Patellaspitzensyndrom
Synonyme: Patellarsehnenentzündung, Patellarspitzensyndrom, Springerknie, Tendinopathie der Patella
Englisch: jumper's knee, patellar tendinitis
Definition
Das Patellaspitzensyndrom, kurz PSS, ist eine schmerzhafte Überlastungsreaktion am Knochen-Sehnen-Übergang (Insertionstendopathie) im Bereich der Kniescheibe (Patella).
Epidemiologie
Exakte Angaben zur Prävalenz fehlen, da Sportverletzungen und Überlastungsreaktionen nicht systematisch dokumentiert werden. Im deutschen Basketball ist das Patellaspitzensyndrom als häufigste Überlastungssymptomatik anerkannt.
Riskofaktoren
Risikofaktoren für ein Patellaspitzensyndrom sind u.a.:
- Erhöhtes Körpergewicht bzw. hoher BMI
- Beinlängendifferenz (längeres Bein häufiger betroffen)
- Patella alta
- angeborene Bandschwäche
- falsch adaptiertes Training
- falsche Bodenbeschaffenheit
Ätiologie
Als Ursache des Patellaspitzensyndroms kommen immer wiederkehrende bzw. ungewohnte Zugbelastungen bzw. Zugbewegungen der Patellasehne in Frage. Auch abrupte Beschleunigungen und Richtungswechsel sind verantwortlich. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Frequenz der Belastungen.
Symptom
Es kommt zu meist einseitigem Belastungsschmerz bei normalen Bewegungen (z.B. Treppensteigen) am unteren Patellapol bzw. am proximalen Abschnitt der Patellasehne. Sie können sich bis in den Bereich der Tuberositas tibiae erstrecken.
Klassifikation
Die Klassifikation nach Roels teilt das Patellaspitzensyndrom in unterschiedliche Schweregrade ein:
- Grad 1: Schmerzen treten nach Beendigung der Belastung auf
- Grad 2: Schmerz bei Beginn der Belastung, während der Belastung schmerzfrei, nach Beendigung der Belastung Schmerz wieder vorhanden
- Grad 3: Andauernder Schmerz
- Grad 4: Patellarsehnenruptur
In der Fachliteratur wird auch der Einsatz des VISA-Scores, eines fragebogenbasierten Bewertungssystems, zur Ermittlung des Schweregrades beschrieben. Dieser Ansatz umfasst die Erhebung von Daten zu Symptomen, die Durchführung funktioneller Tests und die Bewertung der sportlichen Leistungsfähigkeit, wobei jedem Aspekt Punkte zugeordnet werden.
Differentialdiagnosen
Als Differentialdiagnosen kommen unter anderem folgende Erkrankungen in Betracht:
- Morbus Sinding-Larsen-Johansson: aseptische Nekrose des unteren Patellapols
- Morbus Osgood-Schlatter: aseptische Nekrose der Tuberositas tibiae
- Entrapment des Hoffa-Fettkörpers
- retropatellarer Knorpelschaden
- Plica-Symptomatik
- Bursitis infrapatellaris
- Bursitis praepatellaris
- Meniskuspathologien des Vorderhorns
- Maltracking der Patella
Prävention
Die Vorbeugung des Patellaspitzensyndroms zielt auf eine Minimierung der Risikofaktoren. Sie umfasst u.a.:
- Trainingssteuerung: Eine sorgfältige Planung der Trainingsdauer und -intensität mit Berücksichtigung regenerativer Phasen
- Spezielles Training zur Stärkung der Muskulatur, die das Kniegelenk stabilisiert
- Exzentrisches Training und Dehnung, Training auf geneigtem Untergrund
- Adäquates Warm-up und Flossing
- Taping (kinesiologisch): Kann unterstützend wirken, um die Belastung der Patellasehne zu reduzieren und die propriozeptive Wahrnehmung zu verbessern.
- Bandagen: Bieten zusätzliche Stabilisierung
- Tragen weicher Einlagesohlen: Hilft, den Aufprall während des Gehens oder Laufens zu dämpfen und die Belastung der Patellasehne zu reduzieren.
- Adäquate Behandlung und Ausheilung von Vorverletzungen
Therapie
Konservativ
- Sofortiges Beenden der Belastungssituation (6 Wochen mindestens bis zu 3 Monaten), danach Belastung langsam steigern
- Therapeutischer Einsatz von Wärme, Kälte, Elektrostimulation oder Ultraschall
- Massage
- Krankengymnastik
- Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT)
- Medikamente: NSAR, wie Ibuprofen oder Diclofenac, ggf. lokale Instillation von Glukokortikoiden (nicht in die Sehne)
Operativ
Die operative Behandlung im Rahmen einer Arthroskopie erfolgt erst, wenn konservative Maßnahmen keinen Erfolg bringen. In Frage kommt die Entfernung von entzündlich verändertem Sehnengleitgewebe oder Sehnenanteilen.
Literatur
- Harrisons Innere Medizin. Suttorp N, Möckel M, Siegmund B, Dietel M, Hrsg. 20. Auflage. Berlin: ABW Wissenschaftsverlag; 2020. doi:10.1055/b000000107
- Referenz Orthopädie und Unfallchirurgie – Knie. Roth A, Fürmetz J, Böcker W, Hrsg. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2022. doi:10.1055/b000000113
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