Gray-Platelet-Syndrom
Synonyme: Graue-Thrombozyten-Syndrom, Alpha-Thrombozytengranula-Mangel, Alpha-Storage-Pool-Krankheit, Alpha-Granula-Mangel der Plättchen
Englisch: gray platelet syndrome, platelet alpha-granule deficiency
Definition
Das Gray-Platelet-Syndrom, kurz GPS, ist eine seltene, angeborene Gerinnungsstörung, die durch charakteristische morphologische und funktionelle Anomalien der Thrombozyten gekennzeichnet ist. Dabei kommt es zu einer charakteristischen Grau-Färbung der Thrombozyten in der May-Grünwald-Giemsa Färbung.
Hintergrund
Das Gray-Platelet-Syndrom wurde zuerst durch Raccugli im Jahr 1971 beschrieben. Seitdem haben Fortschritte in der Molekulargenetik wesentlich zum Verständnis der Pathomechanismen der Erkrankung beigetragen. 2011 gelang der Nachweis, dass Mutationen im NBEAL2-Gen (Neurobeachin-like 2) die primäre Ursache darstellen.
Epidemiologie
Das GPS gehört mit weltweit etwa 60 dokumentierten Fällen zu den seltensten angeborenen Gerinnungsstörungen . Die Prävalenz wird auf weniger als 1:1.000.000 geschätzt, wobei keine geschlechtsspezifische Häufung beobachtet wird.
Ätiopathogenese
Der Erkrankung liegen homozygote oder compound-heterozygote Mutationen im NBEAL2-Gen auf Chromosom 3 am Genlokus 3p21.31 zugrunde. Das kodierte Protein spielt eine entscheidende Rolle beim vesikulären Transport während der Megakaryozytenreifung. Durch den Funktionsverlust kommt es zu einer gestörten Bildung der α-Granula. Sie enthalten wesentliche Gerinnungsfaktoren wie Fibrinogen und den von-Willebrand-Faktor, deren Fehlen die Thrombozytenadhäsion beeinträchtigt.
Symptome
Zu den häufigsten Symptomen zählen unter anderem:
- Niedrige Thrombozytenzahl
- leicht entstehende blaue Flecken oder Petechien
- verlängerte Blutungszeit
- Nasenbluten
Oft haben die Patienten eine Myelofibrose und Splenomegalie.
Diagnostik
Das Gray-Platelet-Syndrom wird auf Grundlage klinischer und labormedizinischer Befunde diagnostiziert und erfordert den Nachweis einer fehlenden oder stark reduzierten Anzahl an α-Granula mittels Elektronenmikroskopie (EM). Die auslösende Mutation kann molekularbiologisch identifiziert werden.
Therapie
Eine spezifische Behandlung ist derzeit (2025) nicht verfügbar. Die Therapie konzentriert sich daher auf die Risikominimierung und Prävention von Blutungskomplikationen. Dazu kann beispielsweise eine Thrombozytentransfusion vor operativen Eingriffen erwogen werden. Zudem besteht die Möglichkeit einer Behandlung mit Desmopressin. Beim Gray-Platelet-Syndrom sind sowohl die Thrombozytopenie als auch die Myelofibrose fortschreitend. Im Erwachsenenalter kann ein weiterer Rückgang der Thrombozytenzahl das Risiko für lebensbedrohliche Blutungen erhöhen. Zudem kann es bei Frauen zu einer verstärkten Menstruationsblutung (Menorrhagie) kommen.
Literatur
- Orphanet; Gray-platelet-Syndrom; abgerufen am 27.02.2025
- Omim; Gray Platelet Syndrome; abgerufen am 27.02.2025
- Raccuglia, G. Gray platelet syndrome: a variety of qualitative platelet disorder. Am. J. Med. 51: 818-828, 1971.
- Kahr, W., Hinckley, J., Li, L. et al. Mutations in NBEAL2, encoding a BEACH protein, cause gray platelet syndrome. Nat Genet 43, 738–740 (2011). https://doi.org/10.1038/ng.884
- Gunay-Aygun M, Falik-Zaccai TC, Vilboux T, et al. NBEAL2 is mutated in gray platelet syndrome and is required for biogenesis of platelet α-granules. Nat Genet. 2011;43(8):732-734. Published 2011 Jul 17. doi:10.1038/ng.883