Kryoglobulin
von altgriechisch: kryos - kalt
Englisch: cryoglobuline
Definition
Kryoglobuline sind Immunglobuline oder Komplexe aus Immunglobulinen, die bei einer Abkühlung des Plasmas oder Serums unter 37°C unlöslich werden und dabei Aggregate oder gelartige Strukturen bilden. Bei Erwärmung über 37°C gehen sie wieder in Lösung. Bei dem Begriff handelt es sich um eine rein phänomenologische Beschreibung.
Kryoglobuline sind die Auslöser der Kryoglobulinämie.
Einteilung
Kryoglobuline können grob in monoklonale (Typ1) und gemischte (Typ 2 und 3) Kryoglobuline unterschieden werden. Bei letzteren handelt es sich um Immunkomplexe.
- Typ-1-Kryoglobuline: Sie bestehen aus monoklonalem IgG, IgM oder IgA, mitunter auch aus freien L-Ketten (Bence-Jones-Proteine). Vorkommen unter anderem bei multiplem Myelom oder Morbus Waldenström.
- Typ-2-Kryoglobuline: Hier handelt es sich um Komplexe aus monoklonalem IgM oder IgG und ein oder zwei polyklonalen Immunglobulinen. Sie stellen gemischte Kryoglobuline dar, die bei myeloproliferativen Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen vorkommen. Auch bei einer Hepatitis C kann der Typ 2 auftreten.[1]
- Typ-3-Kryoglobuline: Typ-3-Kryoglobuline sind Komplexe aus polyklonalem IgG und IgM. Sie treten bei Autoimmunerkrankungen (z.B. SLE) und Infektionskrankheiten (u.a. Mononucleosis infectiosa) auf. Besonders häufig sind sie bei chronischer Hepatitis C.[2]
Labormedizin
Methode
Die einfachste Methode, Kryoglobuline festzustellen, ist die Kühlinkubation. Das Patientenserum wird bei Kühlschranktemperatur aufbewahrt und beobachtet, ob sich Ausflockungen oder Präzipitate bilden. Wenn dies der Fall ist, kann durch Zentrifugation noch der so genannte Kryokrit bestimmt werden.
Zur genauen Durchführung dieser Untersuchung existieren sehr unterschiedliche Versionen, selbst in der wesentlichen Frage, wie lange die Kühlinkubation durchgeführt wird, unterscheiden sich die Literaturangaben von 24 Std. bis 7 Tagen.
Um valide Ergebnisse zu erhalten, muss die Patientenblutprobe bis zur Zentrifugation und Abtrennung des Serums bei 37°C gehalten werden (Warmblutprobe). Der Patient darf nicht mit Heparin behandelt werden, und das Blut darf nicht aus heparinisierten Kathetern abgenommen werden, da Heparin die Diagnostik stört.
Material
Für die Diagnostik werden 10 ml Vollblut ohne Zusatz benötigt.
Referenzbereiche
- Kryokrit < 0,4%
- Kryoglobuline < 8mg/dl
Interpretation
Erhöhte Werte deuten auf folgende Krankheitsbilder hin:
- monoklonale Kryoglobuline bei:
- polyklonale Kryoglobuline bei:
- idiopathisch (häufigste Form)
- Autoimmunerkrankungen (z.B. Kollagenosen, Vaskulitiden)
- Leber- oder Nierenerkrankungen können auch passager symptomatische Kryoglobuline induzieren
- Hepatitis C (bei 50% der HCV-Patienten ist eine Kryoglobulinämie nachweisbar)
Das Ausmaß der klinischen Symptomatik korreliert nicht zwangsläufig mit der Konzentration der Kryoglobuline.
Kommentar
Die visuelle Bestimmung von Kryoglobulinen ist nicht standardisiert und weitgehend überholt, wird aber aufgrund des geringen Laboraufwandes weiterhin durchgeführt. Da es häufig schwierig oder unmöglich ist, einen Warmtransport korrekt zu organisieren, dürften viele Bestimmungen fraglichen Wert haben.
Für die meisten Fragestellungen gibt es bessere diagnostische Methoden. Bei V. a. Immunozytom sollte eine Serum-Eiweiß-Elektrophorese durchgeführt werden, bei V. a. chronische Hepatitis eine Hepatitis-Serologie.
Literatur
- orpha.net – Kryoglobulinämische Vaskulitis, abgerufen am 08.08.2023
- Tedeschi et al., Cryoglobulinemia, Blood Reviews, 2007
- Desbois et al., Cryoglobulinemia: An update in 2019, Joint Bone Spine, 2019
Quellen
- ↑ orpha.net – Kryoglobulinämie, gemischte, Typ II, abgerufen am 08.08.2023
- ↑ orpha.net – Kryoglobulinämie, gemischte, Typ III, abgerufen am 08.08.2023