Visfatin
Synonym: Nicotinamid-Phosphoribosyltransferase, NAMPT
Definition
Visfatin ist ein multifunktionelles Glykoprotein, das sowohl als intrazelluläres Enzym der NAD⁺-Biosynthese als auch als extrazelluläres Zytokin bzw. Adipokin wirkt. Es spielt eine Rolle im Energiestoffwechsel, in Entzündungsprozessen und bei verschiedenen Stoffwechsel- und Tumorerkrankungen.
Genetik
Das Visfatin-kodierende Gen NAMPT (Nicotinamid-Phosphoribosyltransferase) liegt beim Menschen auf Chromosom 7 am Genlokus 7q22.3. Es kodiert ein hochkonserviertes Protein, das in nahezu allen Geweben exprimiert wird. Die Expression wird durch inflammatorische Reize, zellulären Stress, Hypoxie und metabolische Signale reguliert.
Varianten im NAMPT-Gen wurden in mehreren Studien mit dem Risiko für Adipositas, Insulinresistenz und kardiovaskuläre Erkrankungen assoziiert, wenngleich die Datenlage heterogen ist. Das Protein wird sowohl intrazellulär (iNAMPT) als auch extrazellulär (eNAMPT) gefunden, wobei unterschiedliche Promotoraktivitäten und Sekretionswege angenommen werden.
Biochemie
Biochemisch wirkt Visfatin intrazellulär als Schlüsselenzym der NAD⁺-Synthese. iNAMPT katalysiert die Umwandlung von Nicotinamid zu Nicotinamidmononukleotid (NMN), einem essenziellen Vorläufermolekül für NAD⁺. Damit beeinflusst Visfatin fundamentale Prozesse des Energiestoffwechsels, einschließlich mitochondrialer Funktion, oxidativer Stressregulation, DNA-Reparatur (PARP-Aktivität) und der Aktivität NAD⁺-abhängiger Deacetylasen wie der Sirtuine.
Extrazellulär liegt Visfatin in einer zirkulierenden Form (eNAMPT) vor, deren biologische Funktion bisher (2026) nicht vollständig geklärt ist. Einige Studien zeigen proinflammatorische Effekte, darunter die Induktion von Zytokinen, die Modulation der Funktion neutrophiler Granulozyten und eine Beteiligung an systemischen Stressreaktionen. Frühere Berichte über insulinähnliche Wirkungen gelten heute als umstritten, da sie in späteren Studien nicht reproduzierbar waren.
Klinik
Visfatin ist vor allem als Marker für metabolischen und inflammatorischen Stress relevant. Erhöhte Serumspiegel finden sich häufig bei Adipositas, insbesondere viszeraler Fettakkumulation. Die Konzentrationen korrelieren in vielen Untersuchungen mit Komponenten des metabolischen Syndroms, Insulinresistenz, Diabetes mellitus Typ 2, Dyslipidämie und systemischer Entzündung.
Bei rheumatoider Arthritis und anderen Autoimmunerkrankungen sind die Visfatin-Spiegel erhöht und stehen mit der Krankheitsaktivität in Verbindung. Auch in der Onkologie spielt NAMPT eine Rolle: Viele Tumorzellen zeigen eine gesteigerte NAMPT-Expression.
In der Intensiv- und Notfallmedizin wird Visfatin zunehmend als prognostischer Marker bei Sepsis, kardiovaskulären Erkrankungen und akutem Organversagen untersucht. Trotz zahlreicher Assoziationen ist bisher jedoch unklar, ob Visfatin primär pathophysiologisch wirksam oder überwiegend ein Biomarker zellulärer Stressantworten ist.
Literatur
- Jiang et al: Visfatin level and gestational diabetes mellitus: a systematic review and meta-analysis. Arch Physiol Biochem, 2021
- Gressner: Visfatin. eMedpedia, Springer Medizin, 2017