Thymosin
von altgriechisch: θυμός ("thymos") - Lebenskraft
1. Definition
Thymosine sind eine Familie kleiner Polypeptide, die eine noch nicht vollständig geklärte Rolle bei der Immunregulation, Zelldifferenzierung und Geweberegeneration spielen. Sie wurden ursprünglich aus dem Thymus isoliert, kommen aber auch in anderen Geweben vor.
2. Einteilung
Die Thymosine bestehen aus kurzen Peptidsequenzen mit variabler Länge und Funktion. Sie werden in zwei Hauptfamilien unterteilt:
- Thymosin-α-Familie: Der wichtigste Vertreter ist Thymosin-α1 (Tα1), ein aus 28 Aminosäuren bestehendes Peptid mit stark immunmodulatorischer Funktion. Es aktiviert dendritische Zellen und T-Lymphozyten, verstärkt die Produktion von Zytokinen (IL-2, IFN-γ) und fördert die Abwehr gegen virale und bakterielle Infektionen.
- Thymosin-β-Familie: Der wichtigste Vertreter ist Thymosin-β4 (Tβ4). Es esteht aus 43 Aminosäuren und reguliert die Aktin-Dynamik. Es bindet an G-Aktin und reguliert die Polymerisation. Darüber hinaus fördert es die Zellmigration bei der Wundheilung und reguliert die Differenzierung von Stammzellen im Rahmen der Geweberegeneration und Angiogenese.
Weitere Thymosine sind:
- Thymosin-γ: Beteiligung an zellulären Differenzierungsprozessen
- Thymosin-δ und andere Isoformen: Die genaue Funktion ist derzeit (2025) noch nicht abschließend erforscht. Sie sind möglicherweise wichtig für die zelluläre Signaltransduktion.
3. Klinik
Thymosin-α1 wird therapeutisch als Thymalfasin bei Hepatitis B und C sowie bei HIV-Patienten eingesetzt.[1][2] Außerdem wird Thymosin-α1 in Studien als adjuvante Therapie bei Krebs getestet, insbesondere bei Melanomen und Lungenkrebs.[3] Ein weiteres mögliches Einsatzgebiet sind Patienten mit multipler Sklerose und rheumatoider Arthritis.
Thymosin-β4 kann möglicherweise die Reparatur von Myokardgewebe nach einem Infarkt beeinflussen. In präklinischen Studien förderte es die Regeneration von Herzmuskelzellen.[4] Weitere Studien untersuchten beispielsweise den Einsatz von Tβ4 bei Sepsispatienten sowie zur Behandlung von Hornhautverletzungen und zur Förderung der Wundheilung bei Augenoperationen.[5][6] In der Orthopädie wird der Einsatz von Thymosin-β4 zur Unterstützung der Heilung von Sehnen- und Knorpelgewebe bei Sportverletzungen oder degenerativen Erkrankungen erforscht.
4. Quellen
- ↑ Mutchnick MG et al. Thymosin alpha1 treatment of chronic hepatitis B: results of a phase III multicentre, randomized, double-blind and placebo-controlled study. J Viral Hepat. 1999
- ↑ Zavaglia C et al. A randomized, controlled study of thymosin-alpha1 therapy in patients with anti-HBe, HBV-DNA-positive chronic hepatitis B. Dig Dis Sci. 2000;45(4):690-696. doi:10.1023/a:1005431323945
- ↑ Salvati F et al. Combined treatment with thymosin-alpha1 and low-dose interferon-alpha after ifosfamide in non-small cell lung cancer: a phase-II controlled trial. Anticancer Res. 1996
- ↑ Zhu J et al. Safety and efficacy of autologous thymosin β4 pre-treated endothelial progenitor cell transplantation in patients with acute ST segment elevation myocardial infarction: A pilot study. Cytotherapy. 2016
- ↑ Sosne G et al. Thymosin Beta 4: A Potential Novel Therapy for Neurotrophic Keratopathy, Dry Eye, and Ocular Surface Diseases. Vitam Horm. 2016
- ↑ Belsky JB et al. Thymosin beta 4 regulation of actin in sepsis. Expert Opin Biol Ther. 2018