Kontrastmittelnephropathie
Synonyme: kontrastmittelinduzierte Nierenschädigung, kontrastmittelassoziierte Nierenschädigung, kontrastmittelassoziierte Nephropathie
Englisch: contrast medium-induced nephropathy, CIN
Definition
Als Kontrastmittelnephropathie bezeichnet man eine meist transiente Verschlechterung der Nierenfunktion innerhalb von 24 bis meist 48 h nach intravenöser Gabe von iodhaltigem Kontrastmittel (KM). Typischerweise bessert sich die GFR nach 3 bis 7 Tagen wieder, sofern keine weiteren Noxen einwirken.
Hintergrund
In vielen Fällen liegen neben der KM-Applikation noch weitere potenziell nierenschädigende Faktoren vor (z.B. Schock, nephrotoxische Medikamente, Infektionen). Die genaue Ursache für die Verschlechterung der Nierenfunktion kann daher nicht immer bestimmt werden.
Inzidenz
Die Inzidenz der Kontrastmittelnephropathie nach Herzkatheteruntersuchung wird mit 8 bis 17 % angegeben.[1] Sie hängt jedoch von Applikationsweg (Auftreten v.a. bei intraarterieller Gabe), Dosierung und eingesetztem KM ab. Personen mit vorbestehender chronischer Nierenschädigung und kardiovaskulären Erkrankungen sind häufiger betroffen.
Eine Verschlechterung der Nierenfunktion in zeitlichem Zusammenhang mit einer KM-Gabe tritt heutzutage seltener auf. Dies liegt vermutlich an der Weiterentwicklung von Kontrastmitteln und Bildgebungsverfahren, die mit weniger KM auskommen.
Pathogenese
Das Schädigungsmuster entspricht dem einer akuten Tubulusnekrose, die genaue Pathogenese ist jedoch nicht abschließend geklärt.
Folgende mögliche Pathomechanismen für den Einfluss von KM auf die Nierenfunktion werden diskutiert:
- renale Vasokonstriktion mit konsekutiver medullärer Hypoxie
- direkte Zytotoxizität an den Tubuluszellen
- Obstruktion der Tubuli infolge gesteigerter Viskosität in den Nierentubuli
Diagnostik
Wegweisend ist der zeitliche Zusammenhang zwischen einer Verschlechterung der Nierenfunktion mit der KM-Exposition.
Die europäische Gesellschaft für urogenitale Radiologie (ESUR) spricht von einer Kontrastmittelnephropathie, wenn das Kreatinin innerhalb von 24 bis 72 h nach Gabe vom iodhaltigem KM um mindestens 0,5 mg/dl bzw. 25 % ansteigt.[1] Diese Definition gilt als veraltet, da sie nicht die international verwendeten KDIGO-Kriterien nutzt, wird aber im klinischen Alltag weiterhin genutzt.
Die Urinausscheidung fällt bereits früher, innerhalb von 6 bis 12 h ab.
In der Urindiagnostik findet sich typischerweise keine Proteinurie oder Hämaturie bzw. keine wesentliche Verschlechterung einer vorbestehenden Proteinurie.
Prävention
Präventive Maßnahmen sind insbesondere bei intraarterieller KM-Gabe und bei bereits eingeschränkter Nierenfunktion relevant. Nach KM-Gabe sollten die Nierenwerte für 2 bis 5 Tage regelmäßig kontrolliert werden.
Am wichtigsten für die Vermeidung einer Verschlechterung der Nierenfunktion ist die ausreichende präinterventionelle Hydrierung und das Sicherstellen einer ausreichenden (forcierten) Diurese, um die Kontaktzeit zwischen Nierentubuli und KM möglichst gering zu halten.
Nach Möglichkeit sollten nephrotoxische Medikamente mit ausreichendem Abstand pausiert werden. Es gibt Hinweise, dass die kurzfristige Gabe hoch dosierter Statine das Risiko einer Kontrastmittelnephropathie verringern kann. Ebenso wird diskutiert, ob das Pausieren einer Therapie mit RAAS-Inhibitoren protektiv wirkt. Die Gabe von Acetylcystein oder Natriumbikarbonat wird hingegen nicht empfohlen.[1] Eine Dialyse zur Entfernung des KM gilt ebenfalls als obsolet.
Die Inzidenz der Kontrastmittelnephropathie kann durch den Einsatz niedrig osmolarer oder isoosmolarer KM gesenkt werden. Hyperosmolare KM (HOCM) mit einer Osmolarität von 1.500 bis 1.800 mOsm/kg werden heute (2024) nicht mehr eingesetzt.