Polyglutamin-bindendes Protein 1
Englisch: 38 kDa nuclear protein containing a WW domain, Npw38, polyglutamine tract-binding protein 1
Definition
Das Polyglutamin-bindende Protein 1, kurz PQBP1, bindet die Polyglutaminbereiche anderer Proteine. Es handelt sich um ein intrinsisch ungeordnetes Protein, das sich im Zellkern und in zytosolischen Stressgranula befindet.
Genetik
Das PQBP1–Gen ist auf dem X-Chromosom an Genlokus Xp11.23 kodiert.
Biochemie
PQBP1 zählt zu den intrinsisch ungeordneten Proteinen (IDPs). Bei IDPs haben wesentliche Teile des Moleküls keine fixe Tertiärstruktur, sondern bestehen aus flexiblen Peptidketten. Während der C-Terminus von PQBP1 keine spezifische Faltung aufweist, befindet sich im N-terminalen Bereich eine WW-Domäne, die Prolin-reiche Abschnitte in anderen Proteinen bindet. Zudem treten mehrere kurze Wiederholungen (engl. repeats), bestehend aus zwei oder vier Aminosäuren auf, die viele polare Reste enthalten. Sie sind entscheidend für die Interaktion mit dem Polyglutaminbereich. Die nukleäre Lokalisation wird durch ein putatives Kernlokalisierungssignal gesteuert.
Funktion
PQBP1 hat verschiedene Funktionen:
- Regulation des Splicings: PQBP1 bindet viele Splicing-Faktoren über die intrinsisch ungeordnete Region und reguliert darüber das alternative Splicing der prä-mRNA.
- Neurogenese: PQBP1 bindet den Transkriptionsfaktor Brn-2, der eine entscheidende Rolle bei der neuronalen Differenzierung spielt. Die Interaktion basiert auf dem Polyglutaminbereich von Brn-2 und verhindert die transkriptionelle Aktivierung der Zielgene.
- Unspezifisches Immunsystem: PQBP1 fungiert als Sensor für Infektionen mit Retroviren (z.B. HIV). Das Protein detektiert die revers-transkribierte DNA im Zytosol und aktiviert über den cGAS-STING-Signalweg die Produktion von Interferonen.
- Bildung von Stressgranula: Über die intrinsisch ungeordnete Region kann PQBP1 spontan Proteinaggregate bilden. Diese sind in der Regel reversibel, können aber unter pathogenen Bedingungen in einen irreversiblen Zustand übergehen.
Klinik
Mutationen im PQBP1-Gen sind Auslöser für das Renpenning-Syndrom, eine seltene Krankheit, die unter anderem durch geistige Retardierung, Mikrozephalie und Kleinwuchs gekennzeichnet ist. Patienten, die am Renpenning-Syndrom leiden, haben durch die gestörte PQBP1-Funktion ebenfalls eine eingeschränkte Immunabwehr gegenüber Retroviren wie HIV.
Polyglutaminerkrankungen sind durch eine Expansion der Polyglutaminbereiche innerhalb bestimmter Proteine gekennzeichnet, z.B. Ataxin-1 oder Huntingtin. Die Expansion führt zu einer verstärkten Bindung an PQBP1 und resultiert in einer pathogenetisch relevanten Funktionsstörung.
PQBP1 spielt ebenfalls eine Rolle bei neurodegenerativen Tauopathien wie der Alzheimer-Krankheit. Es fungiert als intrazellulärer Rezeptor und bindet die Tau-Proteine über die WW-Domäne. Die Aktivierung von PQBP1 steht dabei im Zusammenhang mit Entzündungsreaktionen im Gehirn.
Quellen
- uniprot.org - PQBP1, abgerufen am 14.02.2022
- Jin et al. Tau activates microglia via the PQBP1-cGAS-STING pathway to promote brain inflammation Nat Commun 2021
- Okazawa PQBP1, an intrinsically disordered/denatured protein at the crossroad of intellectual disability and neurodegenerative diseases Neurochem Int 2018
- Waragai et al. PQBP-1, a Novel Polyglutamine Tract-Binding Protein, Inhibits Transcription Activation By Brn-2 and Affects Cell Survival Hum Mol Genet 1999
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