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Tangier-Krankheit

(Weitergeleitet von Morbus Tangier)

Synonyme: ATP-binding cassette-Transporter A1-Defekt, Analphalipoproteinämie
Englisch: Tangier disease

1. Definition

Die Tangier-Krankheit ist eine äußerst seltene Erbkrankheit, die zu den Orphan diseases zählt. Der Gendefekt löst eine Störung des Fettstoffwechsels aus und ist gekennzeichnet durch eine vermehrte Cholesterinspeicherung in Körperzellen. Sie gehört damit zu den Lipidspeicherkrankheiten.

2. Epidemiologie

Es handelt sich um eine sehr seltene Erbkrankheit handelt mit einer geschätzten Prävalenz von < 1/1.000.000. Bisher sind weltweit ca. 100 Fälle beschrieben.

3. Ätiologie

Die Tangier-Krankheit entsteht durch Mutationen in dem ABCA1-Gen auf Chromosom 9 (Genlocus 9q31). Dieses Gen kodiert für das ABCA1-Transportprotein, das die Ausschleusung von Cholesterin und Phospholipiden aus den Zellen erleichtert.[1]

Durch diesen Defekt kann Cholesterin nicht zusammen mit dem Apolipoprotein A-I (ApoA-I) zur Bildung von High Density Lipoproteinen (HDL) beitragen, wodurch ApoA-I sofort aus dem Blut entfernt wird. Dies führt zu extrem niedrigen Plasmaspiegeln von HDL-Cholesterin und zu einer vermehrten Cholesterinspeicherung in den Zellen des retikulohistiozytären Systems.

Die Tangier-Krankheit wird klinisch autosomal-rezessiv, biochemisch jedoch autosomal-kodominant vererbt, da Heterozygote halbnormale Spiegel von HDL-Cholesterin und Apo A-I aufweisen.

4. Symptome

Das Leitsymptom der Tangier-Krankheit sind gelb-orange Hautflecken, die sich überwiegend auf den lymphatischen Organen der Mund- und Rachenhaut befinden. Speziell die Tonsillen sind von den Verfärbungen betroffen und können vergrößert sein.

Zu den etwas selteneren Symptomen zählen die Vergrößerung von Leber, Milz und Bauchspeicheldrüse. Neurologische Manifestationen sind eine intermittierende periphere Neuropathie (Mononeuritis multiplex mit Hypästhesien und Paresen der Arme oder Beine) oder Syringomyelie-ähnliche Störungen. Diese sind zwar meist rückläufig, können aber im Krankheitsverlauf immer wieder auftreten.

Die verminderte Anwesenheit von HDL-Cholesterin trägt außerdem zur Entstehung von Arteriosklerose bei, in dessen Verlauf es zu einer koronaren Herzkrankheit, Hornhauttrübungen oder anämischen Blutbildveränderungen kommen kann.

5. Diagnose

Wegweisend sind bei der Diagnose vor allem die bereits im Kindesalter auftretenden gelb-orangen Schleimhautverfärbungen. Sind die Mandeln entfernt worden, lassen sich kleine, etwa 1-2 mm große Flecken in der Schleimhaut des Afters finden.

Typischer Laborbefund der Tangier-Krankheit ist die Kombination aus erniedrigtem HDL-Cholesterin (< 5 mg/dl) und erniedrigtem Apolipoprotein A-I (< 5 mg/dl). Begleitend können Triglyzeride erhöht und das LDL- sowie das Gesamtcholesterin vermindert sein. Auch eine Anämie und eine Thrombozytopenie sind möglich.

Eine Nervenbiopsie kann bei neurologischen Beschwerden erforderlich sein und zeigt meist den Rückgang von myelinisierten und nicht-myelinisierten Axonen, wobei in der Regel einzelne, periphere Nerven betroffen sind.

Durch eine humangenetische Untersuchung kann der klinische Verdacht auf das Vorliegen des Gendefekts bestätigt werden.

6. Differenzialdiagnosen

7. Therapie

Kausale oder spezifische Therapiemethoden zur Behandlung der Tangier-Krankheit existieren derzeit (2019) nicht. Eine fettarme Ernährung wird allgemein empfohlen.

8. Prognose

Die Prognose ist abhängig von der Progression der neurologischen Symptomatik und der therapeutischen Risikoreduktion von kardiovaskulären Komplikationen.

9. Quellen

  1. Genetics Home References. Eintrag Tangier disease, abgerufen am 23.08.16

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