Presbyakusis
Synonyme: altersbegleitende Schwerhörigkeit, Altersschwerhörigkeit, Altershörigkeit
Englisch: presbycusis, age-related hearing loss
Definition
Unter der Presbyakusis versteht man die mit zunehmendem Alter auftretende Verschlechterung des Hörvermögens im Vergleich zur Normalhörigkeit.
Hintergrund
Dass im zunehmenden Alter die hohen Töne häufig schlechter gehört werden, ist eine von Zwaardemaker 1891 publizierte Beobachtung. Er führte seine Untersuchungen mit hochfrequenten Galton-Pfeifen an älteren Menschen im Vergleich zu jüngeren Personen durch - einfach unter der Annahme, dass Jugendliche normalhörig seien.
Der Begriff Altersschwerhörigkeit ist insofern irreführend, als dass es sich eher um eine "Abnutzungsschwerhörigkeit" handelt. Nach Hörmessungen bei den Ureinwohnern Australiens stellt man z.B. fest, dass die Hörfähigkeit im Alter bei weitem nicht so stark eingeschränkt ist, wie in den Industrieländern. Ältere Aborigines hören sozusagen noch jugendlich gut. Daraus lässt sich schließen, dass unsere Ohren wahrscheinlich einfach nur weniger ruhen und eine größere Abnutzung unserer Haarzellen entsteht.
Ätiopathogenese
Ursache der Presbyakusis sind endogene und exogene Faktoren. Zusätzlich spielen genetische Einflüsse eine Rolle. Die Alterung des Innenohres ist durch Hypoxie, Ischämie, oxidativen Stress, Zelltod und mitochondriale Mutationen gekennzeichnet. Das Mittelohr ist nur in geringem Umfang von Alterungsprozessen betroffen.
Als potentiell negative exogene Einflussfaktoren gelten Lärm, Rauchen, Übergewicht, ototoxische Medikamente und Chemikalien sowie Infektionen. Als positive Einflussfaktoren gelten Körpergröße und Verzicht auf Alkoholkonsum.[1]
Im Laufe der Zeit kommt es vor allem zu degenerativen Veränderungen im Bereich des Corti-Organs, weniger zu Veränderungen im Bereich des Hörnerven bzw. des Ganglion spirale oder im Bereich der auf- und absteigenden Hörbahn und des auditiven Kortex.
Epidemiologie
Weltweit sind etwa 400 Mio. Menschen betroffen. Über 30% der Patienten sind über 70 Jahre alt. Schätzungsweise werden im Jahr 2050 weltweit etwa 900 Mio. betroffen sein.
Klinik
Die betroffenen Patienten berichten über eine auf beiden Ohren auftretende Verminderung des Hörvermögens. Vor allem hohe Töne werden schlechter gehört, das Sprachverständnis ist herabgesetzt (vor allem bei mehreren Gesprächspartnern) mit Diskriminationsverlust (Cocktailparty-Effekt). Zusätzlich kann ein Ohrgeräusch (Tinnitus) empfunden werden. Es besteht eine erhöhte Lärmempfindlichkeit durch positives Recruitment (eingeschränkter Dynamikbereich; Unbehaglichkeit in geräuschvoller Umgebung) mit Herabsetzung der Unbehaglichkeitsschwelle ("Uncomfort-Level", UCL).
Eine zusätzliche Problematik der Presbyakusis ist die von ihr unabhängig im Alter auftretende begleitende Affektion von Kognition und Aufmerksamkeit, die das Sprachverständnis erschwert (s.a. zentrale Sprachverarbeitung). In lauter Umgebung nimmt die kognitive Kapazität ("cognitive spare capacity", CSC) von älteren Menschen unabhängig vom verfügbaren Arbeitsspeicher des Gehirns schneller ab.
Diagnostik
Im Audiogramm zeigt sich ein Hörverlust vor allem im hohen Frequenzbereich. Im Sprachaudiogramm lässt sich ein Diskriminationsverlust nachweisen. Der SISI-Test ist positiv.
Therapie
Die Therapie besteht in der Verordnung eines Hörgerätes, wenn die Schwerhörigkeit stark ausgeprägt ist. Ein Tinnitus-Noiser kann das subjektive Ohrgeräusch verdrängen.
Prophylaxe
Das Vermeiden von Lärm sowie ggf. eine Anwendung von Gehörschutz können prophylaktisch wirken.
Quellen
- ↑ Qian P, Zhao Z, Liu S, Xin J, Liu Y, Hao Y, Wang Y, Yang L. Alcohol as a risk factor for hearing loss: A systematic review and meta-analysis. PLoS One. 2023 Jan 20;18(1):e0280641. doi: 10.1371/journal.pone.0280641. PMID: 36662896; PMCID: PMC9858841.
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