Septische Klauengelenksarthritis (Wiederkäuer)
Synonym: Septische Arthritis des Klauengelenks
Englisch: septic arthritis of the distal interphalangeal joint, septic arthritis of the coffin joint
Definition
Eine septische Klauengelenksarthritis ist eine infektiöse Entzündung des Klauengelenks beim Wiederkäuer.
Epidemiologie
Septische Arthritiden des Klauengelenks sind die am häufigsten vorkommenden Arthritiden beim Rind. Sie sind überwiegend an der lateralen Hinterklaue anzutreffen.
Ätiologie
Septische Klauengelenksentzündungen entstehen aufgrund unterschiedlicher Mechanismen, in absteigender Reihenfolge:
- sekundär infolge ausbleibender oder unsachgemäßer Therapie anderer Klauenerkrankungen (z.B. Sohlengeschwür oder weiße-Linie-Defekt)
- primär durch eine direkte Perforation des Gelenks durch einen (kontaminierten) Fremdkörper
- hämatogen nach Streuung von Bakterien aus einer bereits bestehenden Infektion im Organismus (z.B. Endometritis oder eitrige Mastitis)
Pathogenese
Klauengelenksarthritiden entwickeln sich meist durch ein langsames Fortschreiten infizierter Prozesse aus der direkten Umgebung. Aufgrund bereits bestehender Klauenerkrankungen können die Erreger aus den oberflächlichen Schichten der Klaue in tiefe Strukturen einwandern. Bleibt die Primärerkrankung lang genug unerkannt, brechen die Bakterien in das nahe gelegene Klauengelenk ein und verursachen dort eine massive Entzündungsreaktion.
In seltenen Fällen entwickelt sich infolge einer direkten Perforation des Gelenks (perforierender Fremdkörper, Wunde) eine septische Arthritis.
Abhängig von der Dauer der Infektion sowie vom Infektionsmodus kann eine septische seröse, serofibrinöse, fibrinöse, eitrige oder eitrig-nekrotisierende Entzündung unterschieden werden.
Klinik
Je nach Dauer der Infektion zeigen betroffene Rinder eine Lahmheit 2. bis 5. Grades (nach Sprecher et al.). Im Stand der Ruhe wird die erkrankte Gliedmaße entlastet. Oftmals ist die gesamte Zehe bis zum Fesselgelenk sowie proximal davon entzündlich geschwollen. Sowohl dorsal als auch abaxial an der Krone sowie am Ballen findet man immer eine charakteristische, mittelgradig bis hochgradig ausgebildete, zirkuläre und wurstförmige Schwellung. Diese diffuse Schwellung liegt genau im Bereich des Klauengelenkrezessus und markiert den entzündlichen Prozess im Klauengelenk.
Im fortgeschrittenen Stadium sind zusätzlich an der Krone bzw. am Ballen kleine fluktuierende Umfangsvermehrungen ausgebildet, die später zu Fistelöffnungen aufbrechen. Manipulationen an der Klaue (Extension, Flexion, Rotation) sind mittelgradig bis hochgradig schmerzhaft. Bei schweren eitrigen und nekrotisierenden Verläufen sind sich Störungen des Allgemeinbefindens ausgebildet. Die Tiere zeigen Fieber, Inappetenz, Septikämie, Thrombosierung von proximalen Gliedmaßenvenen und Festliegen.
Diagnose
Bei der Suche nach der Ursache wird meist das Primärleiden an der Sohle, in der Wand, im Zwischenklauenspalt oder gar eine perforierende Wunde oberhalb des Kronsaumes festgestellt.
Mithilfe einer Gelenkpunktion mittels großlumiger Kanüle, die an der Krone dorso-abaxial seitlich der Strecksehne durchgeführt wird, kann man Aufschluss über die Qualität der Entzündung erhalten (serös, serofibrinös, fibrinös, eitrig). Ein trübes Exsudat spricht immer für eine Entzündung und musst unbedingt weiter abgeklärt werden. Befinden sich in der Synovialhöhle bereits größere Fibrinflocken, ein Fibrinerguss, dickflüssiger Eiter oder ein nekrotisierendes Stadium, so ist die Punktion und Aspiration von Exsudat nicht mehr möglich und die Probennahme fällt negativ aus.
Nach dem Gewinnen einer Punktionsprobe kann diese entsprechend bakteriologisch untersucht werden. Bei eitrigen Arthritiden sind häufig folgende Keime beteiligt: Trueperella pyogenes, Escherichia coli und α-hämolysierende Streptokokken. Meist liegen Mischinfektionen vor.
Nach der adspektorischen sowie palpatorischen Untersuchung sollte mittels Ultraschall (7,5 MHz Sektorschallkopf) die Qualität der Entzündung beurteilt werden. Eine zusätzlich durchgeführte Röntgenuntersuchung ermöglicht die Einschätzung des gesamten Ausmaßes der Infektion: Oblique, latero-mediale sowie dorso-plantar bzw. dorso-palmare Aufnahmen zeigen mögliche osteolytische, periostale sowie weitere pathologische Prozesse.
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostisch kommen folgende Erkrankungen in Frage:
- Sesambeinnekrose
- Nekrose des Tuberculum flexorium
- hochgradige Klauenbeinnekrose
- septische Arthritis des Krongelenks.
Therapie
Die Wahl der geeigneten Therapie richtet sich nach der zugrunde liegenden Primärerkrankung an der Klaue sowie nach der Form der septischen Arthritis (serös, serofibrinös u.ä.). Grundsätzlich sollte die Therapie so ausgewählt werden, dass die Klaue erhalten bleibt. Dies ist jedoch nur bei Vorliegen von serösen oder serofibrinösen Arthritiden möglich.
Im Frühstadium der septischen Arthritis (serös, seröfibrinös) sollte eine Resektion der tiefen Beugesehene und des Klauensesambeines mit nachfolgender Gelenkspülung sowie mehrtägiger parenteraler Antibiose zu einer Abheilung der Entzündung führen. Alternativ kann die Resektion des Klauengelenks auch mittels Bohrer durchgeführt werden.
Bereits fortgeschrittene, eitrige bzw. nekrotisierende Arthritiden mit Gewebseinschmelzungen oder auch Fistelöffnungen sind mit einer Amputation der Zehe im Kronbein bzw. distalen Fesselbein therapierbar. Alternativ kann hier auch eine Exartikulation der Zehe im Krongelenk durchgeführt werden.
Quellen
- A. Univ.-Prof. Dr. Johann Kofler. Dipl. ECBHM. Orthopädische Erkrankungen & Orthopädische Operationen bei Wiederkäuern. Neu überarbeitet im Jänner 2015 mit 45 Videos abrufbar mittels QR-Code & URL's zur VETmedhiathek. Klinik für Wiederkäuer, Vetmeduni Wien.
- A. Univ.-Prof. Dr. Johann Kofler. Diagnoseschlüssel zu Klauenerkrankungen für Klauenpfleger & Tierärzte, Johann Kofler. Klinik für Wiederkäuer, Vetmeduni Wien, 14.11.14 (abgerufen am 05.10.2019)
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