Astrozyt
von lateinisch: astrum - Stern
Synonym: Spinnenzelle
Englisch: astrocyte
Definition
Die Astrozyten sind Zellen der Glia des zentralen Nervensystems (Neuroglia). Von anderen Gliazellen sind Astrozyten über ihre ausgeprägten Zellfortsätze ("Strahlen") abgrenzbar.
Nomenklatur
Astrozyten sind nicht identisch mit Sternzellen. Die Begriffe sind nicht synonym zu behandeln, trotz der augenscheinlichen Übersetzung aus dem Lateinischen.
Morphologie
Astrozyten weisen einen verhältnismäßig kleinen, 10-20 μm durchmessenden Zellkörper (Soma) auf. Sie besitzen jedoch zahlreiche radiär vom Zellkörper abgehende Zellfortsätze, die teilweise verzweigt sind und die Oberflächen benachbarter Nervenzellen bedecken. Durch dichte Zusammenlagerung ihrer Fortsätze und Zellkörper bilden sie im ZNS folgende Schichten aus:
Die Zellverbindungen werden durch Gap junctions (elektrische Kopplung) und Zonulae adhaerentes (mechanische Kopplung) dargestellt.
Die genaue Gestalt der Astrozyten wird offenbar von ihrer neuronalen Umgebung moduliert. In vitro konnte nachgewiesen werden, dass Astrozyten in Abhängigkeit von der neuronalen Aktivität in ihrer Nähe anschwellen oder schrumpfen können. Das gleiche scheint für die Ausbildung von Zellfortsätzen (Filopodien) zu gelten. Dieses Phänomen wird von einigen Autoren treffend als "Infotropismus" bezeichnet.
Einteilung
Aufgrund ihrer Morphologie können folgende Typen unterschieden werden:
- Fibrilläre Astrozyten (Astrocytus fibrosus) oder Faserastrozyten besitzen zahlreiche schlanke und wenig verzweigte Zytoplasmafortsätze ("Langstrahler"). Sie kommen vor allem in der weißen Substanz vor.
- Protoplasmatische Astrozyten (Astrocytus protoplasmaticus) haben reich verzweigte, dicke Zytoplasmafortsätze ("Kurzstrahler"). Sie sind charakteristisch für die graue Substanz.
- Plasmatofibrilläre Astrozyten befinden sich an der Grenze zwischen weißer und grauer Substanz.
Funktion
- Stützfunktion im ZNS
- Beteiligung an der Bildung der Blut-Hirn-Schranke
- Beteiligung am Austausch von Nährstoffen und Stoffwechselprodukten zwischen Neuronen und Blut
- Umhüllung und Isolation von Synapsen
- Apolipoprotein E-Bildung und Cholesterinversorgung der Nervenzellen
- Modulation des zerebralen Blutflusses bei starker Glutamatfreisetzung
- Regulation der extrazellulären Kaliumkonzentration.
- Bildung einer Glianarbe nach einem Hirninfarkt
Eine weitere wichtige Funktion der Astrozyten ist die Bewertung und Modulierung der neuronalen Aktivität. Neuronen bilden durch Ausschüttung von Wachstumsfaktoren wie BDNF und GDNF neue Synapsen bzw. sichern deren Erhalt. Manche Neuronen können ihre Signale nur deshalb übertragen, weil benachbarte Astrozyten D-Serin und Glutamat beisteuern und in den Synapsenspalt sezernieren.
Astrozyten in bestimmten Gehirnarealen können möglicherweise die Funktion von Stammzellen für Neuronen übernehmen. Schleust man das Gen für Neurogenin-2 in kultivierte Astrozyten ein, zeigen die Zellen im Laborexperiment bereits nach kurzer Zeit die typische Form von Nervenzellen und bilden funktionsfähige Synapsen aus.
Klinik
Hirntumoren, die sich histologisch von Astrozyten ableiten, werden als Astrozytome bezeichnet. Das vermehrte Auftreten hypertropher bzw. hyperplastischer Astrozyten bezeichnet man als Astrogliose.
Die im Zytoplasma von Astrozyten enthaltenen Gliafilamente bestehen aus dem sauren Gliafaserprotein GFAP. Das Protein wird als Tumormarker verwendet.
Bei gemistozytischen Astrozyten handelt es sich um angeschwollene Astrozyten mit eosinophilem Plasma, die bei Entmarkungskrankheiten oder Neoplasmen auftreten.
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