Euler-Liljestrand-Mechanismus
Synonyme: Euler-Liljestrand-Reflex, ELM, hypoxisch pulmonale Vasokonstriktion (HPV), Hypoxisch pulmonale Gefäßantwort (HPVR), alveolo-vaskulärer Reflex
Englisch: Euler-Liljestrand mechanism, hypoxic pulmonary vasoconstriction
Definition
Der Euler-Liljestrand-Mechanismus ist eine reflektorische Vasokonstriktion pulmonalarterieller Gefäße bei lokaler oder globaler Hypoxie mit Erhöhung des lokalen Strömungswiderstandes.
Physiologie
Die Lunge wird lokal unterschiedlich perfundiert und ventiliert. Schwerkraftbedingt sind die basalen Areale besser durchblutet, jedoch weniger vorgedehnt und deshalb auch besser ventiliert als die apikalen. Die Perfusion nimmt jedoch von basal nach apikal stärker ab, als die Ventilation von basal nach apikal abnimmt. Für den Ventilations-Perfusions-Quotienten resultiert hieraus:
- V/P apikal > 1
- V/P basal < 1
Da ein optimales Ventilations-Perfusionsverhältnis von 1 nicht erreicht wird, ist auch die Oxygenierung des Blutes suboptimal. Physiologischerweise wird eine als intrapulmonaler Rechts-Links-Shunt bezeichnete Blutfraktion nicht oxygeniert.
Der Euler-Liljestrand-Mechanismus reduziert die Shunts, indem er die Perfusion der Ventilation anpasst und den Ventilations-Perfusions-Quotienten verbessert.
Die Lungenstrombahn ist das einzige Gefäßgebiet des menschlichen Körpers, in dem eine Hypoxie nicht eine Vasodilatation, sondern eine Vasokonstriktion hervorruft. Das Blut fließt dann, anstatt durch das regionäre Kapillarbett, über arteriovenöse Anastomosen direkt in das venöse Strombett. Das Lungenparenchym in der kurzgeschlossenen Region wird weniger durchblutet.
Bei krankheitsbedingten Ventilationsstörungen wie im Falle der Pneumonie werden durch die Vasokonstriktion schlechter ventilierte Abschnitte minderperfundiert, besser ventilierte hingegen besser durchblutet. Es findet also eine Umverteilung des Blutes statt.
Biochemie
Es wird angnommen, dass durch eine Depolarisation der pulmonalarteriellen Gefäßmuskelzellen spannungsabhängige L-Typ-Calciumkanäle aktiviert werden, wodurch die intrazelluläre Calciumkonzentration ansteigt. Über die Aktivierung des Ryanodin-Rezeptors führt das zu einer Kontraktion der Gefäßmuskelzellen.
Wie genau diese Depolarisation stattfindet, ist aktuell (2020) noch Gegenstand der Forschung. Man nimmt an, dass reaktive Sauerstoffspezies, AMP, der Kaliumkanal TASK1, sowie der Kationenkanal TRPC6 eine wichtige Rolle in der Signalkaskade des akuten Euler-Liljestrand-Mechanismus spielen.
Pathophysiologie
Der Euler-Liljestrand-Mechanismus ist verantwortlich für die Entstehung der pulmonalen Hypertonie bei chronisch-obstruktiver Bronchitis und Asthma bronchiale. Er bewirkt eine Nachlaststeigerung des rechten Herzens mit ventrikulärer Druckbelastung. Kompensatorisch entsteht eine konzentrische Hypertrophie des rechten Ventrikels mit der Folge einer Rechtsherzinsuffizienz (Cor pulmonale).
Außerdem kann diese hypoxische Vasokonstriktion (bei durch Anstrengungen erhöhtem Perfusionsdruck) in großen Höhen zu einem Höhenlungenödem führen, da vermehrt Flüssigkeit aus den Lungengefäßen in den Alveolarraum übertreten kann.
Literatur
- Sommer et al. Oxygen sensing and signal transductionin hypoxic pulmonary vasoconstriction, ERJ Express. October 22, 2015, abgerufen am 16.12.2020
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