Hepatopulmonales Syndrom
Definition
Das hepatopulmonale Syndrom, kurz HPS, ist eine Trias aus Störung des pulmonalen Gasaustausches mit arterieller Hypoxämie und intrapulmonaler Gefäßdilatation ohne zugrunde liegende kardiale oder pulmonale Erkrankung im Rahmen einer bestehenden Lebererkrankung (z.B. Leberzirrhose).
Epidemiologie
Etwa 5 bis 30 Prozent der Patienten mit einer fortgeschrittenen Lebererkrankung entwickeln in ihrem Krankheitsverlauf ein hepatopulmonales Syndrom. Die Mortalität ist mit 41 Prozent über drei Jahre unabhängig von der Leberfunktion sehr hoch. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei ca. 58 Jahren.
Ätiologie
Ursache des HPS sind chronische, seltener akute Lebererkrankungen unterschiedlicher Ätiologie, wie etwa die Leberzirrhose, Fettleber, Virushepatitis oder das Budd-Chiari-Syndrom.
Pathogenese
Die Entstehung der arteriellen Hypoxämie wird mit einer Reihe unterschiedlicher, parallel ablaufender Pathomechanismen erklärt. Alle sind durch die übermäßige Vasodilatation zu erklären.
Funktionelle arteriovenöse intrapulmonale Shunts
Die Ausbildung funktioneller intrapulmonaler arteriovenöser Shunts mit einem Durchmesser von 15 bis 160 µm gilt als die wichtigste Ursache der schweren Hypoxämie und ist der charakteristische Befund beim HPS. Sie ist durch eine Vasodilatation der Shuntverbindungen bedingt, welche aus einer pathologisch hochregulierten eNOS und einem übermäßig hohen NO-Spiegel resultiert. Die NO-Konzentration in der Ausatemluft bei Patienten mit HPS beziehungsweise einer Leberzirrhose ist erhöht und kann zur Diagnose herangezogen werden. Verantwortlich für den NO-Anstieg sind letzendlich vermehrt enteral resorbierte, beziehungsweise hepatisch nicht ausreichend abgebaute Stoffe (zum Beispiel bakterielles Endotoxin, endogene vasoaktive Substanzen).
Ventilations-Perfusions-Ungleichgewicht
Ein weiterer Faktor ist die Beeinflussung der Euler-Liljestrand-Mechanismus. In schlecht ventilierten, vor allen basalen Lungenabschnitten wird die Perfusion nicht mehr durch Vasokonstriktion gedrosselt, das Blut zirkuliert durch minderbelüftete Areale und wird dementsprechend schlechter oxygeniert.
Einschränkung der Sauerstoffdiffusion
Durch die Vasodilatation haben die Kapillaren in den intrapulmonal dilatierten Gefäßen einen größeren Durchmesser. Folglich können Sauerstoffmoleküle aus den anliegenden Alveolen nicht ausreichend weit in das dilatierte Gefäß diffundieren, um die zentral im Blutstrom fließenden Erythrozyten zu erreichen und zu oxygenieren.
Symptome
Hepatische Symptome
Die hepatischen Symptome sind durch das zugrunde liegende Leberleiden begründet. Eine besondere Korrelation besteht zwischen dem Auftreten von Spider Naevi im Rahmen einer Hepatopathie und dem HPS.
Pulmonale Symptome
Die pulmonalen Symptome sind Dyspnoe, Platypnoe und Orthodeoxie.
Diagnostik
Einen ersten Hinweis auf ein HPS liefert der arterielle Sauerstoffpartialdruck (paO2). Sinkt dieser unter 80 mmHg ohne dass eine zugrunde liegende Lungen- oder Herzerkrankung nachweisbar ist, kommt ein HPS in Frage.
Echokardiographie
Die diagnostische Methode der Wahl ist die Echokardiographie: Beim sogenannten Bubble-Test wird intravenöses Kontrastmittel appliziert, welches normalerweise im pulmonalen Kapillarbett verbleibt. Aufgrund des Rechts-Links-Shunts finden sich die Blasen nach 3 bis 6 Herzschlägen im linken Herzvorhof.
Computertomographie
Bei positivem Bubble-Test dient die CT-Thorax primär dem Ausschluss einer pulmonalen AV-Malformation (pAVM). Bei HPS - aber auch bei anderen Lebererkrankungen - fällt insbesondere im Unterlappen eine Dilatation der peripheren Pulmonalarterien auf, während die zentralen Gefäße ein regelrechtes Kaliber aufweisen.[1]Das Verhältnis zwischen Segmentarterie und Segmentbronchus beträgt ≥ 2.
Weitere Diagnostik
- Röntgen-Thorax: meist normal, teilweise beidseits basale noduläre oder retikulonoduläre Verschattungen aufgrund der dilatierten peripheren Gefäße bei normaler Größe der zentralen Gefäße
- Ventilations-Perfusions-Szintigraphie mit 99mTc-MAA: Uptake von Gehirn und Niere zeigt einen AV-Shunt an, wobei nicht zwischen einem intrapulmonalen oder einem intrakardialen Shunt differenziert werden kann.
Differenzialdiagnosen
- Intrakardialer Shunt (z.B. persistierendes Foramen ovale, Vorhofseptumdefekt, Ventrikelseptumdefekt)
- pulmonale AV-Malformation: dilatierte zuführende und abführende Gefäße sowie Nidus
Therapie
Neben der Gabe von Sauerstoff kommt in schweren Fällen eine Lebertransplantation in Frage.
Des Weiteren wird versucht der Vasodilatation mit NO-Antagonisten (L-NMMA), Methylenblau, Sympathomimetika und Somatostatinantagonisten oder auch Plasmapherese zu begegnen. Der Erfolg dieser Medikamente ist jedoch nicht nachgewiesen.
Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Reduktion der Aufnahme bakterieller Endotoxine aus dem Darm, die eine große Rolle bei der Entstehung des HPS spielen. Dazu wird eine Antibiotikaprophylaxe verabreicht, wodurch eine Dekontamination des Darmes, und somit eine Reduktion der Bildung und Resorption bakterieller Endotoxine erreicht wird.
Quellen
- ↑ Chen YA et al. CT Scan Does Not Differentiate Patients with Hepatopulmonary Syndrome from Other Patients with Liver Disease. PLoS One. 2016
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