Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defekt
Definition
Unter dem Begriff Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defekt versteht man einen vererbten Defekt der Acyl-CoA-Dehydrogenase mit Störung des Abbaus von Fettsäuren.
Epidemiologie
Die häufigste Form des Defekts, der sog. Medium-Chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defekt, betrifft eines von 50.000 Neugeborenen.
Ätiopathogenese
Der Gendefekt wird autosomal-rezessiv vererbt. Das betroffene Gen liegt auf dem Chromosom 1.
Am häufigsten ist ein Defekt der Acyl-CoA-Dehydrogenase, die mittelkettige Fettsäuren mit sechs bis zehn Kohlenstoff-Atomen abbaut. Dies führt zu einem Anstau von Fettsäuren und Ausscheidung der Fettsäuren als Dicarboxyl-Verbindungen im Urin.
Die Beeinträchtigung der Glukoneogenese führt zu Hypoglykämien und zu einem sekundären Mangel an Carnitin. Die Ketogenese ist reduziert.
Klinik
Die Erkrankung führt in der Regel zwischen dem zweiten Lebensmonat und dem vierten Lebensjahr zu Symptomen, die typischerweise durch einen Infekt oder durch eine längere Nahrungskarenz ausgelöst werden.
Der Defekt führt zu Erbrechen, Diarrhoe, Störungen des Bewusstseins bis hin zum Koma und zu Krampfanfällen. Es ist möglich, dass die Leber des betroffenen Kinds vergrößert ist. Es werden eine Hypoglykämie, eine Hypoketonurie, eine metabolische Azidose mit Erhöhung des Laktatspiegels und eine Hyperurikämie beobachtet.
Weiterhin sind der Ammoniakspiegel, der Harnstoffspiegel, die Transaminasen, die Kreatinkinase und die Glutamatdehydrogenase im Blut erhöht. Möglich ist ebenfalls eine Myoglobinurie.
Bei schweren Verlaufsformen liegt die Letalität bei 25%.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch sollte bei entsprechender Anamnese an ein Reye-Syndrom gedacht werden.
Diagnostik
In einer akuten Stoffwechselkrise sind die mittelkettigen Fettsäuren im Plasma erhöht und es lassen sich Dicarboxylsäuren im Urin nachweisen.
Die Ergebnisse des oralen Phenylpropionsäure-Belastungstests und des oralen Carnitin-Belastungstest weisen auf die Diagnose hin.
Weiterhin ist es möglich, eine molekulargenetische Diagnostik vorzunehmen oder den Enzymdefekt in Fibroblasten nachzuweisen.
Therapie
Die Hypoglykämie in einer akuten Stoffwechselkrise wird mit Glukose behandelt. Um Stoffwechselkrisen zu vermeiden, sollte darauf geachtet werden, dass der betroffene Patient regelmäßig Nahrung zu sich nimmt und längere Nahrungskarenzen vermieden werden. Der Abstand zwischen zwei Mahlzeiten sollte nicht größer als zwei Stunden sein.
Die orale Einnahme von Carnitin und Riboflavin ist sinnvoll.
Prognose
Die Letalität der ersten Stoffwechselkrise ist hoch. Die Prognose wird durch Krampfanfälle verschlechtert. Im Laufe der Zeit bessert sich die Fastentoleranz. Durch die Hypoglykämien kann die psychomotorische Entwicklung verzögert sein.