Ovarialzystensyndrom (Katze)
Synonyme: OZS, Ovarialzysten-Syndrom
Definition
Das Ovarialzystensyndrom ist ein Krankheitsbild der Katze, das eng mit dem anovulatorischen Zyklus verbunden ist.
Vorkommen
Das Ovariazystensyndrom tritt unabhängig vom Alter der Katzen auf.
Physiologie
Am ersten Tag des Östrus besitzen die Follikel einen Durchmesser von ca. 1,0 mm. Pro Tag nehmen sie etwa um 0,2 bis 0,4 mm an Größe zu, sodass sie am Ende des Östrus eine Größe von 2,6 bis 3,2 mm erreicht haben. In seltenen Fällen können physiologische Follikel im Östrus einen Durchmesser von ≥ 3,5 mm aufweisen. Unter normalen endokrin-nervalen Regulationsverhältnissen und ohne Kopulation verkleinert sich dann der Follikeldurchmesser um 0,1 mm pro Tag.
Welche Faktoren letztendlich zur Atresie der Follikel im anovulatorischen Zyklus führen, ist noch (2021) nicht hinreichend untersucht. Aus diesem Grund kann auch noch nicht genau gesagt werden, welche Fehlregulation in diesem Ablauf zu einem weiteren Follikelwachstum und letztendlich auch zur Bildung von Zysten (Blasen ≥ 3,5 mm) führt.
Ätiologie
Da das Ovarialzystensyndrom eng mit dem anovulatorischen Zyklus auftritt, gibt es eine Vielzahl an möglichen endokrin-nervalen Fehlsteuerungen, die letztendlich zur Ausbildung von Zysten führt. Anhand der Ätiologie muss daher zwischen
- intraovarialen und
- extraovarialen Faktoren unterschieden werden.
Deutlich häufiger entstehen Ovarialzysten in Zusammenhang mit Uteropathien (v.a. Pyometra, Endometritis und Polypen). Bei rund 43 % dieser Katzen können Follikel oder follikuläre Strukturen mit oder ohne Gelbkörper (Corpora lutea) auf den Ovarien nachgewiesen werden.
Intraovariale Auslöser
Zu den intraovarialen Faktoren gehören:
- gestörter intraantraler Metabolismus
- nicht-ausreichend präformierte Ovulationsstelle (Wandverdünnung)
- zu hohe Dichte an intraantralen FSH- und LH-Rezeptoren
Extraovariale Auslöser
Zu den extraovarialen Faktoren gehören:
- chronische Sekretion von FSH
- photoperiodisch-saisonale Einflüsse
- verminderte Dichte an LH-Rezeptoren in der Follikelwand (unklar)
- verminderte LH-Synthese (unklar)
Pathogenese
Intraovariale Auslöser
Bei einem gestörten intraantralem Metabolismus kommt es zu einer ungenügenden oder fehlregulierten Hormonsythese, die dann zu Veränderungen der Follikelwand führt. Hinzu kommen mechanische Faktoren in Form einer nicht ausreichend präformierten Ovulationsstelle, die durch eine zusätzlich Wandverdünnung in der Follikeloberfläche gekennzeichnet ist.
Zusätzlich hängt das Follikelwachstum von der intraantralen Rezeptordichte für FSH und LH ab. Bei einer überdurchschnittlich hohen FSH-Rezeptordichte kann es zu einem progressiven Wachstum der Follikel während des Östrus und auch darüber hinaus kommen.
Extraovariale Auslöser
Bei manchen Katzen kommt es zu einer chronischen Sekretion von FSH über den vorprogrammierten Atresiezeitpunkt der Follikel hinaus. Oftmals führen auch photoperiodische und saisonale Einflüsse zu einer veränderten Hormonbildung. Klinische Beobachtungen weisen darauf hin, dass das Ovarialzystensyndrom vermehrt gegen Ende der sexualaktiven Phase (gleichzeitig abnehmende Tageslichtlänge) auftritt.
