Rhinosinusitis
Synonyme: Nasennebenhöhlenentzündung, Sinusitis
Englisch: rhinosinusitis
Definition
Von einer Rhinosinusitis, kurz RS, spricht man, wenn gleichzeitig eine Entzündung der Nasenschleimhaut ("Rhinitis") und eine Entzündung der Schleimhaut der Nasennebenhöhlen ("Sinusitis") vorliegt. Die Rhinosinusitis ist eine häufige Begleiterkrankung einer Pharyngitis.
Nomenklatur
Die Schleimhäute der Nasennebenhöhlen und der Nasenhöhle bilden eine funktionelle Einheit. Eine Sinusitis geht daher in der Regel immer mit einer Rhinitis, d.h. einer Entzündung der Nasenschleimhaut einher. Nach Vorschlag der entsprechenden Fachgesellschaften sollte der Begriff "Sinusitis" deshalb generell durch "Rhinosinusitis" ersetzt werden. Der Begriff "chronische Rhinosinusitis" tritt an Stelle der älteren Bezeichnung "chronische Nasennebenhöhlenentzündung".[1][2] In der klinischen Alltagssprache wird der Begriff "Sinusitis" zurzeit (2023) jedoch noch breit verwendet.
Kodierung
Nach der International Classification for Diseases werden entzündliche Erkrankungen der oberen Atemwege nach ihrer anatomischen Lokalisation klassifiziert - getrennt für Rhinitis und Sinusitis. Eine eigene Verschlüsselung für die Rhinosinusitis existierte im Rahmen der ICD-10 nicht. Nach der ICD-11 ist nun unter dem Code CA0A eine separate Verschlüsselung der chronischen Rhinosinusitis möglich. Die akute Form wird jedoch weiterhin als "akute Sinusitis" kodiert (CA01).
Einteilung
...nach Verlauf
Man unterscheidet
- akute Rhinosinusitis (ARS): Symptome ≤ 12 Wochen und
- chronische Rhinosinusitis (CRS): Symptome > 12 Wochen
- CRS mit Nasenpolypen (CRScNP)
- CRS ohne Nasenpolypen (CRSsNP)
Darüber hinaus grenzt man eine rezidivierende akute Rhinosinusitis (rez. ARS) ab, wenn die Symptome mindestens 4 mal innerhalb von 12 Monaten auftreten.
...nach Lokalisation
- Sinusitis maxillaris (Entzündung des Kieferhöhlen)
- Sinusitis frontalis (Entzündung des Stirnhöhlen)
- Sinusitis ethmoidalis (Entzündung der Siebbeinzellen)
- Sinusitis sphenoidalis (Entzündung der Keilbeinhöhlen)
Die Entzündung mehrerer bzw. aller Nasennebenhöhlen wird als Pansinusitis bezeichnet.
...nach Ursache
- Dentogene bzw. odontogene Rhinosinusitis
- Rhinogene Rhinosinusitis
- Allergische Rhinosinusitis
- Barosinusitis
Pathophysiologie
Es wird immer noch häufig angenommen, dass sich ein großer Teil der chronischen Verläufe aus akuten Sinusitiden entwickelt. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass dies nicht so ist. Die Entstehungsweise einer akuten und einer chronischen Rhinosinusitis wird inzwischen sogar als unterschiedlich angesehen, da Viren die häufigste Ursache einer ARS darstellen, während eine CRS meist durch Bakterien, Allergien und konstitutive Faktoren verursacht wird.
Die Entzündung oder Allergie bewirkt eine Schleimhautschwellung und ggf. eine Polypenbildung, die wiederum eine Verengung der Ostien und dadurch einen Sekretstau in den Nasennebenhöhlen verursacht. Das Nasensekret kann sich sekundär bakteriell infizieren.
Viren wie Rhino-, Influenza- und Parainfluenzaviren sowie Chlamydia pneumoniae und Mycoplasmen zählen zu den häufigsten Verursachern der akuten Rhinosinusitis. Das Krankheitsbild verschlimmert sich bei Erliegen des ziliären Transportes durch Schädigung der Epithelschicht.
Weitere bakterielle Erreger einer Sinusitis sind Pneumokokken, Anaerobier, Haemophilus-Stämme, Staphylococcus aureus sowie hämolysierende Streptokokken der Gruppe A. Seltener verursachen Pseudomonas spp. und Enterobakterien eine Sinusitis.
Symptome
Leitsymptome
Das am häufigsten genannte und am meisten beeinträchtigende Symptom stellte die nasale Obstruktion ("Nase zu") dar, dicht gefolgt vom Rhinorrhoe ("Nasenlaufen"). Weitere Symptome sind
- Geruchsverlust (Anosmie)
- "Postnasal Drip"
- Kopfschmerzen, meist frontal lokalisiert
- Husten
- Niesreiz
- Schlafstörungen
- Schnarchen
- Stimmprobleme (Heiserkeit), s.a. Rhinopharyngitis.
Die gezielte Abfrage der Symptome ist für die Diagnosefindung wichtig: Die Definition der CRS nach Leitlinie stützt auf das Vorhandensein eben dieser Symptome. Auch für die Behandlung ist es wichtig, das "Zielsymptom" herausfinden, welches den Patienten am meisten irritiert. Hierauf lässt sich auch eine "Zielbehandlung" aufbauen, welche auf den Krankheitszustand abzielt, der am ehesten für das Symptom verantwortlich ist.
Lokalisationsabhängige Symptome
Eine Rhinosinusitis betrifft am häufigsten die Kieferhöhlen und die Siebbeinzellen. Seltener sind die Stirnhöhlen und die Keilbeinhöhlen betroffen.
