Substitutionstherapie (Opiate)
Synonyme: Drogenersatztherapie, Drogensubstitution
Definition
Als Substitutionstherapie bezeichnet man die Behandlung opiatabhängiger Patienten mit Ersatzstoffen nach einem definierten Therapiekonzept. Rechtlich ist die Substitution im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung(BtMVV) verankert.
Therapieziele
Zum einen kann eine schrittweise herbeigeführte Opioidabstinenz (Entzug, Entgiftung) angestrebt werden. In Fällen, in denen eine dauerhafte Abstinenz nicht erfüllt werden kann, wird eine Dauersubstitution in Erwägung gezogen. Die Substitutionstherapie soll das Überleben des Patienten sichern und zur Besserung beziehungsweise Stabilität des Gesundheitszustandes beitragen. Ebenso soll der Beikonsum verhindert und damit die Beschaffungskriminalität gesenkt werden. Im Rahmen des Substitutionsprogrammes werden gleichermaßen Begleiterkrankungen, wie zum Beispiel HIV- oder HBV-Infektionen, mitbehandelt. Die Betreuung opioidabhängiger Frauen umfasst darüber hinaus die Risikominimierung während der Geburt und Schwangerschaft. Insgesamt soll durch die Substitutionstherapie eine Integration in Gesellschaft und Beruf unterstützt werden.
Therapiekonzept
Die Erstellung des individuellen Therapiekonzeptes umfasst zunächst die Auswahl des geeigneten Substitutionsmittels. Es soll eine Arzneiform gewählt werden, die nicht parenteral zu applizieren ist. Die Einnahme des Substitutionsmittels kann unter Sichtbezug oder eigenverantwortlich, in Form der Verschreibung von take-home, stattfinden. Darüber sind psychosoziale Betreuungsmaßnahmen und ggf. auch eine Psychotherapie erforderlich. Der Therapieverlauf wird stetig kontrolliert und bewertet.
Qualifikation des Arztes
Um eine Substitutionsbehandlung durchzuführen, benötigt der behandelnde Arzt eine suchtmedizinische Qualifikation. Eine Vertretung durch einen nicht suchtmedizinisch qualifizierten Arzt ist durch einen Konsiliarius möglich. Der Konsiliarius ist zur Behandlung von bis zu 10 Patienten befugt. Erfolgt die Verordnung regelhaft durch den Konsiliarius, ist der Patient dazu verpflichtet, die Substitutionstherapie bei einem Substitutionsarzt begonnen zu haben, sowie diesen einmal pro Quartal aufzusuchen. Zwischen dem Substitutionsarzt und dem Konsiliarius hat eine Dokumentation und ein Schriftwechsel stattzufinden.
Nachweisführung
Der Substitutionsarzt ist zur Dokumentation im Substitutionsregister beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) verpflichtet. Das BfArM kontrolliert und unterbindet Mehrfachverordnungen, prüft die Qualifikation des Arztes und ermöglicht die statistische Auswertung der Daten. Im Substitutionsregister sind die anonymisierten Patientendaten, das Datum der ersten und letzten Verschreibung, die Art des Substitutionsmittels und der Verordner hinterlegt.
Zudem sollte der Substitutionsarzt den Therapieverlauf dokumentieren. Der Nachweis, dass kein Beikonsum stattfindet, bzw. keine weiteren Substitutionsmittel eingenommen werden, kann anhand von Urin- und Blutkontrollen erhoben werden. Ebenso sollte sichergestellt werden, dass die Substitutionsmittel bestimmungsgemäß gebraucht werden.
Therapieablauf
- Verordnung durch Substitutionsarzt bzw. Konsiliarius; auf dem BtM-Rezept wird die Substitutionstherapie durch ein "S" gekennzeichnet
- Einlösen der Rezepte in der Apotheke durch den Arzt/Arztpersonal oder durch den Patienten selbst, eine Aushändigung des Präparates an den Patienten ist jedoch nicht möglich
- Sichtbezug oder eigenverantwortliche Einnahme
Ein wöchentlicher Arztkontakt ist rechtlich festgeschrieben.
Sichtbezug
Der Sichtbezug beschreibt die durch fachgerecht unterwiesenes Personal beaufsichtigte Einnahme des Substitutionsmittels, in der Regel in der Substitutionspraxis. Die Verantwortung trägt der verschreibende Arzt. Außerdem kann der Sichtbezug nach entsprechender Unterweisung in Apotheken durch Apotheker/pharmazeutisches Personal erfolgen. Dies muss vertraglich niedergelegt und dokumentiert werden.
Take-home
Take-home-Verschreibungen weisen die benötigte Menge des Substitutionsmittels für bis zu 7 Tagen oder in begründeten Einzelfällen bis zu 30 Tagen, zur eigenverantwortlichen Einnahme auf. Die BtM-Rezepte werden in diesem Falle mit einem "S" und einem "T" gekennzeichnet. Außerdem ist die Reichdauer in Tagen zu vermerken. Take-home-Substitutionsmittel sind in kindergesicherten Einzeldosen abzugeben.
Take-home-Therapien können lediglich dann durchgeführt werden, wenn eine stabile Dosis festgelegt wurde und Beikonsum, sowie Missbrauch des Substitutionsmittels, ausgeschlossen werden können.
"SZ"-Verschreibung
"SZ"-Verschreibungen definieren eine einmal in der Woche stattfindende eigenverantwortliche Einnahme an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, bzw. an höchstens fünf Tagen, im Falle von Wochenenden und Feiertagen. Diese Art der Verordnung ist lediglich zulässig, insofern eine Kontinuität der Behandlung nicht anderweitig aufrechterhalten werden kann. Außerdem muss der bisherige Therapieverlauf dies zulassen, sodass die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt wird und keine Selbst- oder Fremdgefährdung entsteht. Mit "SZ" gekennzeichnete Rezepte sind dementsprechend Take-home-Rezepte für Patienten, die im Normalfall im Sichtbezug behandelt werden.
Zulässige Substitutionsmittel
Zur Substitutionstherapie sind folgende Wirkstoffe vorgesehen:
- Methadon bzw. L-Methadon
- Buprenorphin
- Diamorphin
- Morphin
- Codein bzw. Dihydrocodein
Die aufgeführten Substitutionsmittel sind in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich. Neben Tabletten, Schmelztabletten und Lösungen ist seit November 2018 auch ein Depot-Buprenorphin zur subkutanen Injektion in der EU zugelassen.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass Substitutionsmittel getrennt von anderen Betäubungsmitteln im Tresor gelagert werden müssen.
um diese Funktion zu nutzen.