Skelettscreening
Synonym: Röntgen-Skelettscreening
Definition
Das Skelettscreening ist ein festgelegter Untersuchungsablauf zur Detektion okkulter Frakturen. Er wird bei Verdacht auf körperliche Misshandlung durchgeführt.
Indikation
Die Kinderschutzleitlinie empfiehlt bei Verdacht auf körperliche Misshandlung bei Kindern unter 24 Monaten (bei bestimmten Verletzungen bis 36 Monaten) die Durchführung eines strukturierten Röntgen-Skelettscreenings, um okkulte Frakturen auszuschließen. Wenn im initialen Skelettscreening keine Frakturen nachgewiesen werden, jedoch weiterhin klinische Anhaltspunkte für eine körperliche Misshandlung bestehen, sollte das Screening nach 11 bis 14 Tagen wiederholt werden.[1]
Durchführung
Das Skelettscreening umfasst folgende Aufnahmen:
- Schädel a-p und seitlich
- Thorax a-p
- Oberarm a-p links und a-p rechts
- Unterarm a-p links und a-p rechts
- Hand p-a links und p-a rechts
- Oberschenkel a-p links und a-p rechts
- Unterschenkel a-p links und a-p rechts
- Fuß d-p links und rechts
Je nach Befund der Einzelaufnahmen kommen weitere Röntgenaufnahmen zum Einsatz. Falls keine Rippenfrakturen detektiert werden, sollten Röntgen-Thorax-Aufnahmen schräg links und schräg rechts erfolgen. Falls eine oder mehrere Frakturen detektiert werden, erfolgen Röntgenuntersuchungen der Wirbelsäule seitlich und von Becken und Hüften a-p.
Hinweisend auf eine nicht-akzidentelle Verletzung ist insbesondere eine klassische metaphysäre Läsion (CML). Bei zur Epiphysenfuge tangential auftreffendem Röntgenstrahl erscheint die CML als metaphysäre Eckfraktur, also als dreieckiges Knochenfragment am Rand der Metaphyse nahe der Wachstumsfuge. Bei schräger Projektion findet man eine Korbhenkelfraktur, bei der im Vergleich zur Eckfraktur ein größerer Teil des metaphysären Umfangs betroffen ist. Die häufigsten Lokalisationen sind der proximale Humerus, der distale Femur und die distale Tibia. Weitere hinweisende Frakturformen sind:
- Fingerfrakturen
- Frakturen der unteren Extremität vor Eintritt der Gehfähigkeit
Außerdem ist in Röntgenaufnahmen auf eine subperiostale Knochenneubildung zu achten. Sie stellt eine Reaktion auf eine Periostblutung dar und erscheint 5 bis 14 Tage nach einem Trauma. Es kann sich jedoch auch um einen physiologischen Befund bei Röhrenknochen von Säuglingen handeln. In diesem Fall ist die Knochenneubildung meist dünn, regelmäßig und bilateral symmetrisch. Physiologische Periostreaktionen erreichen ihren Höhepunkt im Alter von 3 bis 4 Monaten und bilden sich bis zum Alter von 6 Monaten zurück.
Des Weiteren können im Skelettscreening Frakturen verschiedenen Alters, posteriore Rippenfrakturen, Skapula- und Sternumfrakturen, Kompressionsfrakturen der thorakolumbalen Wirbelsäule und Avulsionsfrakturen des Processus spinosi auffallen.
Strahlenbelastung
Die Strahlenbelastung beträgt beim in der Leitlinie beschriebenen Vorgehen ohne Röntgen von Becken und Wirbelsäule etwa 0,46 mSv.[2] Das strahlenbedingte Risiko wird im Vergleich zu dem hohen Risiko für das Kind bei Übersehen einer misshandlungsbedingten Fraktur als niedrig bewertet.[3]
Eine Röntgengesamtübersicht (sogenanntes „Babygramm“) ist obsolet, da das Vorgehen bei höherer Strahlenbelastung eine niedrigere Detektionstrate insbesondere für metaphysäre Frakturen aufweist.
Quellen
- ↑ S3-Leitlinie Kindesmisshandlung, - missbrauch, -vernachlässigung unter Einbindung der Jugendhilfe und Pädagogik (Kinderschutzleitlinie), Stand 2019
- ↑ Powell-Doherty et al. Examining the role of follow-up skeletal surveys in non-accidental trauma. The American Journal of Surgery, 2017
- ↑ Berthold et al. Abuse as a Cause of Childhood Fractures. Dtsch Arztebl Int, 2018
Artikel wurde in Kooperation mit der Medizinischen Kinderschutzhotline erstellt. |
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