulkus
Synonym: Steroidulkus, Stressgastritis, Stressläsion
Englisch: stress related mucosal damage, stress ulcer
Definition
Ein Stressulkus ist ein akut im Rahmen einer Stressreaktion auftretender Schleimhautschaden des Magens oder Duodenums.
Ätiologie
Ursachen für Stressulzera sind vor allem große körperliche Belastungen. Dazu gehören insbesondere:
- große chirurgische Eingriffe
- Polytrauma, Schädel-Hirn-Trauma
- ARDS
- Sepsis
- Schock
- Verbrennung
- Akutes Nierenversagen
- Akutes Leberversagen
Als Risikofaktoren für ulkusbedingte Blutungen in der Intensivmedizin gelten zudem:
- maschinelle Beatmung für länger als 48 Stunden
- Blutungsneigung
- Gastroduodenale Ulzera bzw. Blutungen in der Anamnese
- Glukokortikoidtherapie
Pathogenetisch spielen eine geringe Durchblutung der Magenschleimhaut in Stresssituationen und die erhöhte Sekretion von Magensaft (endogener Hypercortisolismus) eine entscheidende Rolle.
Steroidulkus
Eine Sonderform ohne Stress im oben genannten Sinne ist das Steroidulkus, dass bei langfristiger hochdosierter Einnahme von Glukokortikoiden auftritt. Glukokortikoide stimulieren die Magensaftsekretion und verlangsamen die Regeneration der Schleimhaut.
Klinik
Das Stressulkus zeigt in seiner Präsentation eine große Variabilität. Das Spektrum des Schweregrads reicht von kleinen Erosionen (Läsion nur auf Mukosa beschränkt) bis zu großen Ulzerationen (Läsion bis in Submukosa). Bei verstärkten Blutungen aus dem Ulkus kann es zu relevanten Blutverlusten bis hin zum hämorrhagischen Schock kommen.
Diagnostik
Bei Verdacht auf ein Stressulkus (z.B. Blut im abgesaugten Magensekret) kann die Diagnose mit einer Gastroskopie gesichert werden. Differentialdiagnostisch sind die gastroduodenale Ulkuskrankheit und die gastroösophageale Refluxkrankheit in Betracht zu ziehen.
Typischerweise tritt ein Stressulkus bei intensivmedizinisch betreuten bzw. kurz vorher operierten Patienten auf, sodass die Diagnosestellung leichter gelingt.
Therapie
Bei Komplikationen wie der massiven Blutung oder Perforation kommen als abgestufte Interventionsformen die Endoskopie und chirurgische Maßnahmen zum Einsatz.
Prophylaxe
Indikation
Eine standardmäßige medikamentöse Stressulkusprophylaxe für alle intensivstationären Patienten wird aufgrund der aktuellen Datenlage (2021) und des Nebenwirkungsprofils der eingesetzten Substanzen nicht mehr empfohlen.[1][2] Stattdessen ist die Indikationstellung als individuelle Entscheidung unter Einbeziehung der vorliegenden Erkrankung und Risikofaktoren für ein Ulkus bzw. assoziierte Blutungen zu sehen. Beispielsweise erscheint eine Prophylaxe für kritisch kranke Patienten (mit Sepsis, Verbrennungen etc.), bei denen zusätzlich ein erhöhtes Risiko für gastrointestinale Blutungen besteht, weiterhin als sinnvoll.[3][4][5] Wichtig ist auch dann eine regelmäßige und kritische Überprüfung der Indikation und Dauer der Medikamentengabe.
Medikamente
Zur Stressulkusprophylaxe werden folgende Medikamentengruppen verwendet:
- Protonenpumpeninhibitoren (PPI)
- H2-Rezeptor-Blocker
- Sucralfat (selten)
Unerwünschte Wirkungen
Einige Studien zeigten ein vermehrtes Auftreten von nosokomialen Pneumonien und Clostridium-difficile-assoziierten Diarrhöen im Zusammenhang mit der Einnahme von PPI und H2-Rezeptor-Blockern.[6][7] Pathophysiologisch wird ein verringerter Schutz vor pathogenen Keimen durch die Anhebung des pH-Wertes der Magensäure angenommen.
Enterale Ernährung
Einen wirksamen und physiologischen Schutz vor einer Minderdurchblutung des Magens und Dünndarms bietet zudem eine optimierte intensivmedizinische Behandlung mit dem rechtzeitigen Beginn einer enteralen Ernährung.
Quellen
- ↑ Krag et al.: Pantoprazole in Patients at Risk for Gastrointestinal Bleeding in the ICU, N Engl J Med, 2018
- ↑ RKI: Gesundheitsberichterstattung des Bundes - Gastritis, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, 2013
- ↑ S3 Leilinie Sepsis, 2018
- ↑ S3 Leilinie Infarktbedingter kardiogener Schock, 2019
- ↑ S3 Leitlinie invasive Beatmung, 2017
- ↑ Herzig et al.: Acid-Suppressive Medication Use and the Risk for Hospital-Acquired Pneumonia. JAMA. 2009
- ↑ Eom et al.: Use of acid-suppressive drugs and risk of pneumonia: a systematic review and meta-analysis, CMAJ, 2011
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