Nikotinabhängigkeit
Synonym: Nikotinsucht
Englisch: nicotine dependence
Definition
Die Nikotinabhängigkeit ist eine stoffgebundene Suchterkrankung, die durch die regelmäßige Aufnahme von Nikotin – meist über Tabakprodukte – entsteht. Gekennzeichnet ist sie durch ein starkes, oft zwanghaftes Verlangen nach Nikotin, Kontrollverlust über die Menge und Häufigkeit des Konsums und eine Toleranzentwicklung. Bei einer Abstinenz treten Entzugserscheinungen auf.
- ICD-10-Code: F17.2
Terminologie
Die Begriffe Nikotinsucht und Nikotinabusus werden zum Teil synonym verwendet. Während die Nikotinabhängigkeit ein klar definiertes Abhängigkeitssyndrom mit spezifischen diagnostischen Kriterien ist, bezeichnet Nikotinabusus bzw. -missbrauch ein riskantes oder schädliches Konsumverhalten ohne eine manifeste Abhängigkeit vorauszusetzen.
Pathophysiologie
Nikotin entfaltet seine Wirkung im zentralen Nervensystem primär über nikotinische Acetylcholinrezeptoren (nAChRs), insbesondere die Subtypen mit den Untereinheiten α4β2 und α6. Die Aktivierung dieser Rezeptoren führt zur Freisetzung verschiedener Neurotransmitter, darunter Dopamin, Serotonin, Noradrenalin, Glutamat und GABA. Dies stimuliert das mesolimbische Belohnungssystem und verstärkt die Suchtentwicklung durch positive Verstärkung (z.B. kurzfristige Entspannung, verbesserte Konzentration).
Chronischer Nikotinkonsum bewirkt eine Upregulation und Desensibilisierung bestimmter nAChR-Subtypen, was zu Toleranz und bei Abstinenz zu Entzugssymptomen führt. Genetische und epigenetische Faktoren beeinflussen die individuelle Anfälligkeit für Nikotinabhängigkeit. Zusätzlich verstärken konditionierte Reize das Verlangen und die Rückfallgefahr.
Symptome
Typische Symptome der Nikotinabhängigkeit sind:
- Starkes Verlangen oder Craving
- Eingeschränkte Kontrolle über Konsummenge und -beginn
- Entzugserscheinungen wie Unruhe, Reizbarkeit oder Angstzustände
- Entwicklung von Toleranz
- Vernachlässigung anderer Interessen oder Aktivitäten
- Fortgesetzter Tabakkonsum trotz gesundheitlicher Folgen
Regelmäßiger Nikotinkonsum kann zu zahlreichen Folgeerkrankungen führen, unter anderem zu Bronchialkarzinomen, Arteriosklerose und COPD.
Diagnostik
Die Diagnose erfolgt anhand klinischer Kriterien, gezielt erhobener Anamnese und ggf. standardisierter Testverfahren (z.B. Fagerström-Test).
Therapie
- Motivationsfördernde Gespräche und Raucherberatung
- Verhaltenstherapeutische Interventionen, Gruppenprogramme, Online-Programme
- Nikotinersatztherapie (z.B. Pflaster, Kaugummis), medikamentöse Unterstützung (Bupropion, Vareniclin)
- Rückfallprophylaxe, soziale und psychische Stabilisierung
Prognose
Die Rückfallgefahr ist hoch, insbesondere ohne professionelle Unterstützung. Eine hohe Motivation und individuell angepasste therapeutische Maßnahmen steigern die Erfolgsaussichten.