Urämische Polyneuropathie
Definition
Die urämische Polyneuropathie ist eine sensomotorische, meist distal symmetrische Polyneuropathie, die im Rahmen einer chronischen Niereninsuffizienz auftritt. Sie zählt zu den häufigsten neurologischen Komplikationen der terminalen Niereninsuffizienz und betrifft vor allem Patienten unter Dialysebehandlung.
Pathogenese
Die Entstehung ist multifaktoriell bedingt. Hauptursache ist die Akkumulation urämischer Toxine infolge der eingeschränkten Nierenfunktion. Diese wirken neurotoxisch und führen zu strukturellen und funktionellen Schädigungen peripherer Nerven. Hinzu kommen metabolische Faktoren (z.B. Störungen im Elektrolyt- und Glukosestoffwechsel), mikrovaskuläre Veränderungen sowie ein möglicher Einfluss der Dialysequalität.
Klinik
Die urämische Polyneuropathie ist distal betont („Strumpf- und Handschuhverteilung“) und beginnt meist schleichend. Sie umfasst:
- Sensible Symptome: Parästhesien, Dysästhesien, Hypästhesien, neuropathische Schmerzen
- Motorische Symptome: Muskelschwäche, vor allem distal (Fußheberparese)
- Reflexabschwächung bis -verlust, insbesondere Achillessehnenreflex
Im Verlauf besteht die Gefahr trophischer Störungen. Zusätzlich kann eine Gangunsicherheit auftreten.
Diagnostik
- Klinische Untersuchung mit Nachweis distaler Sensibilitäts- und Reflexstörungen
- Elektroneurographie: Reduzierte Nervenleitgeschwindigkeit und Amplituden (axonal betont mit zusätzlicher demyelinisierender Komponente)
Andere Ursachen einer Polyneuropathie (z.B. Diabetes mellitus, Alkohol, Vitaminmangel) müssen diagnostisch ausgeschlossen werden.
Therapie
- Optimierung der Dialyse (z.B. High-Flux-Dialyse, Hämofiltration)
- Nierentransplantation als kausale Therapie mit oft deutlicher Besserung
- Symptomatische Therapie neuropathischer Schmerzen (Antikonvulsiva, Antidepressiva, Analgetika)
- Physiotherapie zur Kräftigung und zum Erhalt der Mobilität
Prognose
Unter Dialyse kommt es häufig zu einer langsamen Progression. Eine Nierentransplantation kann die Symptome deutlich bessern oder stabilisieren.
Literatur
- Arnold R, Issar T, Krishnan AV, Pussell BA. Neurological complications in chronic kidney disease. JRSM Cardiovasc Dis. 2016;5:2048004016677687. Published 2016 Nov 3. doi:10.1177/2048004016677687