Lokalanästhetika-Intoxikation
Englisch: local anesthetic systemic toxicity, LAST, local anaesthetic poisoning
Definition
Die Lokalanästhetika-Intoxikation, kurz LAST, bezeichnet eine akute, potenziell lebensbedrohliche Vergiftung durch eine übermäßige systemische Aufnahme von Lokalanästhetika. Die Toxizität manifestiert sich hauptsächlich in zentralnervösen und kardiovaskulären Symptomen.
Epidemiologie
Eine Intoxikation mit Lokalanästhetika ist sehr selten. Die Inzidenz beträgt bei
- Epiduralanästhesie: 1 - 10 / 100.000
- peripheren Nervenblockaden: 100 - 200 / 100.000
Pathophysiologie
Die Intoxikation führt zur Blockade spannungsabhängiger Natriumkanäle im ZNS und Herzen.
Ursachen
- Versehentliche intravaskuläre Injektion
- Überdosierung bzw. Überschreiten der Maximaldosis
- Zu schnelle Aufnahme des Medikaments in den Kreislauf, insbesondere bei Injektionen in gut vaskularisierte Gebiete
Risikofaktoren
Anwenderseitig
- Nutzung potenter, lipophiler Lokalanästhetika (z.B. Bupivacain, Ropivacain)
- Nervenblockaden und kontinuierliche Katheter-Infusionen
- Injektionsstellen mit schneller Resorption
Patientenseitig
- kardiale Vorerkrankungen, Diabetes mellitus, Nerven-, Nieren- oder Lebererkrankungen.
- sehr hohes und sehr junges Lebensalter
- weibliches Geschlecht
- Schwangerschaft
Symptome
Charakteristische Erstsymptom einer Lokalanästhetika-Intoxikation sind periorale Taubheit, metallischer Geschmack, Krampfanfälle und potenziell tödliche Herzrhythmusstörungen.
Zentrales Nervensystem (ZNS):
- Metallischer Geschmack
- Periorale Taubheit
- Verwirrtheit
- Tinnitus
- Tremor
- Myoklonien
- Muskelkrämpfe
- Nausea
- Vigilanzminderung
- Hypakusis
- Sehstörungen insb. Farbsehstörung
- Krampfanfälle (in schweren Fällen)
Kardiovaskuläres System
- Hypotonie
- Bradykardie oder Tachykardie
- Arrhythmien
- Herzstillstand (in schweren Fällen)
Therapie
Erste therapeutische Maßnahme ist der sofortige Stopp der Lokalanästhetikazufuhr. Danach folgt die Behandlung von Komplikationen wie Krampfanfällen und Arrhythmien, ggf. bis hin zur Reanimation. Die Oxygenierung ist dabei sicherzustellen.
Als unspezifisches Antidot wird frühzeitig und rasch eine 20%ige Lipidemulsion infundiert, vor allem bei schweren LAST-Ereignissen. Dadurch kommt es zu einer schnelleren Rückverteilung der Lokalanästhetika aus dem Myokard und dem Nervengewebe in den Intravasalraum. Diese Maßnahme wird auch als Lipid Rescue bezeichnet.
Quellen
- Wiesmann T, Schubert A-K, Volk T, Kubulus C, Zausig Y, Graf BM et al: S1-Leitlinie: Prävention & Therapie der systemischen Lokalanästhetika-Intoxikation (LAST). Aktualisierte Handlungsempfehlungen der DGAI. Anästh Intensivmed 2020;61:225–238. DOI: 10.19224/ai2020.225 [1]
- Dickerson DM, Apfelbaum JL. Local anesthetic systemic toxicity. Aesthet Surg J. 2014 Sep;34(7):1111-9. doi: 10.1177/1090820X14543102. Epub 2014 Jul 15. PMID: 25028740. [2]
- Zink W, Ulrich M: Klinische Anwendung und Toxizität von Lokalanästhetika. Anästh Intensivmed 2018;59:716-728. DOI: 10.19224/ai2018.716 [3]