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Angeborene Glykosylierungsstörung

Synonyme: Kongenitale Glykosylierungsstörung, CDG
Englisch: congenital disorder of glycosylation, carpohydrate-deficient glycoprotein syndrome (veraltet)

1. Definition

Angeborene Glykosylierungsstörungen, kurz CDG, sind eine Gruppe genetischer Erkrankungen, die durch Störungen in der Anheftung bzw. der Biosynthese von Kohlenhydratseitenketten an Proteine verursacht werden. Sie zählen zu den wenigen Stoffwechselstörungen, die morphologische Auffälligkeiten bei Neugeborenen verursachen können.

2. Hintergrund

Die meisten Plasmaproteine und etwa 50 % der intrazellulären Proteine tragen eine Glykosylierung in Form von Kohlenhydratseitenketten, die für viele verschiedene Funktionen essenziell sind. Sind diese Ketten fehlerhaft ausgebildet oder fehlen ganz, aggregieren Proteine, wodurch sie nicht an ihren Wirkort gelangen können.

3. Einteilung

Historisch wurden angeborene Glykosylierungsstörungen in 2 Gruppen (CDG-1 und -2) eingeteilt. Erkrankungen, die auf einem Fehler beim Aufbau der Kohlenhydratketten beruhen, wurden als CDG-1-Erkrankungen bezeichnet, während Erkrankungen, die auf Fehlern der Modifikation von bereits auf Proteine übertragenen Kohlenhydratketten zu den CDG-2-Erkrankungen gezählt wurden. Diese Einteilung erlaubt keinen Rückschluss auf den Schweregrad der vorliegenden Erkrankung.

Da es auch Mischformen gibt und die Einteilung in 2 Gruppen aufgrund der großen Menge von Gendefekten unübersichtlich ist, wird heute (2024) der Gen-Name des betroffenen Proteins mit dem Suffix "CDG" zur Bezeichnung der Erkrankung genutzt, z.B. PMM2-CDG.

4. Epidemiologie

Angeborene Glykosylierungsstörungen sind äußerst seltene Erkrankungen. Für viele Formen existieren nur eine oder wenige Fallbeschreibungen.

5. Pathogenese

Erst durch die posttranslationelle Modifikation erhält ein großer Teil der Proteine seine vollständige Funktionsfähigkeit. Treten hierbei Störungen von Enzymen bzw. Proteinen auf, die für die Anheftung bzw. den Aufbau von Kohlenhydratseitenketten notwendig sind, entstehen Glykosylierungsstörungen. Sie können sich durch eine Vielzahl von Symptomen äußern. Je nach betroffener Zielstruktur unterscheidet man:

6. Formen

Mittlerweile sind fast 200 verschiedene angeborene Glykosylierungsstörungen beschrieben. Einige der Defekte sind polyphän, das heißt, sie können sich in unterschiedlichen Phänotypen äußern. Die meisten Erkrankungen sind autosomal-rezessiv vererbbar.

Einige der CDG sind nur schwer von anderen monogenen Erkrankungen abzugrenzen (z.B. Walker-Warburg-Syndrom, spondylodysplastisches EDS).

Vertreter der CDG sind beispielsweise:[1]

Erkrankung (frühere Bezeichnung) Vom Defekt betroffen Erbmuster Kategorie
PMM2-CDG (CDG Ia, häufigste CDG-Form) Phosphomannomutase-2-Gen AR N-Glykosylierung
MPI-CDG (CDG Ib) Phosphomannose-Isomerase-Gen AR N-Glykosylierung
MAN1B1-CDG (CDG II) Mannosyl-Oligosaccharid 1,2-alpha-Mannosidase AR N-Glykosylierung
POMT1-CDG (Walker-Warburg-Syndrom) Protein-O-Mannosyltransferase 1 AR O-Glykosylierung
B4GALT7-CDG (spondylodysplastisches EDS) Galactosyltransferase I AR O-Glykosylierung
GPIT-CDG GPI-Transamidase (GPIT) AR GPI-Anker
ST3GAL5-CDG (salt and pepper syndrome) Lactosylceramid-alpha-2,3-sialyltransferase AR Lipidglykosylierung
COG-8-CDG (CDG IIh) Gen für den Component-of-oligomeric-Golgi-complex 8 AR andere Störungen (Golgi-Transport)
SLC35A2-CDG (CDG IIm) Solute-Carrier 35A2 XD andere Störung (UDP-Galactose-Transport)

7. Symptome

Entsprechend der großen Vielfalt an verschiedenen Funktionen der Glykoproteine im Organismus, ist auch das Spektrum der CDG-bedingten klinischen Symptome weitreichend. Sie können alle Organsysteme betreffen. Sowohl Multisystemerkrankungen als auch Einzelorganmanifestationen (seltener) sind möglich.

In den meisten Fällen ist das ZNS betroffen. Oft bestehen deutliche psychomotorische Entwicklungsstörungen, zusammen mit neurologischen Auffälligkeiten. Dazu kommen funktionelle Merkmale, wie z.B. Gerinnungsstörungen und endokrine oder gastrointestinale Störungen.

8. Diagnostik

Bei klinischem Verdacht kann auf einer Trockenblutkarte eine isoelektrische Fokussierung von Serumtransferrin zum Nachweis einer CDG mit Störung der N-Glykosylierung erfolgen. Transferrin ist an zwei Stellen N-glykosyliert. Bei N-Glykosylierungs-CDG befinden sich häufig (jedoch nicht immer) Defekte an dieser Stelle.

Bei Kindern mit ungeklärter Multisystemerkrankung und morphologischen Auffälligkeiten sollte die Untersuchung der Transferrin-Glykoformen als Screeningtests durchgeführt werden.

Ansonsten kann eine molekulargenetische Untersuchung (z.B. Exomsequenzierung) der Diagnosestellung dienen.[2]

9. Therapie

In der Regel erfolgt die Therapie symptomatisch. Eine Ausnahme ist die MPI-CDG (vormals CDG Ib), die sich durch die orale Gabe von D-Mannose behandeln lässt.

10. Literatur

11. Quellen

  1. Francisco et al., Congenital disorders of glycosylation (CDG): state of the art in 2022. Orphanet Journal of Rare Diseases, 2023. Zusatzmaterial (Excel-Tabelle).
  2. Ng, Freeze. Perspectives on Glycosylation and Its Congenital Disorders. Trends in Genetics, 2018.

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15.05.2024, 16:33
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