Stoffwechseldiagnostik
Englisch: diagnostic of metabolism
Definition
Bei der Stoffwechseldiagnostik werden verschiedenste Zwischen- und Endprodukte des Stoffwechsels labordiagnostisch gemessen und interpretiert, um aus den Resultaten Rückschlüsse auf die Funktion von Stoffwechselprozessen im menschlichen Körper zu ziehen. Um möglichst genaue Resultate zu erzielen, werden Untersuchungen zum Metabolismus von Kohlenhydraten, Proteinen, Nukleinsäuren, Fetten sowie andere ausgewählte metaboler und neuro-metaboler Prozesse durchgeführt.
Hintergrund
Man kann erbliche Stoffwechselerkrankungen auch als genetische Sötrungen der Umwandlung einer Substanz ("Stoffes") in eine andere Substanz definieren. Dieses grundlegende pathophysiologische Prinzip ergibt nicht nur besondere klinische Krankheitsbilder und Möglichkeiten der therapeutischen Intervention, sondern auch besonders günstige Ansätze für sogenannte metabolische bzw. enzymatische Diagnostik. Man versteht darunter also die quantitative Bestimmung von spezifischen Substraten und ihren Abbauprodukten bzw. Reaktionsprodukten.
Basisdiagnostik
In jedem Krankenhaus sollten einfache klinisch-chemische Tests ("Bedside-Tests") vorhanden sein, die auch nachts und am Wochenende verfügbar sind, um wichtige Hinweise auf das Vorliegen einer Stoffwechselstörung geben zu können. Zu diesen Erstuntersuchungen zählen u.a. die Bestimmung des Blutzuckers und des Säure-Basen-Status sowie die Untersuchung des Urins mit Urinteststreifen. Diese Untersuchungen sollten routunemäßig bei allen akut, ungeklärt erkrankten Patienten vorgenommen werden. Liegt eine neurologische Symptomatik vor (nicht nur im Kindesalter), sollten auch die Laktat- und Ammoniakwerte bestimmt werden. Es werden mit diesen Tests zwar keine Stoffwechselkrankheiten ausgeschlossen, jedoch können sie sehr rasch richtungsweisende diagnostische Hinweise geben. Unterlässt man diese Tests, kann das dazu führen, dass eine behandelbare Krankheit nicht rechtzeitig erkannt wird.
Selektives Screening
Liegt ein klinischer Verdacht auf eine erbliche Stoffwechselkrankheit vor, z.B. nach auffälliger Basisdiagnstik, so können zahlreiche Metabolite in speziellen Stoffwechselwegen durch besondere Screeningverfahren quantifiziert werden. In der Regel handelt es sich hier um aufwändigere Verfahren, weshalb sie auch nur bei spezifischem Verdacht angefordert werden sollten. Um die Befunde korrekt interpretieren zu können, sind meist große Erfahrungen mit Stoffwechselkrankheiten Voraussetzung. Außerdem sollten solche Untersuchungen nur in einem spezialisierten Stoffwechselzentrum durchgeführt werden. Zu den wichtigsten selektiven Screeningverfahren zählen:
- Organische Säuren im Urin: Diese liefern Hinweise auf Organoazidurien, Fettsäureoxidationsdefekte, Aminoazidopathien, mitochondriale Störungen, u.a.)
- Aminosäuren im Plasma: Dienen speziell zum Nachweis von Aminoazidopathien, aber auch zur Darstellung von anderen Stoffwechselstörungen.
- Acylcarnitine im getrockneten Blutstropfen: Werden u.a. für die Diagnose von Fettsäureoxidationsdefekten und Organoazidurien verwendet.
Sowohl für die selektiven Screeningverfahren, als auch für die Stoffwechseldiagnostik überhaupt, gilt, dass der Zeitpunkt der Probeentnahme für die Aussagekraft des Tests von entscheidender Bedeutung sein kann. Liegt eine Krankheit vor, die mit Akutsymptomatik einhergeht, gilt als Faustregel, dass Proben prinzipiell dann am aussagekräftigsten sind, wenn sie in der auftretenden Akutsituation gewonnen werden (Vergleichbar mit der Blutabnahme durch den Notarzt am "Unfallort", um kardiale Biomarker in der Akutsituation zu erhalten). Außerdem sind einige Stoffwechselkrankheiten nur innerhalb entsprechender Krisen eindeutig nachweisbar.
Funktionstests
Manche Stoffwechselkrankheiten lassen sich am besten durch ein metabolisches Tagesprofil erkennen lassen. Darunter versteht man also die Messung relevanter Metaboliten (Glukose, Laktat, Aminosäuren, usw.) im Tagesverlauf. Zudem kann ein Tagesprofil helfen, die Bedeutung äußerer Faktoren zu untersuchen und die Behandlung zu optimieren. Gelegentlich sind auch Belastungstests notwendig, um kritische, diagnostische richtungsweisende Stoffwechsellagen kontrolliert zu erzeugen. Da diese Tests allerdings z.T. lebensgefährlich sind, sollten diese nur in spezialisierten Stoffwechselzentren durchgeführt werden.
Enzymanalysen
Viele der bekannten gentischen Enzymdefekte lassen sich durch eine spezifische Bestimmung der Enzymaktivität in geeigneten Zellen eindeutig diagnostizieren. Dafür reicht oft eine Blutentnahme (Lymphozyten) oder Hautstanze (Fibroblasten) aus - gelegentlich sind auch Organbiopsien (z.B. eine Leberbiopsie) notwendig. Enzymanalysen durch Blut- oder Hautzellen sind meist molekulargenetischen Analysen vorzuziehen, da sie in der Regel weniger aufwändig und deshalb auch dementsprechend konstengünstiger sind. Zudem weisen sie eine höhere Sensitivität auf und sind deshalb nicht selten eindeutiger zu interpretieren. Enzymanalysen sind oft auch in der Pränataldiagnostik möglich.
Literatur
- "Basiswissen Humangenetik" - Christian P. Schaaf, Johannes Zschocke, Springer-Verlag
um diese Funktion zu nutzen.