Fasciolose (Pferd)
Synonym: Fasciola-Infektion beim Pferd
Definition
Die Fasciolose des Pferdes ist eine durch Vertreter der Gattung Fasciola verursachte Parasitose beim Pferd.
Erreger
Die Fasciolose des Pferdes wird durch
- Fasciola hepatica (Großer Leberegel) oder durch
- Fasciola gigantica (Riesenleberegel) verursacht.
Fasciola hepatica
Fasciola hepatica ist ein blattförmiger, 2 bis 5 x 0,4 bis 1,3 cm großer, grau-brauner Parasit. Er parasitiert in den Gallengängen und ist in entlang der Längsachse zusammengerollt. Der Kopfkonus ist durch sog. Schultern deutlich vom Restkörper abgesetzt. Der Bauchsaugnapf liegt dicht hinter dem apikalen Mundsaugnapf und die Oberfläche ist mit regelmäßigen Reihen nach rücktwärts gerichteten Dornen ausgestattet. Der Parasit ist ein Zwitter mit stark verästelten Geschlechts- und Verdauungsorganen.
Die Eier sind 122 x 87 μm, rundoval und haben eine dünne Schale. Sie sind gedeckelt, gelb-grün und beinhalten Dotterzellen.
Fasciola gigantica
Fasciola gigantica ist ein bis zu 75 mm langer Parasit, der geschlechtsreif in den großen Gallengängen lebt. Durch DNA-Analysen konnte eine sehr enge Verwandtschaft zu Fasciola hepatica nachgewiesen werden, wobei auch eine sichere Abgrenzung ermöglicht wurde. Fasciola gigantica ähnelt sowohl in der Morphologie, als auch im Entwicklungsgang und seiner Pathogenität Fasciola hepatica.
Die Eier sind eiförmig, goldgelb und gedeckelt. Sie sind etwa 100 x 160 μm groß, wobei die Größe stark mit der Wirtsart und der vorkommenden Region wechselt.
Entwicklung
Fasciola hepatica sowie Fasciola gigantica folgen einem heteroxen Entwicklungszyklus. Nachdem der Parasit oral aufgenommen wurde, durchbohren die jungen Egel im Magen-Darm-Trakt des Endwirtes innerhalb weniger Tage die Dünndarmwand. Anschließend gelangen sie in die Peritonealhöhle, von der sie innerhalb von ca. 90 Stunden in die Leber eindrigen. Dort wandern sie etwa 6 bis 8 Wochen im Parenchym, bevor sie als nahezu geschlechtsreife Egel in die Gallengänge gelangen. Die Präpatenz beträgt zwischen 50 und 70 Tage.
Die Eier gelangen mit der Galle schubweise in den Darminhalt und werden mit diesem innerhalb weniger Tage ausgeschieden. Fasciola-Eier bleiben im feuchten Kot einige Monate lebensfähig, wohingegen sie gegen Austrocknung wenig widerstandsfähig sind. Bei Temperaturen um die 16 bis 20 °C entwickelt sich dann in einem hohen Prozentsatz der Eier binnen 10 bis 20 Tagen ein Mirazidium.
Die Mirazidien schlüpfen erst dann, wenn die Temperatur über 10 °C steigt, kurzwelliges Licht auf sie einwirkt und die Eier von einem Süßwasserfilm umgeben sind. In dieser Phase müssen sie innerhalb eines Tages einen Zwischenwirt erreichen, sonst gehen sie zugrunde. Als Zwischenwirte fungieren Schnecken (Zwergschlammschnecke, Lymnaeae truncatula), in denen die Mirazidien eindringen und sich in eine Sporozyste umwandeln. In dieser entstehen eine oder mehrere Redien (Stablarven), die wiederum Tochterredien oder gleich Zerkarien (Schwanzlarven) gebären. Die entstandenen Zerkarien verlassen die Schnecke aktiv und enzystieren unter Abwerfen des Schwanzes dicht unterhalb der Wasseroberfläche an Pflanzen. Die als Metazerkarien bezeichneten infektiösen Stadien werden vom Endwird mit den Futterpflanzen gefressen.
Fasciola gigantica-Eier embryonieren bei Temperaturen über 15 °C. Die Mirazidien schlüpfen bei etwa 30 °C ab dem 10. Tag, bei 20 °C jedoch erst nach 3 Wochen.