Siebbeinzellen und Kieferhöhle
Ein Befall der Kieferhöhle und der Siebbeinzellen äußert sich symptomatisch in Form von Kopfschmerzen in der Umgebung der befallenen Nebenhöhlen, jedoch auch hinter dem Auge und in der Stirnregion. Die Schmerzintensität kann durch Bücken oder Pressen gesteigert werden.
Der Nervus infraorbitalis ist an seinem Austrittspunkt druckschmerzhaft. Die Kieferhöhlenwand schmerzt bei Palpation und Perkussion. Die Nasenatmung ist meist stark behindert.
Stirnhöhle
Eine Sinusitis der Stirnhöhle führt zu starken Kopfschmerzen über der Stirn und Druckschmerzhaftigkeit der Stirnhöhlenwandung (Klopfempfindlichkeit). Die Kopfschmerzintensität ist durch Bücken und Pressen ebenfalls steigerbar.
Keilbeinhöhle
Aus dem Befall der Keilbeinhöhlen (Sphenoiditis) resultieren typischerweise dumpf pochende Kopfschmerzen, die von der Keilbeinhöhle ausgehend in den Hinterkopf ausstrahlen und durch Bücken und Pressen steigerbar sind ("referred pain").
Komplikationen
Breiten sich die Erreger in benachbarte Strukturen des Kopfes (Augenhöhle, Schädelbasis etc.) aus, kann es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen, z.B.:
Diagnostik
Im Rahmen der Diagnostik einer Rhinosinusitis sollte vor allem die Unterscheidung zwischen akut und chronisch getroffen werden können, um daraus therapeutische Konsequenzen abzuleiten.
In der Anamnese sind u.a. der Zeitraum der Beschwerden, freie Intervalle zwischen wiederkehrenden Entzündungen und die Art des Kopfschmerzes genau zu erfragen. Andere Formen des Kopfschmerzes (z.B. Migräne, Cluster-Kopfschmerz, Spannungskopfschmerz, Pseudo-Trigeminusneuralgie) sind differentialdiagnostisch auszuschließen.
Die klinische Untersuchung besteht hauptsächlich aus der (apparativen) Inspektion der Nase und der Nasennebenhöhlen, funktionellen Untersuchungen (z.B. Rhinomanometrie) und der Zuhilfenahme bildgebender Verfahren.
- Rhinoskopie (in der Regel mit dem starren Endoskop)
- Postrhinoskopie
- Bildgebende Verfahren
- CT: Standarduntersuchung in koronarer und horizontaler Schichtung im Weichteil- und Knochenfenster
- MRT (Weichteile)
- Sonographie: A-Scan und B-Scan
Veraltete Untersuchungsverfahren sind die okzipitodentale Röntgenaufnahme (gute Kieferhöhlendarstellung) und die okzipitofrontale Röntgenaufnahme (gute Stirnhöhlendarstellung) sowie die Diaphanoskopie.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach der jeweils gültigen Leitlinie. Wenn möglich, sind auslösende Ursachen mitzubehandeln.
Akute Rhinosinusitis
Eine akute Rhinosinusitis wird primär durch abschwellende Nasentropfen (Naphazolin, Xylometazolin) und topische nasale Steroide (z.B. Mometason) behandelt, um den Sekretabfluss über die Nase zu verbessern.
Der zusätzliche Einsatz von Sekretolytika (z.B. Ambroxol) ist möglich, die Wirksamkeit ist jedoch umstritten. Das gleiche gilt für Mukolytika auf pflanzlicher Basis wie Myrtol, Cineol, Pelargonium und Bromelain.
Die Inhalationstherapie entfernt mechanisch Ablagerungen und trägt bei der allergischen und entzündlichen Rhinosinusitis zur Linderung von Beschwerden bei. Sie beseitigt die vom Patienten als lästig empfundene Obstruktion, lindert die Irritation der Nasenschleimhaut und hilft der Selbstreinigung.
Nasenspülungen mit isotonen oder hypertonen Lösungen können bei CRS eine Symptomlinderung bewirken - auf den Verlauf einer ARS scheinen sie keinen Einfluss zu haben.
Bei allergischer Genese können zusätzlich topische oder systemische Antihistaminika gegeben werden.
Antibiotika (z.B. Amoxicillin) sollten bei akuter Rhinosinusitis nur gegeben werden, wenn starke Beschwerden und Fieber vorliegen oder Komplikationen drohen. Ausnahmen gelten für Patienten mit Immundefizienz, chronisch entzündlicher Lungenerkrankung oder anderen besonderen Risikofaktoren.
Chronische Rhinosinusitis
Die Behandlung der chronischen Rhinosinusitis gleicht in ihren Grundzügen der Therapie der ARS, ist jedoch um operative Verfahren erweitert, wenn die konservative Therapie keinen Erfolg hat.
Podcast
tl;dr
Leitlinien
- Position Paper on Rhinosinusitis and Nasal Polyps (EPOS) 2012. Rhinology, suppl. 23, p1-298
- Clinical Practice Guideline (Update): Adult Sinusitis. Otolaryngology - Head and Neck Surgery, 2015, 152, Suppl. 2, S1-S39
- Prof. Dr. med. Boris A. Stuck, Dr. med. Uwe Popert: Rhinosinusitis. S2k-Leitlinie. Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V. (DGHNO-KHC) und Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). 7.4.2017
Quellen
- ↑ Rhinosinusitis S2k-Leitlinie AWMF-Register-Nr. 017/049 und 053-012
- ↑ Position Paper on Rhinosinusitis and Nasal Polyps (EPOS) 2012, Rhinology, suppl. 23, p1-298
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 04.05.2021
Bildquelle
- Bildquelle Podcast: © Diana Polekhina / Unsplash