Schulterdystokie
Englisch: shoulder dystocia
Definition
Epidemiologie
Die Schulterdystokie ist eine seltene Komplikation während der Geburt, die für die Geburtshelfer oft sehr überraschend auftritt.
Ätiopathogenese
Die Schulterdystokie wird häufiger bei makrosomen Kindern von diabetischen und/oder übergewichtigen Müttern gefunden. Dabei führen ausgeprägte Fettdepots im Becken der Mutter und/oder ausgeprägte Fettdepots am Rumpf des Kindes zu der inkorrekten Einstellung der kindlichen Schultern in das mütterliche Becken.
Formen
Man unterscheidet den hohen Schultergeradstand vom tiefen Schulterquerstand.
Hoher Schultergeradstand
Beim hohen Schultergeradstand erfolgt eine Längseinstellung der Schultern im Beckeneingang, sodass die vordere Schulter an der Symphyse hängen bleibt.
Tiefer Schulterquerstand
Beim tiefen Schulterquerstand führt eine ausgebliebende Rotation der Schultern in Beckenmitte dazu, dass die Schultern am Beckenboden quer stehen.
Klinik
Charakteristisch ist der Geburtsstillstand nach der Geburt des kindlichen Kopfes. Beim hohen Schultergeradstand umhüllt die Vulva den Kopf des Kindes wie eine Halskrause.
Therapie
Hoher Schultergeradstand
Beim hohen Schultergeradstand wird zunächst ein Tokolytikum als Bolus verabreicht, gefolgt von einer Episiotomie, um Platz zu schaffen. Danach wird das McRoberts-Manöver durchgeführt: Dabei werden die Beine zunächst gestreckt, wodurch die Conjugata vera um bis zu einem Zentimeter vergrößert werden kann. Durch Rotation des Kindes in der Längsachse, die durch manuelle Druckausübung direkt über der Symphyse unterstützt werden kann, besteht die Möglichkeit, dass sich die Schultern in den schrägen Durchmesser einstellen. Nach erfolgreicher Rotation erfolgt die maximale Beugung im Hüftgelenk, um den Platz für die vordere Schulter zu vergrößern.
Wenn das Manöver erfolglos bleibt, kann eine Intubationsnarkose zur maximalen Relaxierung des Beckenbodens notwendig werden.
Tiefer Schulterquerstand
Beim tiefen Schulterquerstand wird das Kind nach Erweiterung der Episiotomie durch Drehung des Kopfes und der Schultern in seiner Längsachse gedreht. Der Kristeller-Handgriff kann evtl. als Unterstützung genutzt werden.
Komplikationen
Eine Schulterdystokie erhöht das Risiko für Frakturen von Humerus und Clavicula sowie für Armplexuslähmungen. Die Mortalität liegt zwischen zwei und 16 Prozent, wobei vor allem Nabelschnurkompressionen, Kompressionen des Thorax sowie traumatische Schädigungen des Gehirns verantwortlich sind.
Prävention
Um eine Schulterdystokie zu verhindern, sollten prädisponierende Faktoren durch gründliche Anamnesen und die Vorsorgeuntersuchungen frühzeitig erkannt werden. Screeningtools konnten bisher (2023) nicht die Inzidenz der Schulterdystokie vermindern.
Literatur
- Hill MG, Cohen WR Shoulder Dystocia: Prediction and Management, Womens Health (Lond). 2016 Mar; 12(2): 251–261, abgerufen am 15.08.2019
- Yao R, Jovanovski A Outcomes of routine shoulder dystocia screening using a commercially available screening tool, American Journal of Obstetrics & Gynecology, Volume 212, Issue 1, S344 - S345 , abgerufen am 15.08.2019