Fibrillogenese
Synonym: Kollagenfaserbildung
Definition
Als Fibrillogenese bezeichnet man die Bildung von Kollagenfibrillen bzw. Kollagenfasern.
Biochemie
Biosynthese der Kollagen-α-Kette
Die Biosynthese der Kollagen-α-Kette beginnt – wie bei anderen sekretorischen Proteinen – intrazellulär am rauen endoplasmatischen Retikulum (rER). Die Synthese wird durch ein Signalpeptid initiiert, das den Ribosomen die direkte Anlagerung an die rER-Membran ermöglicht.
Bereits während der Translation wird das Signalpeptid im Lumen des rER enzymatisch abgespalten, sodass die entstehende Polypeptidkette als Prokollagen vorliegt.
Das Prokollagen besitzt sowohl am N-Terminus als auch am C-Terminus ein kurzes Telopeptid, an das sich jeweils ein Propeptid (Registerpeptid) anschließt. Diese Propeptide sind für die korrekte Ausrichtung und spätere Tripelhelixbildung von zentraler Bedeutung.
Glykosylierung und Hydroxylierung
Das Prokollagen wird nach seiner Synthese vom ER in den Golgi-Apparat transportiert. Während dieser Passage finden mehrere wesentliche posttranslationale Modifikationen statt.
Etwa die Hälfte der Prolinreste sowie ausgewählte Lysinreste an den Y-Positionen der typischen Gly-X-Y-Sequenzmotive werden durch die Enzyme Prolyl-Hydroxylase bzw. Lysyl-Hydroxylase hydroxyliert. Diese Reaktionen sind Vitamin-C-abhängig und stellen einen zentralen Schritt für die spätere Stabilität der Kollagenstruktur dar.
Die hydroxylierten Lysinreste werden anschließend O-glykosidisch mit Galaktose oder Glucosylgalaktose verknüpft. Zusätzlich erfolgt am C-terminalen Propeptid eine N-glykosidische Glykosylierung, bei der weitere Zuckerreste angeheftet werden.
Der Grad der Prolinhydroxylierung beeinflusst maßgeblich den Schmelzpunkt des Kollagens: Eine höhere Anzahl an Hydroxylgruppen ermöglicht die Ausbildung zusätzlicher Wasserstoffbrückenbindungen bei der Formierung der Tripelhelix. Dadurch steigt die thermische Stabilität des entstehenden Kollagenmoleküls.
Triplehelix
Die Assemblierung der Kollagen-Tripelhelix beginnt am C-terminalen Propeptid. Zunächst lagern sich die C-terminalen Bereiche der drei α-Ketten aneinander an und bilden intermolekulare Disulfidbrücken, die als Startsignal für die Helixbildung dienen.
Im Anschluss winden sich die drei α-Ketten schrittweise von der C-terminalen zur N-terminalen Seite umeinander, bis die vollständige Tripelhelix ausgebildet ist. Auch am N-terminalen Propeptid erfolgt eine Stabilisierung durch die Bildung zusätzlicher Disulfidbrücken.
Mit Abschluss dieser Helixformierung ist die intrazelluläre Synthese des Prokollagens beendet. Das fertig gefaltete Kollagenmonomer wird daraufhin in den extrazellulären Raum exportiert, wo die weiteren Schritte der Kollagenreifung und Fibrillenbildung stattfinden.
Fibrillenformation
Im Extrazellulärraum werden Prokollagene in Tropokollagene (Superhelix mit hohem Gehalt der Aminosäuren Glyzin, Prolin und Lysin) umgewandelt. Durch Aggregation entstehen kollagene Mikrofibrillen und Fibrillen.
Die Quervernetzung der familiären Tropokollagenmoleküle erfolgt in zwei Stufen:
- zuerst werden Lysinreste mit Hilfe von Lysyl-Oxidase zu Aldehydgruppen oxidiert
- anschließend bilden die Aldehydgruppen mit freien Aminogruppen Schiff-Basen aus
Diese Schiff-Basen werden hauptsächlich intermolekular über Telopeptide der Tropokollagenmoleküle gebildet. Selten kommt es zu einer Quervenetzung zwischen Alpha-Helices und intramolekular.
Wenn mehrere Kollagenfibrillen sich zusammenlagern enstehen Kollagenfasern oder Kollagenbündel.
Elektronenmikroskopie
Die typische Querstreifung von hellen und dunklen Banden (jeweils 50–70 nm breit) entspricht der sogenannten D-Periode (~67 nm). Diese entsteht durch die versetzt parallele Anordnung der Kollagenfibrillen gegenüber der Nachbarreihe (α1- und α2-Tropokollagenen). Diese D-Periode ist ein zentrales Kennzeichen von Typ-1-Kollagenfibrillen.
Die Anzahl der Tropokollagene bedingt die Dicke einer Mikrofibrille (0,2–0,5 μm) und damit ihre mechanische Stabilität. Mehrere dieser Fibrillen lagern sich zu größeren Kollagenfasern zusammen, die wiederum zu Faserbündeln organisiert sind, welche schließlich die strukturelle Festigkeit des Gewebes gewährleisten.
Klinische Relevanz
Pathologische Veränderungen dieser Kollagenfibrillenstruktur kommen bei genetischen Erkrankungen wie dem Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) vor und sind vielfältig.
Literatur
- Mayerhofer et al., Duale Reihe Anatomie: Histologie. Stuttgart: Thieme; 2025
- Vogel et al., Abnormal collagen fibril structure in the gravis form (type I) of Ehlers‑Danlos syndrome, Lab. Invest., 1979
- Hulmes, Building collagen molecules, fibrils, and suprafibrillar structures, J. Struct. Biol., 2002
- Bella et al., Fibrillar Collagens, Subcellular Biochemistry 82, Springer, 2017
- Banos et al., Collagen fibrillogenesis in tendon development: current models and regulation of fibril assembly, Birth Defects Res. C Embryo Today, 2008
- Buchta et al., Das Physikum, GK 1- Repetitorium, Urban&Fischer, 2003
- Rassow et al., Biochemie, Duale Reihe, 2. Auflage, Thieme, 2008