Thorakales Aortenaneurysma
Synonyme: TAA
Englisch: thoracic aortic aneurysm
Definition
Das thorakale Aortenaneurysma, kurz TAA, ist ein Aneurysma, das den Brustabschnitt der Aorta betrifft.
siehe auch: Bauchaortenaneurysma
ICD-Codes
ICD-10
- I71.1 Aneurysma der Aorta thoracica, rupturiert
- I71.2 Aneurysma der Aorta thoracica, ohne Angabe einer Ruptur
ICD-11
- BD50.3Y Sonstiges näher bezeichnetes Aneurysma der Aorta thoracica
- BD50.3Z Aneurysma der Aorta thoracica, nicht näher bezeichnet
- BD50.30 Aneurysma der Aorta thoracica mit Perforation
- BD50.31 Aneurysma der Aorta thoracica mit Ruptur
- BD50.32 Aneurysma der Aorta thoracica ohne Angabe einer Perforation oder Ruptur
Epidemiologie
Die Inzidenz von thorakalen Aortenaneurysmem beträgt etwa 5,3 pro 100.000 Personenjahren. Die Prävalenz wird mit 0,16% angegeben.[1]
Einteilung
… nach Lage
- Aneurysmen der Aorta ascendens
- Aneurysmen des Aortenbogens
- Aneurysmen der Aorta descendens
… nach Art
- das Aneurysma verum (echtes Aneurysma) mit einer Aussackung aller drei Wandschichten
- das Aneurysma spurium mit Ausbildung eines perivasalen Hämatoms
Abzugrenzen ist die Aortendissektion, bei der ein Aneurysma dissecans der thorakalen Aorta vorliegt.
Ätiologie
Die Bildung echter Aneurysmen der thorakalen Aorta wird durch Arteriosklerose und arterielle Hypertonie begünstigt. Entsprechend sind hohes Alter, männliches Geschlecht und Rauchen wichtige Risikofaktoren. Weiterhin können u. a. Infektionen (z.B. Syphilis, mykotisches Aneurysma), Erkrankungen des Bindegewebes (z.B. Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom), Vaskulitiden und Traumata Ursachen für ein thorakales Aortenaneurysma sein.
Ein Aneurysma spurium an der thorakalen Aorta ist äußerst selten und fast immer Folge einer Manipulation durch einen Katheter oder im Rahmen eines chirurgischen Eingriffes.
Pathophysiologie
Bei einem echten Aneurysma kommt es im Bereich der Aussackung zur Einschränkung des normalen Blutflusses. Die veränderten physikalischen Bedingungen begünstigen die Entstehung von Thromben, die sekundär zu Embolien führen können.
Bei fortschreitender Aussackung besteht die Gefahr einer Ruptur des echten Aneurysmas, die frei oder gedeckt sein kann. Eine freie Perforation führt innerhalb weniger Minuten zum Tod. Ist die Ruptur gedeckt, beispielsweise durch die anliegende Wirbelsäule, kann der Blutverlust langsamer ablaufen und Zeit für eine therapeutische Intervention gewonnen werden.
Klinik
Ein länger bestehendes echtes Aneurysma kann vollkommen asymptomatisch sein. Schwindel oder ein thorakales Druckgefühl sind mögliche, aber sehr unspezifische Symptome.
Warnsymptome eines sich ausweitenden echten Aneurysma der thorakalen Aorta sind Erscheinungen, die infolge einer Kompression benachbarter Strukturen entstehen. Denkbar sind unter anderem:
- Kompression der Vena cava superior mit oberer Einflussstauung
- Irritation des (linken) Nervus laryngeus recurrens mit Heiserkeit
- Kompression des Ösophagus mit Dysphagie
- Kompression der Trachea mit Stridor
- Irritation des Truncus sympathicus mit Horner-Syndrom
Ein weiteres Warnsymptom sind wiederholte Embolien, die auf Grundlage des Aneurysmas entstehen.
Eine Aortenruptur äußert sich symptomatisch in Form heftiger Thoraxschmerzen, die in den Rücken ausstrahlen. Bei freier Ruptur folgt meist ein schneller Tod des Patienten, bei gedeckter Ruptur kann zunächst ein hypovolämischer Schock bestehen.
Diagnostik
Ein Aortenaneurysma kann durch bildgebende Verfahren, meistens nach Durchführung einer CT zuverlässig diagnostiziert werden. Auch eine MRT eignet sich zur Diagnosestellung, wird jedoch aufgrund der hohen Kosten und der zeitaufwendigen Durchführung nicht bevorzugt angewandt.
Zur weiteren Diagnostik kommen teilweise ein Röntgenthorax oder zur präoperativen Planung eine transthorakale Echokardiographie (TTE) bzw. transösophageale Echokardiographie (TEE) zum Einsatz.
Therapie
Konservative Therapie
Asymptomatische und nicht stark expandierte thorakale Aortenaneurysmen können konservativ behandelt werden. Wichtig ist unter anderem eine Änderung des Lebensstils, sowie Anpassung des Blutdrucks und Behandlung ursächlicher Erkrankungen.
Operative Therapie
Bei symptomatischen und expandierten Aneurysmen ist eine chirurgische Therapie angezeigt. Die Indikationsstellung kann anhand folgender Faktoren getroffen werden:
- Durchmesser ≥ 55 mm bei Aorta ascendens bzw. ≥ 60 mm bei Aorta descendens
- bei Erkrankungen des Bindegewebes (z.B. Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom, Loeys-Dietz-Syndrom), bikuspider Aortenklappe und weiteren Risikofaktoren liegt der Grenzwert z.T. niedriger (45 bis 50 mm)
- Rapides Wachstum (> 3 mm/Jahr)
Unbehandelt kann es zu einer Aortenruptur oder -dissektion ("aortic event") mit häufiger Todesfolge kommen.
Die betroffenen Abschnitte der Aorta werden im Rahmen einer offenen Operation durch eine Gefäßprothese ersetzt und Abgänge in die Prothese implantiert. Dabei kommt vor allem bei Hochrisikopatienten zum Teil eine Herz-Lungen-Maschine zum Einsatz. Alternativ kann der Eingriff endovaskulär (thorakale EVAR bzw. (T)EVAR) erfolgen. Die operativen Eingriffe gehen mit möglichen Komplikationen einher, z.B. Ischämien, Endoleaks, Thrombosen und Embolien. Ein gleichzeitiger Ersatz der Aortenklappe ist bei pathologischer Beteiligung durch Verwendung einer speziellen klappentragenden Prothese möglich.
Quellen
- ↑ Ryan Gouveia e Melo, Gonçalo Silva Duarte, Alice Lopes, Mariana Alves, Daniel Caldeira, Ruy Fernandes e Fernandes, Luís Mendes Pedro: Incidence and Prevalence of Thoracic Aortic Aneurysms: A Systematic Review and Meta-analysis of Population-Based Studies, Seminars in Thoracic and Cardiovascular Surgery, Volume 34, Issue 1, 2022, Pages 1-16, ISSN 1043-0679
Literatur
- Gesund.Bund, ICD-Code I71: Aortenaneurysma und -dissektion, abgerufen am 16.11.2022
- BfArM, ICD-11 in Deutsch – Entwurfsfassung, abgerufen am 16.11.2022
- Springer Medizin – e.Medpedia, Thorakales Aortenaneurysma, abgerufen am 16.11.2022