Ein gestörtes FSH-LH-Verhälntis prädisponiert ebenfalls für die Entstehung eines Ovarialzystensyndroms. Hierbei sind aber vermehrt sexualaktive Katzen betroffen, da die LH-Freisetzung von der Kopulationsfrequenz abhängt. Durch die unphysiologische LH-Freisetzung kommt es dann nicht zu einer Ovulation, sondern zu einer Follikelatresie oder zur Bildung von Ovarialzysten.
Verlaufsformen
Aufgrund des besonderen Sexualzyklus treten bei der Katze verschiedene Verlaufsformen des Ovarialzystensyndroms auf:
- polyzystisches Syndrom
- oligozystisches Syndrom
- solitäre Zyste
- Zystenbildung bei Ovarian-Remnant-Syndrom
Verlaufsform | Befunde |
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polyzystisches Syndrom: |
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oligozystisches Syndrom: |
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solitäre Zyste: |
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Ovarian-Remnant-Syndrom: |
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Klinik
Katzen, bei denen sich nach ausbleibender Ovulation multiple Zysten gebildet haben, leiden an den typischen Symptomen einer Dauerrolligkeit (Daueröstrus). Das klinische Bild wird häufig bei folgenden Katzen beobachtet:
- sehr junge Katzen (Störungen der pubertären Reife)
- Katzen, die sich im ausklingenden Stadium der saisonal gebundenen Sexualperiodik befinden
- Katzen, die sich im fortgeschrittenen Alter befinden (Nachlassen der regulären Ovaraktivität)
Erkrankte Katzen sind unruhig, ständig deckbereit und magern ab. Ihr Haarkleid wird mit der Zeit struppig und ihre Vulva und Vestibularschleimhaut sind ödematisiert. Aufgrund des hormonellen Einflusses entwickelt sich im Verlauf auch ein leichter Vaginalausfluss.
Differenzialdiagnosen
- endokrin aktiver oder inaktiver Ovartumor
- Uteropathien
- Vaginaltumor
Diagnose
Die Diagnose wird mittels Vaginalzytologie (spiegelt das prolongierte östrische Geschehen im Aufbau der Vaginalschleimhaut wider) und Ultraschalluntersuchung gestellt.
Therapie
Bei Katzen mit ausgeprägter Klinik und Daueröstrus, die nicht zur Zucht eingesetzt werden sollten, empfiehlt sich die Ovariohysterektomie. Bei Zuchtkatzen kann eine konservative Behandlung versucht werden.
Liegen ein polzystisches Syndrom oder eine solitäre Zyste vor, kann durch das Auslösen eines mechanischen Reizes (z.B. mittels sterilen Tupfern) im Fornixbereich der Vagina eine LH-Freisetzung provoziert werden. Der Reiz ist im Abstand von mehreren Stunden zu wiederholen. Zusätzlich ist eine Hormonbehandlung mit hCG (250 bis 500 I.E.) oder GnRH (0,2 µm/kgKG) indiziert. Bei einem oligozystischen Syndrom mit begleitenden Gelbkörpern (ohne Uteropathien) sollte eine Hormontherapie (Monotherapie oder in Kombination mit mechanischer Reize) mit hCG oder GnRH durchgeführt werden.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Der Therapieerfolg ist sonographisch mehrfach (in 1- bis 3-tägigen Abständen) zu kontrollieren. Alternativ kann auch eine Progesteronbestimmung durchgeführt werden:
- < 1 ng/ml = negatives Therapieergebnis
- > 1 ng/ml = Bildung von Corpora lutea
Die Hormontherapie kann 1 bis 3x wiederholt werden. Bei ausbleibendem Therapieerfolg ist eine chirurgische Intervention notwendig (entweder einseitige Ovarektomie oder Ovariohysterektomie).
Literatur
- Günzel-Apel A, Bostedt H (Hrsg.). 2016. Reproduktionsmedizin und Neonatologie von Hund und Katze. Mit 250 Abbildungen und 150 Tabellen. Stuttgart: Schattauer GmbH. ISBN: 978-3-7945-2249-1
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