Weill-Marchesani-Syndrom
nach Georges Weill (1866-1952), Straßburger Augenarzt und Oswald Marchesani (1900-1952), österreichischer Augenarzt
Synonyme: Spherophakie-Brachymorphie, Marchesani-Syndrom, kongenitale mesodermale Dysmorphodystrophie
Englisch: congenital mesodermal dystrophy, GEMSS syndrome
Definition
Das Weill-Marchesani-Syndrom, auch WMS genannt, ist eine seltene Erbkrankheit, die durch Minderwuchs, Brachydaktylie sowie Augen- und Zahnanomalien charakterisiert ist.
- ICD10-Code: Q87.0
Epidemiologie
Beim Weill-Marchesani-Syndrom handelt es sich um eine seltene Erkrankung, die mit einer Prävalenz von etwa 1:100.000 vorkommt.
Ursache
Das Weill-Marchesani-Syndrom wird autosomal-dominant oder autosomal-rezessiv vererbt. Es können Mutationen in unterschiedlichen Genen vorliegen, durch welche die Formen des Weill-Marchesani-Syndroms unterschieden werden:
- WMS 1: Eine Mutation im ADAMTS10-Gen an Genlokus 19p13.2 kann zu einem Weill-Marchesani-Syndrom führen. Im Normalfall codiert dieses Gen das ADAMTS10-Protein, das der Familie der Proteasen der Extrazellulärmatrix zugeordnet wird. Es spielt eine Rolle im Körperwachstum vor und nach der Geburt und in der Entwicklung der Augen, des Herzens und des Skeletts.
- WMS 2: Eine weitere Mutation konnte im FBN1-Gen an Genlokus 15q21.1 festgestellt werden. Dieses Gen kodiert normalerweise für Fibrillin-1, das die sogenannten Mikrofibrillen bildet. Diese spielen für die Flexibilität und Stabilität des Bindegewebes eine wichtige Rolle.
- WMS 3: Eine Mutation im LTPB2-Gen an Genlokus 14q24.3 konnte ebenfalls nachgewiesen werden. Dieses Gen codiert im Normalfall für das Latent TGF-beta-binding Protein 2 (LTBP2). Die Mutation ist mit einem kongenitalen Glaukom, einer Mikrosphaerophakie und einer Linsenektopie assoziiert.
Form | Erbgang | Mutation |
---|---|---|
WMS 1 | autosomal-rezessiv | ADAMTS10-Gen |
WMS 2 | autosomal-dominant | FBN1-Gen |
WMS 3 | autosomal-rezessiv | LTBP2-Gen |
Symptome
Folgende Symptome können bei einem Weill-Marchesani-Syndrom auftreten:
- Minderwuchs (Männer 142-169 cm, Frauen 130-157 cm)
- Augenfehlbildungen:
- Kleine, runde Augenlinsen (Mikrosphaerophakie)
- Anfälligkeit für eine Linsenektopie
- Fehlsichtigkeit: Stadien von einer geringen Myopie bis zur Erblindung
- Glaukom
- Katarakt
- Herzfehlbildungen:
- Kieferfehlbildungen:
- Form und Stellung der Zähne irregulär
- Schmaler und hoch liegender Gaumen
- Oberkieferhypoplasie
- Brachydaktylie
- Gelenkversteifungen
Therapie
Eine ursächliche Therapie für das Weill-Marchesani-Syndrom ist bislang (2017) nicht bekannt. Eine Augenoperation ist bei Patienten zu empfehlen, die ein Glaukom entwickelt haben. Eine medikamentöse, langfristige Glaukomtherapie war bei Patienten mit einem Weill-Marchesani-Syndrom bislang nicht erfolgreich.
Differentialdiagnosen
Folgende Differentialdiagnosen sollten in Betracht gezogen werden:
um diese Funktion zu nutzen.