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Spinale durale arteriovenöse Fistel

Synonyme: Spinale durale AV-Fistel, SDAVF, spinale Durafistel
Englisch: arteriovenous fistula of the spinal dura

1. Definition

Die spinale durale arteriovenöse Fistel, kurz sDAVF, ist eine spinale Gefäßmalformation. Sie ist gekennzeichnet durch einen arteriovenösen Kurzschluss zwischen einer duraversorgenden Arterie und der das Rückenmark drainierenden Oberflächenvene.

Klinisch imponiert die Erkrankung mit einem progredienten Querschnittssyndrom.

2. Epidemiologie

Die Erkrankungshäufigkeit ist eher selten und beträgt 5 bis 10 Neuerkrankungen/1 Mio. Einwohner/Jahr. Sie ist jedoch die häufigste arteriovenöse spinale Malformation (80%).

Mit einem Verhältnis von 5:1 tritt die SDAVF häufiger bei Männern, als bei Frauen auf und manifestiert sich häufig zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr.

3. Ätiologie

Die genaue Ursache der Erkankung ist noch unbekannt. Es wird jedoch angenommen, dass es sich um eine erworbene Gefäßmalformation handelt.

4. Pathophysiologie

Es kommt zu einer kleinen arteriovenösen Kurzschlussverbindung zwischen einer duraversorgenden, radikulomeningealen Arterie und der das Rückenmark drainierenden Oberflächenvene. Die Fehlverbindung ist dort lokalisiert, wo die radikuläre Vene die Dura mater durchbohrt, also in enger Nachbarschaft zur Nervenwurzel. Arterien, die das Rückenmark versorgen, sind nicht an dieser Gefäßmalformation beteiligt.

Die Arterialisierung der Vene erfolgt entgegen der physiologischen venösen Stromrichtung rückenmarkswärts. Der dadurch entstehende erhöhte Druck im venösen System bedingt die Aufweitung der spinalen Venen oft über weite Strecken hinweg. Folge ist eine Stauungsmyelopathie. Zusätzlich kommt es durch den venösen Rückstau zu spinalen Ödemen, die zu der charakteristischen progredienten und teilweise belastungsabhängigen Symptomatik führen. Im Langzeitverlauf kommt es zur subakuten bzw. chronischen Infarzierung des Rückenmarks.

5. Lokalisation

Die spinale durale AV-Fistel kann prinzipiell in allen Segmenthöhen auftreten. Mehr als 75 % der Fälle liegen im mittleren Thorakalbereich und im oberen Lumbalbereich. Selten betrifft sie die mittlere und untere Zervikalregion. Zudem ist die spinale dAVF meist eine singulär vorkommende Gefäßmalformation. Multiple Fisteln am Spinalkanal sind eine Rarität.

6. Symptome

Die Frühsymptome sind oft sehr unspezifisch und bestehen aus:

  • Muskelschwäche mit Um- oder Einknicken der Beine (30 %)
  • Gefühlsstörungen mit Taubheitsgefühl und verändertem Temperaturempfinden(35 %)
  • Rückenschmerzen (20 %)
  • Beinschmerzen (5 %)
  • Schmerzen einzelner Muskeln (10 %)

Im Verlauf von Monaten bis wenigen Jahren manifestiert sich das typische fluktuierende Querschnittssyndrom, das zu Beginn oft belastungsabhängig auftritt. Meist ist es schmerzlos und bildet sich anfangs noch spontan wieder zurück (vaskuläre spinale Claudicatio).

Die Symptomatik ist jedoch langsam progredient, sodass im Verlauf neurologische Ausfälle persistieren können:

Im Unterschied zu anderen spinalen AV-Malformationen führen spinale durale AV-Fisteln jedoch nicht zu spinalen Blutungen.

7. Diagnose

  • Magnetresonanztomographie (MRT): Es zeigt sich eine multisegmentale Rückenmarksläsion mit erweiterten Oberflächengefäßen.
    • Der innere Bereich des Rückenmarks ist in T1w leicht hypo-, in T2w deutlich hyperintens als Ausdruck eines zentromedullären Ödems.
    • Eine irreguläre Kontrastanhebung in T1w kann vorkommen als Zeichen der subakuten Infarzierung.
    • In fortgeschrittenen Stadien oder als Folge einer Therapie nimmt die Schwellung wieder ab, und es resultiert ein atrophisches Mark.
    • Die erweiterten Venen an der Rückenmarksoberfläche und im Liquor sind in T2w-Sequenzen als signalleere lineare oder geschlängelte Strukturen zu erkennen.
    • Nach Kontrastmittelgabe stellen sich die Oberflächenvenen deutlich signalreich auf den kontrastangehobenen T1-gewichteten Aufnahmen dar.
  • Myelographie: nur noch in Ausnahmefällen (z.B. bei Kontraindikationen für MRT) indiziert.
  • Liquorpunktion(LP): zur differentialdiagnostischen Abklärung.
    • Es zeigt sich eine leichte Pleozytose und moderate Eiweißerhöhung.
  • selektive spinale Angiographie (DSA): zur endgültigen Diagnose und exakten Lokalisation der Fistel.

8. Differenzialdiagnosen

Es gibt eine Reihe an Erkrankungen, die dem Krankheitsbild der spinalen duralen AV-Fistel ähneln.

9. Therapie

Der Behandlungserfolg bei der spinalen duralen AV-Fistel hängt maßgeblich von einer frühzeitigen Diagnosestellung ab.

Im Fokus der Therapie steht die endovaskuläre Embolisation (z.B mit Histoacryl) oder der operative Verschluss der Fistel.

10. Prognose

Unbehandelt ist die Prognose schlecht. Die spinale durale AV-Fistel mündet fast immer in eine irreversible Paraplegie. Sehr viel seltener betrifft die Erkrankung das zervikale Rückenmark. Betroffene Patienten dieser Form können eine Tetraplegie und Atemstörung erleiden. Nach therapeutischer Ausschaltung der Fistel kann mit einer Stabilisierung des klinischen Befundes gerechnet werden. In einigen Fällen zeigt sich zudem eine Rückbildungstendenz v.a. der motorischen Ausfälle und in einigen Fällen der Sensibilitätsstörungen.

11. Quellen

  • Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (2008)[1] zuletzt abgerufen am 14.9.2020
  • Der arteriovenöse Kurzschluss in der Dura mater des Spinalkanals: Eine behandelbare, wenig bekannte Ursache einer Querschnittlähmung des älteren Patienten. Thron, Armin; Mull, Michael; Gilsbach, Joachim (2003)

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Dr. Frank Antwerpes
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