Von-Meyenburg-Komplex
nach dem Schweizer Pathologen Hans von Meyenburg (1887–1971)
Synonyme: Gallengangsmikrohamartom, biliäres Hamartom
Englisch: von Meyenburg complex, biliary hamartoma, biliary microhamartom, bile duct microhamartoma, multiple biliary hamartoma (MBH)
Definition
Ätiologie
Die genaue Ursache der von-Meyenburg-Komplexe ist derzeit (2023) unklar. Vermutlich handelt es sich um eine kongenitale Malformation, die aus embryonalen Gallengangsresten entsteht.
Die von-Meyenburg-Komplexe werden dem Spektrum der fibropolyzystischen Erkrankungen von Leber und Nieren zugeordnet. Entsprechend sind sie assoziiert mit:
Klinik
Von-Meyenburg-Komplexe sind asymptomatisch, sodass es sich um Zufallsbefunde in Autopsien, Biopsien oder in der Bildgebung handelt.
Pathologie
Die von-Meyenburg-Komplexe weisen makroskopisch eine grauweiße Farbe auf und sind meist < 5 mm, vereinzelt auch bis 30 mm groß. Sie treten in der Regel multipel in der gesamten Leber verteilt auf, insbesondere in den subkapsulären Regionen. Dabei sind sie weitgehend gleich groß. Pathohistologisch bestehen sie aus kleinen Ansammlungen zystisch dilatierter Gallengänge, die mit einer Schicht kuboidaler Epithelzellen ausgekleidet und von einem fibrösen Stroma umgeben sind. Meist kommunizieren sie nicht mit den restlichen Gallengängen. Das Lumen kann Gallenflüssigkeit oder proteinreichen Debris enthalten.
Maligne Transformationen in Cholangiokarzinome und hepatozelluläre Karzinome sind in Einzelfällen beschrieben.[1]
Radiologie
Von-Meyenburg-Komplexe sind erst ab einer gewissen Größe in bildgebenden Verfahren darstellbar.
Sonographie
In der Sonographie finden sich mehrere kleine, gut umschriebene Läsionen. Die fibrotische Komponente ist hyperechogen, zystische Anteile sind echoarm. Eine dorsale Schallverstärkung sowie Kometenschweifartefakte können auftreten. Multiple kleine Hamartome imponieren als diffus inhomogene Lebertextur.
Computertomographie
Von-Meyenburg-Komplexe sind in der Computertomographie (CT) in der Regel hypodens. Die Dichte ist jedoch abhängig von der vorherrschenden Komponente:
- überwiegend zystisch: wasser-isodens, kein Kontrastmittelenhancement.
- überwiegend solide (fibröses Stroma): weichteildicht. Kontrastmittelenhancement, sodass sie isodens zum Leberparenchym werden.
Punktförmige Verkalkungen können vorkommen.
Magnetresonanztomographie
In der Magnetresonanztomographie (MRT) ergeben die meisten biliären Hamartome folgende Befunde:
- T1w: hypointense Läsionen
- T2w:
- zystische Komponenten sind sehr hyperintens ("Sternenhimmel").
- solide Komponenten weisen eine intermediäre Signalintensität auf.
- T1w-KM: kein Enhancement der zystischen Komponenten. Die fibrösen Anteile können ein noduläres Enhancement zeigen.
- DWI/ADC: keine Diffusionsrestriktion
In der MRCP lässt sich keine Kommunikation mit den restlichen Gallengängen feststellen.
Angiographie
Nur einige der multiplen von-Meyenburg-Komplexe sind in der Angiographie als traubenförmige Cluster mit abnormaler Vaskularität darstellbar, wobei das Kontrastmittel bis in die venöse Phase persistiert.
Nuklearmedizin
In der Choleszintigraphie zeigt sich eine verzögerte Aufnahme und eine verzögerte Entleerung des Tracers in größeren Hamartomen.
Differenzialdiagnosen
Radiologisch müssen von-Meyenburg-Komplexen von multiplen Lebermetastasen differenziert werden. Diese zeigen eine variablere Größe und ein deutlicheres, noduläres und komplexes Enhancement.
Die Unterscheidung zu multiplen Mikroabszessen ergibt sich meist aus den anamnestischen und klinischen Befunden (z.B. Immunsuppression, Fieber). Weiterhin können Mikroabszesse eine Diffusionsstörung aufweisen. In unklaren Fällen ist eine Biopsie notwendig. Weitere Differenzialdiagnosen sind:
- ADPKD: Es bestehen größere und zahlreichere Leberzysten, die nicht miteinander oder mit den Gallenwegen kommunizieren. Meist liegen auch Nierenzysten vor.
- Multiple einfache Leberzysten: Die Zysten sind selten so zahlreich und uniform klein. Im Ultraschall sind sie echofrei und ohne knotige Komponenten.
- Caroli-Syndrom: Typisch sind multiple kleine, runde, hypodense und T1w-hypointense, sakkuläre Erweiterungen der intrahepatischen Gallengänge. Das Central-Dot-Zeichen in CT und MRT (kontrastmittelaufnehmende winzige Punkte in den dilatierten intrahepatischen Gallengängen) ist hinweisgebend. Außerdem zeigen sich Anomalien der Gallengänge in ERCP und MRCP.
Therapie
Von-Meyenburg-Komplexe bedürfen keiner Therapie.
Quelle
- ↑ Orii T et al. Cholangiocarcinoma arising from preexisting biliary hamartoma of liver-report of a case. Hepatogastroenterology. 2003
Literatur
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