Endometrose (Pferd)
Synonym: Chronisch-degenerative Endometriumserkrankung, Endometrose-Komplex
Englisch: endometrosis
Definition
Als Endometrose des Pferdes bezeichnet man eine chronisch-degenerative und irreversible Erkrankung des Endometriums bei der Stute, die zu einer deutlich verminderten Fruchtbarkeit führt.
Die beim Menschen auftretende Endometriose darf nicht mit der Endometrose der Stute verglichen werden.
Ätiologie
Die genauen Auslöser einer Endometrose sind derzeit (2021) noch nicht bekannt.
Die Erkrankung tritt bei Stuten aller Altersgruppen auf. Obwohl bei älteren Stuten zwar die Wahrscheinlichkeit einer Endometrose steigt, sind auch junge Stuten betroffen. Die Krankheit wird jedoch bevorzugt bei älteren Stuten, die nicht oder nur unregelmäßig zur Zucht eingesetzt worden sind, beobachtet.
Pathogenese
Die Pathogenese der Endometrose ist ebenfalls noch ungeklärt. Die Krankheit ist durch umfangreiche histologische Veränderungen der Epithelien der Uterindrüsen und des umgebenden Gewebes (Lamina propria mucosae) gekennzeichnet.
Es kommt zu einer mehr oder weniger starken Bindegewebsvermehrung. Die Uterindrüsen dilatieren und sind charakteristischerweise von Bindegewebszügen umgeben (periglanduläre Fibrosierung). Beim Anschnitt eines gesunden Uterus sind die Uterindrüsen regelmäßig verteilt, während man beim veränderten Endometrium häufig die Bildung sogenannter "Drüsennester" beobachten kann. Darunter versteht man Endometriumabschnitte, die gänzlich frei von Uterindrüsen sind (Drüsenatrophie), während andere Abschnitte gehäuft Drüsen aufweisen. Diese "Drüsennester" wiederum sind häufig von starken Bindegewebszügen umgeben.
Die chronisch-degenerativen Veränderungen führen zu einer beeinträchtigten Sekretion der Uterindrüsensekrete. Dadurch kommt es zu einer Fehl- bzw. Mangelernährung des frühen Konzeptus, was wiederum einen frühembryonalen Fruchttod zur Folge hat. Zusätzlich ist der Kontakt zwischen fetaler und maternaler Plazenta bei an Endometrose erkrankten Tieren deutlich vermindert. Die verminderte intakte Endometriumfläche erhöht ebenfalls die Abortrate infolge Mangelernährung des Fetus. Betroffene Stuten sind daher oftmals Sub- bzw. Infertilität.
Klinik
Die Endometrose selbst tritt nicht klinisch in Erscheinung. Betroffene Stuten zeigen daher nur selten Symptome.
Auffällig ist jedoch, dass Stuten mit chronisch-degenerativ verändertem Endometrium im Vorbericht an In- bzw. Subfertilität leiden. Die Fruchtbarkeitsprobleme zeigen sich insbesondere durch wiederholtes Umrossen, wiederholten frühembryonalen Fruchttod oder Aborte. Zusätzlich neigen Stuten mit endometrotischen Veränderungen zu rezidivierenden bzw. chronischen Endometritiden infolge einer gestörten uterinen Clearance.
Diagnose
Erste Hinweise für eine Verdachtsdiagnose ergeben sich aus der Anamnese.
Die Diagnose wird durch die histologische Untersuchung einer Endometriumbiopsie gestellt. Diese wird im Rahmen einer gynäkologischen Untersuchung mittels Biopsiezange entnommen. Anhand der Gewebeprobe lassen sich einerseits die Veränderungen graduieren, andererseits kann eine Prognose bezüglich der Fruchtbarkeit gemacht werden.
Klassifikation
Die histopathologische Beurteilung des Biopsats erfolgt nach verschiedenen Kriterien, weshalb auch unterschiedliche Klassifikationssysteme existieren. In der gängigen Praxis hat sich eine Einteilung der Veränderungen nach dem Schema von Kenney und Doig (1986) bewährt. Bei diesem Schema werden die histopathologischen Befunde in 3 bzw. 4 Kategorien unterteilt, wobei folgende Kriterien berücksichtigt werden:
- infiltrative Veränderungen, beurteilt nach Zelltypen (neutrophile Granulozyten, eosinophile Granulozyten, Lymphozyten, Mastzellen)
- Verteilung vorgefundener Veränderungen (diffus oder fokal)
- Schweregrad der Veränderungen (gering-, mittel oder hochgradig)
- degenerative Veränderungen, beurteilt nach Fiborsierung (diffus oder fokal)
- Beurteilung der Drüsenatrophie
- Vorkommen von Drüsennestern (mit oder ohne periglandulärer Fibrosierung)
- Vorkommen von lymphatischen Zysten
Kategorie | Veränderungen | erwartete Abfohlrate |
---|---|---|
I | keine | > 80 % |
IIA | geringgradig | 50 bis 80 % |
IIB | mäßig | 10 bis 50 % |
III | hochgradig | < 10 % |
Bei der Einschätzung der Prognose für die erwartete Abfohlrate ist auch das Alter, die Güstzeit und das Management der Stute zu berücksichtigen.
Therapie
Ein chronisch-degenerativ verändertes Endometrium muss als weitgehend irreversibel geschädigt angesehen werden. Sowohl chemische als auch mechanische Kürettagen führen zu keiner Besserung des fibrotisch veränderten Gewebes.
Soll die Stute trotz Endometrose belegt werden, sind vorab sämtliche Maßnahmen zur Verbesserung der Fruchtbarkeit zu treffen. Hierfür ist das gesamte Management zu adaptieren (Fütterung, Haltung u.ä.), wobei auch die Auswahl des Hengstes berücksichtigt werden muss (überdurchschnittliche Fruchtbarkeit u.ä.). Gleichzeitig ist auf eine Besamung mit Tiefgefriersamen zu verzichten, da die größte Aussicht auf eine Konzeption bei der Verwendung von Frischsamen besteht. Um einem möglichen frühembryonalen Trächtigkeitsverlust vorzubeugen, kann ab dem 5. Tag post ovulationem Altrenogest (0,044 mg/kgKG p.o. SID) bis zur Trächtigkeitsuntersuchung (Tag 15 bzw. 17 bis 18) substituiert werden. Ist die Trächtigkeitsuntersuchung positiv, wird die Gestagengabe bis zur vollständigen Übernahme der endogenen Gestagenproduktion durch die Plazenta (spätestens ab dem 120. Tag) fortgeführt. Danach kann Altrenogest ausschleichend abgesetzt werden.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Quellen
- Aurich C (Hrsg.). 2009. Reproduktionsmedizin beim Pferd. Gynäkologie - Andrologie - Geburtshilfe. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Parey-Verlag. ISBN: 978-3-8304-4179-3
- Doig PA, McKnight JD, Miller RB. 1981. The use of endometrial biopsy in the infertile mare. Can Vet J 22(3):72-76. PMCID: PMC1789874.
- Snider TA, Sepoy C, Holyoak GR. 2011. Equine endometrial biopsy reviewed: observation, interpretation, and application of histopathologic data. Theriogenology 75(9):1567-81. DOI: 10.1016/j.theriogenology.2010.12.013.