Phenobarbital
von lateinisch: Phenobarbitalum
Handelsname: Luminal®
Englisch: phenobarbital
Definition
Phenobarbital ist ein Barbiturat mit antikonvulsiver und sedativer Wirkung, das in der Behandlung von Epilepsien und in der Narkosevorbereitung Anwendung findet.
Chemie
Die chemische Bezeichung für Phenobarbital ist 5–Ethyl-5–phenylbarbitursäure.
Die Summenformel lautet C12H12N2O3. Phenobarbital hat eine molare Masse von 232,24 g·mol−1.
Wirkprinzip
Phenobarbital wirkt als Barbiturat über die Bindung und Aktivierung der inhibitorisch wirkenden GABAA-Rezeptoren im zentralen Nervensystem (ZNS). Hierbei kommt es durch die Bindung des Phenobarbitals an eine Domäne des ligandenaktivierten GABAA-Rezeptors zur Öffnung von Ionenkanälen.
Metabolismus
Nach oraler Applikation von Phenobarbital kommt es zu einer fast vollständigen Aufnahme des Medikaments. Die Zeit bis zum Erreichen des maximalen Wirkspiegels ist abhängig von der Applikationsform.
Applikationsform | Zeit |
---|---|
orale Gabe | 6-18 Stunden |
intramuskuläre Gabe (i.m.) | 3-5 Stunden |
intravenöse Gabe (i.v.) | 20-60 Minuten |
Phenobarbital wird in der Leber metabolisiert, aber auch zum Teil unverändert über den Urin ausgeschieden. Die Halbwertszeit beträgt beim Erwachsenen ca. 2-4 Tage.
Anwendungsgebiete
Phenobarbital findet seine Anwendung heute vor allem in der Narkosevorbereitung und in der Behandlung von Epilepsien. Aufgrund seiner sedativen Wirkung wurde es lange als Schlafmittel verwendet. Aufgrund seiner Nebenwirkungen und der sich schnell entwickelnden Abhängigkeit der Patienten ist es seit 1992 nicht mehr in dieser Indikation zugelassen.
Nebenwirkungen
Phenobarbital weist neben der stark suchterzeugenden Wirkung unter anderem folgende Nebenwirkungen auf:
- Schwindel
- Kopfschmerz
- Ataxie
- Verwirrtheit
- Verlängerte Reaktionszeit
- Paradoxe Erregungszustände
Nach Langzeittherapie kann zudem eine Antiepileptika-induzierte Osteopathie auftreten.
Wechselwirkungen
Da Phenobarbital in der Leber die Produktion von arzneimittelabbauenden Enzymen anstößt, kann es zu einem verstärkten Abbau anderer, parallel gegebener Medikamente kommen. Hierzu zählen unter anderem:
Gleichzeitig führt es bei einigen Medikamenten zu einer Wirkungsverstärkung, besonders bei der Gabe anderer zentral wirkender Medikamente und bei einer Intoxikation mit Alkohol.
Kontraindikationen
Phenobarbital sollte nicht angewendet werden bei:
- Stoffwechselerkrankungen wie Porphyrie
- Leberfunktionsstörungen
- Niereninsuffizienz
- Schweren Herz-Kreislauferkrankungen
- Schweren chronischen Lungenerkrankungen (COPD, Asthma)
Labormedizin
Material
Für die Bestimmung der Phenobarbitalspiegel im Rahmen des therapeutischen Drug Monitoring werden 2 ml Serum benötigt.
Die Blutentnahme sollte im Steady-State (frühestens nach vier Halbwertszeiten des Präparates) morgens vor der Tabletteneinnahme mit mindestens vier Stunden Abstand zur vorherigen Dosis durchgeführt werden.
Referenzbereich
Bewertung | Plasmaspiegel [µg/ml] |
---|---|
Therapeutischer Bereich | 15 bis 30 |
Toxischer Bereich | > 50 |
Intoxikation
Die mittlere letale Dosis liegt zwischen 4,0 und 6,0 g Phenobarbital. Symptome einer Intoxikation sind u.a.Bewusstlosigkeit, Atemdepression, verminderte (z.T. auch gesteigerte) Reflexe, Hypotonie, Hypothermie, Nierenversagen und Tod durch zentrale Atemlähmung.
Therapie der Vergiftung
Wie bei allen Barbituraten gibt es auch bei Phenobarbital kein spezifisch wirksames Antidot, das bei einer akzidentellen oder absichtlichen (suizidalen) Überdosierung gegeben werden kann. Ziel der Behandlung einer Überdosierung ist die Stabilisierung des Kreislaufs und eventuell die Entfernung des Giftfokusses. Die Möglichkeit der künstlichen Beatmung ist sicherzustellen, die Vitalparameter sind zu überwachen. Es können Aktivkohle zum Binden des Giftstoffes sowie Natriumsulfat zur Einleitung einer forcierten Diarrhoe verabreicht werden. Eventuell ist auch eine Hämoperfusion sinnvoll.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 27.04.2021