Vorkommen
Die Fasciolose beim Pferd - verursacht durch Fasciola hepatica - kann überall in Endemiegebieten auftreten. Grundsätzlich ist ein Fasciola-Befall bei Pferden deutlich seltener als bei Wiederkäuern, jedoch wurde in verschiedenen Endemiegebieten hohe Prävalenzen festgestellt. In Norddeutschland konnte in zwei Beständen bei 38 % und 71 % der untersuchten Pferde (n = 163) eine Fasciola-Ausscheidung nachgewiesen werden.
Neben dem Pferd kann auch der Esel sowie das Zebra von Fasciola gigantica befallen sein. Diese Art ist v.a. in tropischen und subtropischen Gebieten von Afrika, in Südeuropa, im südlichen Asien und im Süden der USA verbreitet. In Ägypten wies man bei 14 % von 156 untersuchten Eseln Eier von Fasciola gigantica nach.
Epidemiologie
Eine Infektion mit Fasciola hepatica tritt v.a. bei gemeinsamer Weidenutzung mit Rindern und Schafen auf. Wiederkäuer spielen dabei die Hauptrolle bei der Kontamination der Habitate von Zwischenwirtsschnecken. Obwohl die Konzentration von Fasciola-Eiern im Kot von Pferden zwar im Allgemeinen ziemlich gering ist (meist nicht höher als 1 bis 30 EpG), darf die Rolle dieser Tierart als Infektionsreservoir nicht unterschätzt werden. Ein erwachsenes Pferd kann während einer Weideperiode mehrere Millionen Leberegeleier ausscheiden.
Pferde infizieren sich mehrheitlich beim Weidegang von Mai bis Juli - vermutlich mit Metazerkarien, die aus überwinterten Zwischenwirtsschnecken stammen. Nach dem Weideaustrieb im Mai setzt bei Fohlen die Ausscheidung von Fasciola-Eiern in der Zeit von August bis Dezember des gleichen Jahres ein.
Pathogenese
Bei einem befallenen Pferd werden gegen Fasciola hepatica in einem frühen Stadium der Infektion nicht näher definierte Abwehrmechanismen wirksam, die zur Immobilisation, Entwicklungshemmung oder zur Elimination der Parasiten führen. Aus diesem Grund gelingt es nur einem kleinen Teil der per os aufgenommenen Leberegel bis in die Gallengänge zu wandern, um dort geschlechtsreif zu werden. Daher verlaufen impatente oder patente Fasciola-Infektionen beim Pferd meist inapparent.
In seltenen Fällen können auch klinisch manifeste subakute und chronische Fasciolosen auftreten.
Klinik
Chronische Fasciolosen beim Pferd gehen mit wechselnder Inappetenz, Leistungsminderung, Gewichtsverlust und gelegentlich auch mit Diarrhö einher. Hinzu kommen oftmals leichte Anämie, Ikterus und Eosinophilie. Im Serum können erhöhte Konzentrationen von Leberenzymen nachgewiesen werden.
Makroskopisch sichtbare Veränderungen der Leber bleiben bei einer chronischen Fasciolose meist aus. Sie manifestieren sich selten in lokalen Erweiterungen und Verdickungen von Gallengängen sowie in unterschiedlich ausgeprägter interstitieller Fibrose des Leberparenchyms. Im histologischen Schnittbild können entzündliche Leberegel im Parenchym sowie lokale Epitheldesquamation oder -hypertrophie und Fibrose von Gallengängen beobachtet werden. Verkalkungen bleiben in der Regel aus.
Diagnose
Ein direkter Erregernachweis kann mithilfe des Sedimentationsverfahrens erfolgen. Da die Eiausscheidung meist gering ist, empfiehlt es sich größere Kotmengen (30 bis 40 Gramm) zu untersuchen.
Therapie
Die Fasciolose beim Pferd kann mit Triclabendazol in einer Dosis von 12 mg/kgKG p.o. therapiert werden, wobei juvenile Stadien durch diese Behandlung nicht vollständig eliminiert werden. Eine ähnliche Wirkung hat Closantel (10 mg/kgKG p.o.). Da beide Wirkstoffe in Deutschland sowie Österreich für die Anwendung beim Pferd nicht zugelassen sind, müssen sie daher nach § 56 a AMG (Deutschland) bzw. § 4 TAKG (Österreich) umgewidmet werden ("Therapienotstand").
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Boch, Josef, Supperer, Rudolf. Veterinärmedizinische Parasitologie. 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey Verlag, 2005