logo Einloggen

Somnambulismus

(Weitergeleitet von Mondsucht)

von lateinisch: somnus - Schlaf und ambulare - wandern
Synonyme: Somnambulie, Mondsucht, Schlafwandeln

1. Definition

Somnambulismus, im Volksmund auch Schlafwandeln genannt, ist eine Schlafstörung, bei der Betroffene in einem halbwachen Zustand das Bett verlassen, umherlaufen und teils komplexe Handlungen ausführen, ohne bei Bewusstsein zu sein. Der Somnambulismus gehört zur Gruppe der Parasomnien.

2. Terminologie

Früher nahm man an, dass der Einfluss des Vollmondes einen Somnambulismus auslösen kann, weswegen sich der Begriff Mondsucht bis heute hartnäckig hält. Wissenschaftlich konnte jedoch mittlerweile widerlegt werden, dass es einen Zusammenhang zwischen Vollmond und Schlafwandeln gibt.

3. Epidemiologie

Schätzungen zufolge sind 1 bis 2 % der Erwachsenen von Somnambulismus betroffen. Dagegen haben bis zu 25 % der Kinder mindestens eine Episode von Somnambulismus.

4. Ätiologie

Der genaue Pathomechanismus ist derzeit (2024) noch nicht vollständig geklärt. Eine genetische Prädisposition gilt als sicher, da eine familiäre Häufung besteht.

Der Somnambulismus tritt aus dem Tiefschlaf heraus auf, nicht, wie lange angenommen, in der REM-Schlafphase. Eine Verbindung mit intensiven Träumen besteht nicht. Es wird vermutet, dass bei Betroffenen das Gehirn nach einem Weckreiz nicht vollständig erwacht, sodass teils komplexe Handlungen möglich sind, die jedoch nicht bewusst wahrgenommen oder erinnert werden. Meist tritt das Phänomen etwa 2 bis 3 Stunden nach dem Einschlafen auf.

Vermehrter Stress kann zur Zunahme von Schlafwandelepisoden führen (z.B. Einschulung, Übernachtung auswärts, beruflicher Stress). Weitere Risikofaktoren für das Auftreten von Somnambulismus-Episoden sind Faktoren, die eine Schlafvertiefung fördern. Dazu gehören z.B. Schlafentzug, Alkoholkonsum, die Einnahme bestimmter Medikamente, nächtliche Atemstörungen oder Fieber. Eine gefüllte Blase, Lärm oder Hunger scheinen das Auftreten noch weiter zu begünstigen.

Auslösende Medikamente sind z.B.:

Als Ursache für das gehäufte Auftreten des Somnambulismus im Kindesalter wird ein tieferer Tiefschlaf angesehen.

5. Symptome

Der Somnambulismus ist durch verschiedene Symptome gekennzeichnet:

  • Umhergehen, trotz Tiefschlaf
  • geringe Reaktion auf Außenreize
  • starre Mimik
  • schwere Weckbarkeit
  • sehr selten aggressives Verhalten
  • Amnesie für den Zeitraum der Episode

Die meisten Schlafwandler können eher keine komplexen Aktivitäten beim Schlafwandeln ausführen. In seltenen Fällen konnten Menschen während des Schlafwandelns jedoch sogar Auto fahren oder kochen. Solche komplexen Handlungen sind wahrscheinlicher, wenn der Patient vor der Episode unter Schlafentzug leidet, insbesondere nach Wachphasen von mehr als 24 Stunden.

6. Diagnostik

Die Diagnose umfasst eine ausführliche Anamnese, einschließlich Medikamentenanamnese, sowie die allgemeine körperliche und neurologische Untersuchung. Eine apparative Diagnostik ist i.d.R. nicht notwendig.

Ein ambulantes Screening auf nächtliche Atemstörungen und eine Untersuchung im Schlaflabor mit Langzeit-EEG und nächtlicher Videoüberwachung können jedoch im Einzelfall erforderlich und sinnvoll sein.

7. Differentialdiagnosen

Somnambulismus muss von der REM-Schlaf-Verhaltensstörung abgegrenzt werden. Diese ist durch Bewegungen aufgrund intensiv erlebter Träume gekennzeichnet, oft mit intensiven Trauminhalten und Verletzungen, wobei die Umgebung nicht wahrgenommen wird. Es kann sich dabei um ein Frühsymptom der Parkinson-Krankheit handeln.

Andere Störungen wie nächtliche Verwirrtheitszustände, epileptische Anfälle, Demenz und bewusstes nächtliches Essen sind ebenfalls abzugrenzen.

8. Therapie

Eine spezielle Therapie gegen Somnambulismus existiert nicht. Wenn möglich, sollten Betroffene zunächst nicht geweckt werden, um eine Desorientierung und mögliche verteidigende Abwehrreaktion zu vermeiden. Die Person sollte eher ruhig angesprochen und ins Bett zurückgeführt werden.

Teils werden beruhigende Psychopharmaka, wie z.B. Benzodiazepine oder trizyklische Antidepressiva, eingesetzt, die Evidenzlage ist jedoch nicht abschließend geklärt.

9. Prävention

Betroffene sollten auf eine gute Schlafhygiene achten und Provokationsfaktoren möglichst vermeiden. Zudem können Entspannungstechniken vor dem Einschlafen zu einer Reduktion der Schlafwandel-Phasen führen. Die Umgebung von betroffenen Personen sollte gesichert werden (keine geöffneten Fenster, keine gefährlichen Gegenstände), um Verletzungen zu vermeiden.

10. Literatur

Empfehlung

Shop News Jobs CME Flexa Piccer
NEU: Log dich ein, um Artikel in persönlichen Favoriten-Listen zu speichern.
A
A
A

Teilen Was zeigt hierher Versionsgeschichte Artikel erstellen Discord
Gunnar Römer
Medizinjournalist/in
Dr. Frank Antwerpes
Arzt | Ärztin
Dr. rer. nat. Fabienne Reh
DocCheck Team
Miriam Dodegge
DocCheck Team
Natascha van den Höfel
DocCheck Team
Ersin Akbas
Arzt | Ärztin
Georg Graf von Westphalen
Arzt | Ärztin
Diese Funktion steht nur eingeloggten Abonnenten zur Verfügung
Letzter Edit:
20.08.2024, 16:54
39.326 Aufrufe
Nutzung: BY-NC-SA
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...